26.02.2013, 17.31 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Krimi-Premiere: „Hallo, im TiC spricht Edgar Wallace…!“

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Steckt einer von ihnen hinter der Halstuch-Mordserie auf Marks Priory? Erika Klein-Ejupi als kalte Lady Lebanon und Torsten Kress als zwielichtiger Dr. Amersham überzeugen in dem neuen TiC-Krimi. Fotos: Martin Mazur

Ältere Krimi-Fans erinnern sich sicherlich: In den 1960er und 70er Jahren sorgten die Krimis von Edgar Wallace für kollektives Schaudern vor den deutschen Fernsehern. Ähnlich „kult“ wie heute der Vorspann der Tatort-Krimis war seinerzeit der Vorspann der Wallace-Filme: Die legendären aus dem „Off“ erklingenden Schüsse und der Satz: „Hallo, hier spricht Edgar Wallace“, eröffneten auch die Premiere des neuesten TiC-Stücks – mit dem Wallace-Krimi „Das indische Tuch“ startete das „Theater in Cronenberg“ seinen Premieren-Reigen 2013.

Es waren denn auch die älteren Premierenzuschauer, denen am vergangenen Freitag, 22. Februar 2013, ob des legendären Einstiegs in den TiC-Krimi ein schauderndes „Uuuh…“ entfuhr. Genau 50 Jahre, nachdem „Das indische Tuch“ in die deutschen Kinos kam, wandelt TiC-Chef Ralf Budde mit seiner Inszenierung auf den Spuren des legendären Wallace-Regisseurs Alfred Vohrer. Während in den 1960er Jahren Wallace-Stars wie Elisabeth Flickenschildt, Klaus Kinski oder auch Ady Berber faszinierten, beeindrucken auch Ralf Buddes Darsteller mit der spannungsgeladenen Portion Zwielichtigkeit, die sich für einen Edgar Wallace-Krimi gehört. Ergebnis: Ob „Zeitzeuge“ der legendären Krimi-Reihe oder jünger – in der Pause der TiC-Premiere rätselte das Publikum im TiC-Stammhaus an der Borner Straße generationsübergreifend, wer auf dem ehrwürdigen Landsitz „Marks Priory“ der uralt-adligen Familie Lebanon mordend mit dem roten indischen Halstuch umgeht.

Rätselraten im TiC-Publikum: Wer könnte der Halstuch-Mörder sein…?

Ohne zu viel vorwegzunehmen, der junge Studd kommt als Täter nicht in Frage – der von Dennis Gottschalk gespielte Chauffeur im Hause Lebanon ist das (vermeintlich) erste Opfer des Halstuch-Mörders. Aber den jungforschen Studd, den einzigen Vertrauten des jungen Lord Willie Lebanon, hatte wohl ohnehin niemand im Publikum auf der Täter-Rechnung. Eher kommt da schon der verklemmt-ängstliche Jung-Lord Willie selbst in Frage; Täter-Kandidaten sind ebenso der undurchsichtige Dr. Amersham, der rasend eifersüchtige Parkwächter Tilling (ebenso Dennis Gottschalk) und vor allem der furchteinflößend wirkende Diener Gilder.

Aber auch Willies Mutter, der unnahbaren Lady Lebanon, traut man die Mord-Serie zu, und Isla Crane, Sekretärin auf Marks Priory und von Lady Jane als zukünftige Schwiegertochter auserkoren, wirft ebenso Fragen auf. Einzig Joan Tilling scheidet aus – die Ehefrau des Parkwächters ist zwar „männermordend“, Joans „Tatwerkzeuge“ sind allerdings ihre weiblichen Reize… Die TiC-Zuschauer haben also keine einfache Aufgabe, erst recht gilt das aber für Inspektor Bill Tanner (Carsten Müller): Er muss sich auf Marks Priory nicht nur der Avancen der liebestollen Joan (Isabel Bartnik) erwehren, sondern will vor allem im undurchsichtigen Dickicht der Verdächtigen den Täter überführen.

Wallace-Darsteller im TiC überzeugen mit viel „Zwielichtigkeit“

Dass dem Vertreter von Scotland Yard im Verlaufe der Geschehnisse auf dem Landsitz der Lebanons nicht nur einige Todensfälle mehr Rätsel aufgeben, liegt auch an der Leistung der Darsteller des TiC-Wallace: Torsten Kress spielt den zwielichtigen Leibarzt der Lebanons mit Bravour. Kress bringt glaubwürdig die Skrupellosigkeit und Durchtriebenheit des alglatten Arztes zum Ausdruck – zumal Lady Lebanon ihm scheinbar hörig ist und seine Vergangenheit ein düsteres Kapitel zu bergen scheint, ist Amersham Täter-Kandidat Nummer eins. Eine Paraderolle spielt Andreas Wirth: Beeindruckend gibt Wirth den unsicheren Jung-Lord Lebanon, der sich überwacht fühlt und der nur zaghaft stets vergebliche Versuche unternimmt, gegen die Bevormundungen der dominanten Mutter aufzubegehren. Besonderes Kompliment für Wirths Körpersprache – sein Gesichtszucken als Spiegel seiner seelischen Deformationen ist allein einen Sonderapplaus wert!

Der lang anhaltende Schlussapplaus belohnte aber auch Erika Klein-Ejupi als Lady Lebanon, Dilara Baskinci als Sekretärin Isla und Klaus Hasbach als Diener Gilder: Ob die vor Kälte und Dünkel nur so strotzende Lady; ob die auch nicht ganz klare Rolle der Sekretärin in den Geschehnissen auf Marks Priory oder ob der finstere Diener – alle drei TiC-Newcomer verkörpern ihre Rollen authentisch und liefern geglückte Darsteller-Premieren auf der TiC-Bühne ab – Gratulation! Wobei: Mit Klaus Hasbach könnte das Premierenpublikum die „Geburtsstunde“ eines neuen TiC-Bösewichts erlebt haben – sein Aussehen (Maske: Heike Kehrwisch) prädestiniert Hasbach dafür, sein Spiel tat das Übrige dazu – Klaus Hasbach avanciert zum Ady Berber des TiC!

Clevere Kniffe auch beim Bühnenbild

Den Krimi-Abend im TiC komplettieren eine spannungsgeladene Musik, stimmige Kostüme (Kerstin Faber) und nicht zuletzt ein gelungenes Bühnenbild: Iljas Enkaschew erzeugt nicht nur eine düstere Landsitz-Stimmung, vor allem ermöglicht er es auch dem Halstuch-Mörder, durch die Wandvertäfelung das Tuch „auszuwerfen“. Enkaschews Bravourstück verbirgt jedoch das Geheimnis des plötzlich verstorbenen Lord Lebanon – mehr wird nicht verraten! Wer dieses Geheimnis lüften und wissen möchte, wer auf Marks Priory mit dem indische Tuch sein Unwesen treibt, muss im Theater in Cronenberg „auf Tuchfühlung“ mit dem Mörder gehen – Karten für den Wallace-Krimi im TiC gibt’s unter Telefon 0202-47 22 11 oder online unter www.tic-theater.de.

www.martin-mazur.de

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