17.02.2014, 17.50 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Altenheim-Pflegerin betrunken? Seniorin stirbt nach Sturz

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Wird derzeit durch einen tragischen Vorfall erschüttert: das Städtische Altenheim Cronenberg an der Herichhauser Straße.

Das Städtische Altenheim Cronenberg ist ein Teil des Lebens „em Dorpe“: Das alljährliche Sommerfest, Basare und diverse weitere Veranstaltungen ziehen regelmäßig Besucher in die Einrichtung am Ehrenmal. Ein Förderverein mit zahlreichen Ehrenamtlichen engagiert sich nicht nur für die rund 100 Heim-Bewohner, sondern stellt auch Feste auf die Beine oder betreibt das hauseigene „Café Plüsch“, das ein beliebter Treffpunkt auch für Auswärtige ist.

Die Welt in dem städtischen Altenheim ist also in Ordnung, zumal dem Haus bei einer Qualitätsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) gerade erst vor einem halben Jahr eine glatte „Eins“ bescheinigt wurde. Am heutigen Montag richteten sich allerdings Kameras von RTL und n-tv auf das Heim an der Herichhauser Straße: Nach dem Tod einer 91-jährigen Bewohnerin ermittelt die Staatsanwaltschaft Wuppertal.

Ab 2,0 Promille in einem „Betäubungsstadium“

Bereits am 8. Februar 2014 zog sich die Seniorin bei einem Sturz in der Einrichtung Brüche am Oberarm, Becken und Oberschenkel zu, an denen die 91-Jährige zwei Tage später im Krankenhaus verstarb. Wie Wolf-Tilman Baumert, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, gegenüber der CW berichtet, soll eine Pflegerin (49), welche die Seniorin auf einem mittäglichen Toilettengang begleitete, stark alkoholisiert gewesen sein. Bei einem Alkohol-Test wurde nach Angaben von Staatsanwaltschaft-Sprecher Baumert jedenfalls ein Wert von 2,6 Promille bei der Frau festgestellt.

Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) befindet sich ein „normaler“ Mensch ab 2,0 Promille in einem so genannten „Betäubungsstadium“ – kaum noch Reaktionsvermögen sowie Verwirrtheit sind Folgen. Weil die Pflegerin derart schwer betrunken war, bezeichnete es Staatsanwalt Wolf-Tilman Baumert als „ziemlich sicher“, dass gegen die 49-Jährige ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet wird.

Anonymes Schreiben: „Vorgesetzte wussten von ‚Alkohol-Problem‘!“

In einem anonymen Schreiben werden derweil schwere Vorwürfe erhoben: Den Leitungen des Altenheimes sowie des Stadtbetriebs Alten- und Pflegeheime (APH) Wuppertal sei bekannt gewesen sei, dass die betreffende Mitarbeiterin „nachweislich alkoholkrank“ sei. Weiter heißt es in dem Brief, dass die Frau immer wieder in alkoholisiertem Zustand ihren Dienst versehen habe. Die Verantwortlichen hätten entsprechende Hinweise „schlichtweg ignoriert“.

„Die Kolleginnen und Kollegen sind alle fassungslos und traurig“, erklärt Sozialdezernent Dr. Stefan Kühn gegenüber der CW: „Unsere Gedanken sind natürlich bei den Angehörigen.“ Kühn verneint, dass es am Unglückstag Hinweise auf eine Trunkenheit der Pflegerin gegeben habe: Eine Kollegin habe versichert, dass sich die 49-Jährige auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit wie auch bei einer späteren Unterhaltung völlig normal verhalten habe – „es gab keinerlei Anzeichen auf Alkohol“, so der Sozialdezernent zu unserer Zeitung.

Sozialdezernent Kühn: „Wir haben das Maximale getan!“

Zugleich verneint Kühn die anonymen Vorwürfe: Ja, es habe Gerüchte gegeben, die zuständige Leitung aber habe alles unternommen und sich „intensiv bemüht“. Das, so Sozialdezernent Kühn weiter, sei auch dokumentiert. Abgesehen davon habe das Heim selbst nach dem Unglück die Polizei eingeschaltet, die Pflegerin  sei suspendiert worden und habe Hausverbot erhalten – „wir haben das Maximale getan, wir helfen bei der Aufklärung, wo wir helfen können“, unterstreicht der Dezernent.

Staatsanwaltschaft-Sprecher Wolf-Tilman Baumert wollte sich „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht zu den anonymen Vorwürfen, die offenbar auch an weitere Medien verschickt wurden, äußern. Baumert bestätigte allerdings gegenüber der CW, dass zwischenzeitlich die Personalakte der Pflegerin beschlagnahmt worden sei.