24.01.2017, 19.22 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Kosten-Explosion: Die Seilbahn wird zur Hängepartie

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Wird diese Animation des Vereins „Seilbahnfreies Wuppertal“ nie Wirklichkeit? Das ist jedenfalls die Hoffnung der Seilbahn-Gegner. -Animation: privat

„Es muss eine realistische Baukostenaufstellung erstellt werden, die auch notwendige Infrastrukturmaßnahmen und die vollständigen Baukosten für die Stationen umfasst“, so lautete eine Forderung des Bürgergutachtens, welches im November 2016 zur Seilbahn-Idee vorgestellt wurde (die CW berichtete). Damit unterstrichen die Laiengutachter, dass sie die bislang genannten Seilbahn-Kosten für das hielten, was sie war – eine Schätzung.

51 Millionen Euro geben die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) in ihrer Machbarkeitsstudie als „Investitionsaufwendungen“ an – eine exakte Kostenberechnung könne erst nach einer konkreten Entwurfsplanung vorgelegt werden, schreiben die WSW dazu. Auch wenn die längst nicht in Sicht ist, ließ Stadtkämmerer Dr. Johannes Slawig in der vergangenen Woche die Katze aus dem Sack. Man müsse mit deutlich höheren Seilbahn-Kosten rechnen, von 80 Millionen Euro ist nun die Rede. Hinter vorgehaltener Hand wird sogar von 100 Millionen Euro, auch bis zu 115 Millionen gesprochen, die in einem Gutachten genannt seien, welches die WSW in Auftrag gegeben hätten.

Linke: „Da müssen sich die Bürgergutachter doch veräppelt vorkommen…“

Das hatte erste Konsequenzen: Die für die Februar-Sitzung geplante Seilbahn-Abstimmung im Rat wurde abgesetzt und wird nun für Mai angepeilt. Zudem gab’s einen (politischen) Aufschrei: „Bürgerbeteiligte hinters Licht geführt“, kritisiert zum Beispiel die Linke im Rat, dass die mögliche Verdoppelung der Kosten erst nach Erstellung des Bürgergutachtens bekannt gemacht wurde. Da müssten sich die Bürgergutachter „doch veräppelt vorkommen“, meint Linke-Ratsfraktionsvorsitzender Gerd-Peter Zielezinski. Das erinnere an die Vorgehensweise beim Döppersberg-Umbau.

Grüne: „Seilbahn weiter ein spannendes Projekt“

„Transparenz über Gesamtkosten der Seilbahn schaffen“, fordern die Grünen: Da der Grundsatzbeschluss zur Weiterführung der Seilbahnpläne jetzt erst für Mai angepeilt werde, sei genügend Zeit für eine gründliche Kostenanalyse. Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Liebert begrüßt, dass die Stadt die realistische Kostendimension benannt habe: „Im Gegensatz zu anderen Projekten in der Vergangenheit hat die Verwaltung bei diesem Vorhaben offensichtlich dazugelernt.“

Gleichzeitig bekräftigt Liebert, dass die Grünen weiterhin grundsätzlich positiv zur Seilbahn-Idee stehen: „Für uns ist das Seilbahn-Projekt nach wie vor ein spannendes Projekt, das wir gerne weiter verfolgen wollen.“ Während der Verein „Seilbahnfreies Wuppertal“ auf CW-Nachfrage keinen Kommentar abgab, zeigte sich die Initiative „Pro Seilbahn“ kaum überrascht von der deutlich höheren Kostenschätzung: Allein da die bisherige Schätzung mittlerweile mehrere Jahre alt sei, müsse von höheren Kosten ausgegangen werden.

FDP: Ratsbürgerentscheid mit der Bundestagswahl

Zudem seien die Kosten für Parkplätze oder Parkhäuser nicht Teil des Seilbahn-Projektes, bei den Stützen und Seilbahn-Stationen sei auf „die Goldkante“ zu verzichten und vielmehr auf bezahlbare Metall-Glas-Konstruktionen zu setzen. Die Fraktion der Freien Demokraten (FDP) beantragt derweil zur Ratssitzung am 20. Februar 2017, dass ein Ratsbürgerentscheid zur Seilbahn durchgeführt werden soll. Als Termin dafür schlagen die Liberalen den Tag der Bundestagswahl vor, die am 24. September stattfinden soll.

„Bei einer Seilbahn handelt es sich um ein gleichermaßen stadtbildprägendes wie auch nahverkehrsbeeinflussendes Projekt“, begründet Alexander Schmidt, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Rat, den FDP-Antrag. Auch vor dem Hintergrund der Kontroverse um die Seilbahn sollte die Seilbahn-Entscheidung „in die Hände der Bürger gelegt werden“. Überrascht zeigt sich die Linke über den FDP-Vorschlag – schließlich habe die FDP noch im März 2016 einen Linken-Antrag für einen Bürgerentscheid abgelehnt: „Je nach gefühlter Windrichtung hängt das liberale Fähnlein mal so und mal so“, kommentiert Linken-Ratsfraktionsvorsitzender Gerd-Peter Zielezinski den FDP-Vorstoß.