14.04.2011, 06.19 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Bürgerbüro: Kämmerer souverän, Bürgervereine enttäuscht

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Am Ende der Sitzung der Bezirksvertretung (BV) Cronenberg schienen irgendwie alle zufrieden: CDU, SPD und FDP zeigten sich mit dem Kompromiss, dass das Bürgerbüro Cronenberg nicht geschlossen, sondern zukünftig zwei halbe Tage geöffnet bleiben soll, zufrieden; Grüne und Linke schienen zufrieden, denn sie hatten ja Widerstand geleistet; die Bürgervereine schienen zufrieden, denn sie hatten mit ihrer Unterschriften-Aktion zumindest dagegen gehalten, und Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig schließlich war zufrieden, denn er fuhr mit der Zustimmung der BV-Mehrheit von CDU, SPD und FDP zu den Bürgerbüro-Plänen in den Feierabend. Nach dem Aufruf von CHBV-Chef Rolf Tesche, in die BV-Sitzung zu kommen und damit den (Cronenberger) Widerstand gegen die Bürgerbüro-Kürzung deutlich zu machen, war etwas anderes zu erwarten.

Enttäuscht äußerte sich entsprechend der Vorsitzende des Cronenberger Heimat- und Bürgervereins (CHBV) „von einem Teil der Bezirksvertretung“: „Wie Sie sich hier gegenseitig auf die Schulter klopfen, einen Kompromiss erkämpft zu haben“, wollte Rolf Tesche nicht recht verstehen. Zuvor hatte Tesche gemeinsam mit der Sudbürger-Vorsitzenden Sabine Böttcher genau 4.313 Unterschriften für den Erhalt der Bürgerbüros in seiner bisherigen Form an Stadtdirektor Slawig übergeben. Immerhin jeder Fünfte Cronenberger hatte damit gegen die Kürzungspläne unterschrieben.

Dass das nicht merklich beeindruckte, Stadtdirektor Slawig fest wie eine deutsche Eiche zu dem Ratsbeschluss zu den Bürgerbüros stand, bezeichneten Sabine Böttcher und Rolf Tesche als „Bürgerferne“: Die Cronenberger, so CHBV-Chef Tesche würden dadurch (noch weiter) von der Stadt entfremdet.

Nachdem Kämmerer Johannes Slawig mit Verspätung im Cronenberger Stadtteilparlament eingetroffen war, hatte er zunächst die Verwaltungspläne für die Bürgerbüros skizziert. Wie berichtet, soll das Bürgerbüro Cronenberg ab September nur noch an zwei halben Tagen pro Woche geöffnet sein sowie Pass-Angelegenheiten und Trauungen nach Barmen abgezogen werden (lesen Sie mehr dazu in unserem Bericht „Bürgerbüros light ab September“). Slawig unterstrich, dass es sich bei den Plänen um einen politischen Ratsbeschluss handelt, den er lediglich umsetze. Der Kämmerer betonte aber auch, dass es keine Alternative zu Einsparungen gebe.

„Diese Stadt muss pro Tag 500.000 Euro Schulden machen, um ihre Zahlungsfähigkeit zu erhalten“, rechnete Slawig vor, die Stadt sei in einer Situation, in der noch nicht einmal Griechenland & Co. steckten: „Wenn wir ein Unternehmen wären, müssten wir im Juni/Juli Insolvenzantrag stellen.“ Zudem betonte der Stadtdirektor, dass man die Bürgerbüros ursprünglich ganz schließen wollte, die Öffnung an zwei halben Tagen also ein Entgegenkommen sei: „Wer hier den Eindruck erweckt, man könne sparen ohne dass das zu spüren wäre, ist ein Illusionskünstler“, sagte Johannes Slawig an die Adresse der Protestierer gegen die Kürzungen: „Das hat mit verantwortlichem Handeln nichts zu tun.“

Zumal die Kürzungen aus der Sicht von Slawig vertretbar sind: Mit den Pass-Angelegenheiten ziehe man lediglich Leistungen ab, die beim einzelnen Bürger normalerweise alle zehn Jahre anfallen – „das ist zumutbar, wir muten ihnen nur zu, was wir vielen anderen Wuppertalern längst zumuten“. Die souveräne Vorstellung des Kämmerers beeindruckte offenbar die SPD-Fraktion: „Ich bin jetzt etwas beruhigter“, gab SPD-Vorsitzende Ulla Abé zu Protokoll: „Kompromisse tun immer weh, aber ich sehe eine Entwicklung in die richtige Richtung.“

Von einem „Erfolg“ sprach sogar CDU-Fraktionssprecherin Claudia Schmidt: Durch Hartnäckigkeit habe man den Kompromiss herausgeholt. Der Wunsch seien 1,5 Tage, „aber wenn das nicht geht, nehmen wir die beiden halben Tage dankend an“, so Schmidt. Grüne und Linke bekräftigten ihre Ablehnung der Kürzungen: Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung seien die Maßnahmen nicht vertretbar (Peter Vorsteher); sie brächten kaum etwas bei einer 2-Milliarden-Schuldenlast (Hartmut Kissing), sie machten lediglich 0,164 Prozent der jährlichen Neuverschuldung aus, rechnete Paul-Yves Ramette vor. Peter Vorsteher sprach die Mietkosten in Höhe von 32.000 Euro an, die auch weiterhin im Rathaus-Center anfielen: „Da gibt es wesentlich günstigere Möglichkeiten in Cronenberg“, schlug Vorsteher einen Umzug vor.

Nicht damit aber brachte der Grünen-Ratsherr den ansonsten abgeklärten Stadtkämmerer in Wallungen: Dass Wuppertal nach Ansicht von Peter Vorsteher kaputt gespart werde, bezeichnete Johannes Slawig nicht nur als „polemisch“, sondern wertete er auch „als persönlichen Angriff“: Schwimmoper, Oper und Haus der Jugend saniert, Döppersberg-Umbau gestartet – „hier wird nicht kaputt gespart“, so Slawig.