30.03.2012, 16.00 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Defi-Sponsoring“: Richtig gutes Geschäft mit gutem Zweck

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Fühlen sich von der Firma defiMED total über den Tisch gezogen: Ariane Hüttemann, Petra Heuwold, Roger Trint und Gudrun Balewski (v.l.n.r.) sollen ein weiteres Mal für den Defibrillator im Sportzentrum Süd jeweils Beträge um 1.000 Euro oder mehr hinblättern.

„Lebensrettung durch Sponsoring“, das klingt bestens, fanden auch etwa 30 Unternehmen, als sie von der Firma defiMED angefragt wurden, ob sie einen Defibrillator für das Sportzentrum Süd sponsern würden. „Defis“ sind im Prinzip „kinderleicht“ zu bedienen und können – bei Herzkammerflimmern eingesetzt – den so genannten plötzlichen Herztod vermeiden. Eine überaus sinnvolle Apparatur also, nicht umsonst schaffte der Werkzeugkisten-Verein aus dem Erlös der Werkzeugkiste 2011 sechs Defibrillatoren für Dörper Sportvereine und das Gartenhallenbad an.

Im Falle des Sponsoren-Defis im Sportzentrum Süd liegt die Sache jedoch etwas anderes: Hier wird mit der guten Sache ganz offensichtlich auch ein gutes Geschäft gemacht; und zwar ein richtig gutes: Kostet ein Defibrillator im Durchschnitt etwa 1.200 Euro, so akquiriert die Firma defiMED durch ihr geschäftsträchtiges Sponsoren-Modell von durchschnittlich 30 Sponsoren circa 24.000 Euro – nicht schlecht, oder?! Aber es kommt noch „besser“! Der genannte Betrag bezieht sich nur auf drei Jahre; Firmen, die ihren Sponsoren-Vertrag mit defiMED derweil nicht gekündigt haben, werden anschließend noch einmal für weitere drei Jahre zur Kasse gebeten. Summa summarum macht das also eine Sponsoren-Einnahme von etwa 48.000 Euro für defiMED aus – für ein Gerät das – wie genannt – nur um die 1.200 Euro in der Anschaffung teuer ist, wohlgemerkt!

Dass Gudrun Balewski (Blumen Balewski), Ariane Hüttemann (Dachdeckerei Hüttemann), Petra Heuwold (Heizung & Sanitär Heuwold ) oder auch Roger Trint (Salon Trint) ziemlich sauer waren, als sie kürzlich Post von defiMED erhielten, ist nachvollziehbar. Zumal die Berliner Firma mit dem sympathischen Slogan „Lebensrettung durch Sponsoring“ die Geschäftsleute aus dem CW-Land in ihrem Schreiben für die nächsten drei Jahre mit Beträgen zwischen 700 und rund 1.000 Euro zur Kasse bat – ihr Fehler: Sie hatten es versäumt, den Vertrag mit defiMed spätenstens sechs Monate vor Ablauf zu kündigen. Geschäftsfrau Gudrun Balewski ist fassungslos: „Das ist doch Abzocke“, zeigt sich die Küllenhahnerin gegenüber der CW entsetzt: „Ich fühle mich absolut über den Tisch gezogen.“ Sein soziales Engagement sieht auch Roger Trint total missbraucht: „Das ist ein schlechtes Spiel mit einem guten Zweck“, urteilt der Friseurmeister von der Hahnerberger Straße: „Hier wird mit dem guten Willen schlichtweg Kasse gemacht.“

Mit ihrer Kritik an der geschäftstüchtigen defiMed-Praxis stehen die Dörper Geschäftsleute keineswegs allein. Ein kurzer Blick ins Internet reicht und es wird klar, worum es bei der „Lebensrettung Marke defiMED“ geht: „Abzocke mit gutem Zweck“ titelt ein Bericht des Online-Portals „Main-Netz“; „Aufgepasst – Firma defiMED vetreibt Defbrillatoren mit Knebelverträgen“, warnt der Kreissportbund Kleve, und von einer „Lizenz zum Geld verdienen“ schreibt volksfreund.de. Auch Hartmut Eulner, Leiter der Friedrich-Bayer-Realschule (FBR), ist überhaupt nicht gut auf defiMED zu sprechen: „Ich bin stinksauer“, sagt der FBR-Leiter, „wir haben uns jetzt beraten lassen, was wir dagegen unternehmen können“.

Dass er vor drei Jahren nichtsahnend ein Empfehlungsschreiben für die Defi-Aktion unterschrieb, hat Hartmut Eulner längst bereut: „Ich habe der Firma vor 14 Tagen schriftlich mitgeteilt, dass wir ihr nie eine Genehmigung erteilt und keine Verträge unterschrieben haben“, stellt der Schulleiter klar: „Es gibt nichts mehr von uns!“ Gelassen gibt sich derweil Sachbearbeiter Andreas Möllert: Das Geld sei ja auch für die Werbetafeln rund um das Defibrillator-Gerät, begründet der defiMED-Sachbearbeiter die horrenden Kosten: „Das wird den Kunden auch so erklärt“, so der Mitarbeiter der Berliner Firma auf CW-Nachfrage. defiMED-Geschäftsführerin Dagmar Gollin war indes auf zwei telefonische Anläufe unserer Zeitung nicht zu erreichen.

Die betroffenen Geschäftsleute aus dem CW-Land wollen ihre dubiosen „Aufträge“ erst einmal nicht bezahlen; vielmehr wollen sie bei der Stadt um Rat nachsuchen, ob und wie sie aus den „Abzocke-Verträgen“ rauskommen können. Seitens der Polizei Wuppertal hieß es unterdessen, dass die defiMED (leider) rein rechtlich betrachtet, wohl nicht zu beanstanden seien. Moralisch aber, so finden Gudrun Balewski, Ariane Hüttemann, Petra Heuwold, Roger Trint & Co., ist das defiMED-Geschäftsmodell vollkommen unter der Gürtellinie!