15.05.2013, 16.32 Uhr   |   Redaktion   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Rather Straße: „Wir wollen kein Fäkalien-Verein werden!“

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Sind "zur Not" fest entschlossen, gegen die Stadt zu klagen: Thomas Dziambor (2.v.r.) sowie Heike Brümmer und Hans Kamp (re.) von Horne-Immobilien an der Baufläche in der Rather Straße.

Mitte April 2013 berichtete die CW von einer überraschenden „Kanal-Kehrtwende“ an der Rather Straße: Im Zuge des geplanten Neubaus von bis zu zwölf Einfamilienhäusern sollten Alt-Anwohner und die künftigen Neu-Bewohner eigentlich alle an die Kanalisation angeschlossen werden; aufgrund des Gefälles wollten die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) am Ende der Straße eine Pumpstation für das Abwasser errichten. „Geht nicht!“, hieß es dann seitens Stadt und WSW: Aufgrund des felsigen Untergrundes sei der Bau der Pumpstation zu teuer – statt der bisherigen Kanalisationspläne sollten nun Altanwohner und künftige Häuslebauer unisono eigene Pumpen anschaffen.

„Geht nicht!“, hieß es dazu von Bezirksbürgermeister Michael-Georg von Wenczowsky: Er mache die 180-Grad-Kehre nicht mit, ließ der Dörper Bürgermeister gegenüber der CW wissen, und setzte eine neue Option durch: Demnach sollen die Alt-Anwohner ihr Schmutzwasser wie gehabt über ihre Gruben entsorgen können, die künftigen Häuslebauer an der Rather Straße hingegen sollen in Eigenregie Pumpen anschaffen und sich an die Kanalisation anschließen. „Ich denke, wir haben eine vernünftige Lösung gefunden“, äußerte sich der Bezirksbürgermeister zufrieden.

„Vernünftige Lösung“? Offensichtlich nicht für alle!

„Geht gar nicht!“, finden allerdings die Betroffenen, der Grundstückseigentümer Horne Immobilien sowie Thomas Dziambor, der eine der zehn Parzellen erworben hat und hier bauen möchte. Sie werfen der Stadt Vertragsbruch vor und zeigen sich im Gespräch mit der CW fest entschlossen, gegen die neuen Kanalisationspläne vor Gericht ziehen, wenn es zu keinem Einlenken kommen sollte. Am 4. Dezember 2012 habe man mit der Stadt einen Vertrag geschlossen, berichten Geschäftsführerin Heike Brümmer und Hans Kamp von Horne-Immobilien, am 27. März 2013 habe man Baurecht erhalten und erst danach, am 8. April 2013, dann die Mitteilung über die Änderung der Kanalisationspläne.

„Die Stadt hat damit Rechtsbruch begangen“, zeigt sich Häuslebauer Thomas Dziambor überzeugt; er habe ebenso wie Horne-Immobilien zwischenzeitlich Rechtsanwälte zu den Änderungen kontaktiert: „Alle haben gesagt, dass die Stadt klar im Unrecht ist“, berichtet Thomas Dziambor: „Die Rechtslage ist so klar, dass man noch nicht einmal eine kreative Klage braucht.“ Die Änderung der Schmutzwasser-Pläne lehnen Dziambor sowie Heike Brümmer und Hans Kamp aber nicht nur ab, weil damit Mehrkosten bis zu 20.000 Euro für die Häuslebauer verbunden seien, weshalb Kaufinteressenten für die noch nicht verkauften drei Grundstücke die Verhandlungen mittlerweile auf Eis gelegt hätten.

„Wir wollen doch kein Fäkalien-Verein werden!“

Auch das „Wie“ der neuen Kanalpläne kritisieren der 33-jährige Familienvater und Horne-Immobilien: Dass man nun in Eigenregie einen Schmutzwasserkanal über die eigenen Grundstücke sowie eine private Pumpstation bauen solle, lehnt Thomas Dziambor ab: „Die Stadt lässt einen komplett allein – wir wollen doch kein Fäkalien-Verein werden!“ Mehrfach, so berichten der 33-jährige Südstädter und die Vertreter von Horne-Immobilien, hätten sie zwischenzeitlich versucht, mit Stadt und Stadtwerken ins Gespräch zu kommen – vergeblich: „Wir telefonieren hin und her, aber jeder schiebt die Verantwortung auf den anderen, jeder sagt was anderes“, berichtet Hans Kamp.

Gleichwohl hofft zumindest Thomas Dziambor (noch) auf einen Kompromiss. Der Grund: Bereits im Sommer 2012 wollte der 33-Jährige mit dem Hausbau beginnen, noch mehr Zeitverzögerung im Zuge eines Rechtsstreits will sich der Südstädter nicht leisten – Thomas Dziambor will mit seiner Ehefrau und dem kleinen Kind möglichst bald raus aus der viel zu kleinen 50-Quadratmeter-Wohnung. Auch andere Käufer stehen unter „Druck“: Ein anderer Häuslebauer, berichtet Thomas Dziambor, zahle bereits seit dem vergangenen Jahr Kreditzinsen für das künftige Haus, dessen Bau noch nicht einmal begonnen hat, und müsse überdies weiter Miete zahlen – „wir wollen jetzt einfach bauen“, bringt es Thomas Dziambor auf den Punkt.

Forderung: „Zurück zur alten Lösung oder eine neue, grüne Lösung!“

Zwei Kompromissvorschläge, die mit fünf Mit-Käufern abgestimmt seien, hat Thomas Dziambor daher. Erstens: Kanalbau über öffentlichen Grund und Bau einer Pumpstation durch die Stadtwerke – wie vertraglich bereits mit der Stadt vereinbart. Vorschlag zwei ist indes völlig neu: Ebenso wie bei den Alt-Anwohnern solle man auch bei den Häuslebauern auf den Kanalanschluss verzichten, Thomas Dziambor und seine Mit-Käufer wollen ihr Schmutzwasser vielmehr über individuelle Kleinklärwerke mit Schlamm-Kompostier-System entsorgen: Das sei einfach, ökologisch und eine Abfuhr von Resten sei auch nicht notwendig, weil keine anfielen – „das ist nicht nur ein richtig grünes Projekt, sondern mit null Euro auch die günstigste Lösung für Kämmerer Slawig“, unterstreicht Thomas Dziambor.

Mit diesen Vorschlägen wollen Horne-Immobilien und Thomas Dziambor nun weiter versuchen, mit der Stadt ins Gespräch zu kommen – man darf gespannt sein, ob auch für die künftigen Anwohner der Rather Straße „eine vernünftige Lösung“ gefunden werden kann. Das scheint in Reichweite: Wie Stadt-Sprecherin Martina Eckermann am Nachmittag des heutigen 15. Mai 2013 auf CW-Anfrage mitteilte, sind die Privatkanal-Pläne offenbar wieder vom Tisch. Alle Anwohner der Rather Straße sollen nunmehr an eine von der Stadt zu bauende Druckrohrleitung angeschlossen werden!

Update (16. Mai 2013, 17.45 Uhr): Wie Stadt-Sprecherin Martina Eckermann gerade mitteilt, ist die Neu-Variante einer öffentlichen Entwässerungsanlage in der Rather Straße derzeit erst „eine Option“; zuvor soll es zu weiteren Gesprächen mit den Anwohnern kommen. Eine Lösung sei noch nicht unter Dach und Fach, betont die Pressesprecherin. Von den Grundstücken der „Alt-Anlieger“ der Rather Straße wären zudem auch nur höchstens acht von der neuen Option betroffen.