10.03.2014, 18.29 Uhr   |   Redaktion   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Altenheim-Unglück: Jetzt reden die Angehörigen

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Wird derzeit durch einen tragischen Vorfall erschüttert: das Städtische Altenheim Cronenberg an der Herichhauser Straße.

Am vergangenen Freitag, 7. März 2014, wurde die Seniorin beigesetzt, die am 10. Februar 2014 an den Folgen eines schweren Sturzes im Städtischen Altenheim Cronenberg verstarb. Wie die CW berichtete, kam die 91-Jährige mit einer Pflegerin zu Fall, die einen Blutalkoholwert von 2,6 Promille gehabt haben soll. Da ein Alkoholproblem bei der 49-Jährigen offenbar beim städtischen Eigenbetrieb Alten- und Pflegeheime (APH) Wuppertal bekannt war, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung nicht nur gegen die Pflegerin, sondern auch gegen eine Mitarbeiterin der Pflegedienst-Leitung des Hauses.

Während die Staatsanwaltschaft derzeit die polizeilichen Vernehmungen der beiden Mitarbeiterinnen abwartet, meldeten sich gegenüber der CW nun erstmals die Angehörigen der verstorbenen Seniorin zu Wort. Nein, sie wollten nicht die „Skandal-Trommel” schlagen, versichert der Enkel der Verstorbenen im Beisein des Angehörigen-Anwaltes Henning Weskott. Sonst hätte man auf diverse Anfragen von Boulevard-Medien eingehen können; ein Reporter habe seine Eltern sogar an der Altenheim-Pforte abgefangen, so der 36-Jährige, der namentlich nicht genannt sein möchte. Vielmehr, so erläutert der Enkel der Verstorbenen weiter, wolle man Klarheit über die Umstände, die letztlich zu dem tragischen Unglück führten, an dem die Mutter beziehungsweise Großmutter schließlich verstarb.

Betreffende Pflegerin schon öfter alkoholisiert im Dienst?

Den Hergang des Sturzes, bei dem die Seniorin mehrere Frakturen erlitt, habe die 91-Jährige ihm noch im Krankenhaus geschildert – sie sei geistig völlig klar gewesen, erklärt der Enkel. „Meine Oma hat mir erzählt, dass die Pflegerin nach dem ersten Sturz noch einmal gefallen sei“; insofern sei die Angabe einer Kollegin, dass die Unglücks-Pflegerin noch am Vormittag nicht alkoholisiert gewesen sei, „kaum zu glauben“, befindet Rechtsanwalt Henning Weskott, und der Enkel fügt hinzu: „Einen Wert von 2,6 Promille erreicht man nur, wenn man im Training ist.“ Er, so der Cronenberger weiter, habe jedenfalls Informationen, dass die Pflegerin schon öfter im Dienst alkoholisiert gewesen sei.

Neben dem Wunsch nach Aufklärung, wieso eine Mitarbeiterin mit einem möglicherweise bekannten Alkoholproblem weiter in der Pflege tätig sein durfte, noch dazu allein, kritisiert der Enkel auch das Handeln gegenüber den Angehörigen. Unmittelbar nach dem Unglück habe das Heim absolut richtig gehandelt, indem sofort die Polizei eingeschaltet wurde, bescheinigt Anwalt Weskott. Im Anschluss aber „war das Krisenmanagement für die Angehörigen nicht hinnehmbar“, so Weskott weiter. Während sie im Krankenhaus lag, habe man sich bei den Angehörigen nicht einmal nach dem Befinden der 91-Jährigen erkundigt, nach ihrem Tod habe man aber direkt am Montag die Dialyse-Praxis informiert – die Angehörigen hingegen seien erst am Freitag durch das Heim angerufen worden, so Anwalt Weskott.

Ebenso wie demnach die Kommunikation mit den Angehörigen nicht funktionierte, klappte sie offensichtlich auch intern nicht: Als man am Donnerstag nach dem Ableben der Großmutter ihr Heim-Zimmer aufsuchte, berichtet der Enkel, habe das Pflegepersonal gefragt, wie es denn der Oma gehe – „ich weiß nicht, wie die Mühlen so langsam mahlen konnten“, kritisiert der Cronenberger: „Es war ja das Verschulden der Schwester und somit Sache des Heimes, Anteilnahme zu beweisen und sich zu entschuldigen.“ Allerdings: „Die Heimleitung war immer sehr nett und zuvorkommend“, fügt der Enkel an: „Da kann man nichts gegen sagen.“

Personal am Limit: „Was ist, wenn da mal was passiert?“

Die anwaltliche Unterstützung des Familienrechtlers Henning Weskott, der sich als Dozent am Wuppertaler Fachseminar für Altenpflege auch in diesem Bereich bestens auskennt, haben die Angehörigen aber auch gewählt, weil sie grundsätzliche Defizite aufzeigen möchten: Es gebe bessere und schlechtere Heime, weiß der 36-Jährige aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit, durchweg müsse das Personal am Limit arbeiten. In der Nacht müsse eine Schwester mitunter für mehrere Stationen da sein – „was ist, wenn da mal was passiert? Das kann nicht sein, das ist nicht tragbar“, befindet der Cronenberger. Da sei es dann auch nicht verwunderlich, wenn Pflegekräfte überfordert sind – und vielleicht auch deshalb zum Alkohol griffen. „Uns geht es nicht darum, ein möglichst hohes Schmerzensgeld aus dem Unglück zu schlagen“, unterstreicht der Enkel: „Wir möchten vielmehr klären lassen, ob da geschludert wurde.“

Falls ja, dann hoffen die Angehörigen, dass die Aufarbeitung des tragischen Unglücks auch dazu beitragen kann, dass sich in Wuppertaler Heimen etwas ändert – damit man Angehörige zukünftig beruhigter in die Obhut eines Heimes geben könne. Übrigens: Zur Beerdigung der Mutter und Großmutter bat die Familie darum, statt Blumengaben an den Förderverein des Städtischen Altenheimes Cronenberg zu spenden – eben weil sich der Förderverein um eine Verbesserung des Heimalltags bemüht und eben weil das Cronenberger Heim nicht an den Pranger gestellt werden soll…