14.10.2011, 09.42 Uhr | Marcus Müller | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
„Cap Anamur“-Gründer Rupert Neudeck diskutierte über Afrika
„Krisen, Krankheiten, Katastrophen – damit wird Afrika doch immer in Verbindung gebracht. Doch das ist falsch, große Dinge spielen sich dort ab“, ist sich Rupert Neudeck sicher. Der Gründer von „Cap Anamur“ ist mit seinem Verein „Grünhelme e.V.“ unter anderem auch in Ruanda und Uganda aktiv und hilft dort beim Bau von Berufsausbildungszentren oder Schulen. Am Donnerstagabend, 13. Oktober 2011, diskutierte er im Rahmen der Offenen Abende in der Johanneskirche.
Den „größten Mangelzustand“ hat Neudeck bei den Regierungen der afrikanischen Länder ausgemacht: „Die meisten Afrikaner haben nicht die Regierung, die sie verdienen.“ Es gebe zahlreiche intelligente Köpfe auf dem Kontinent, die zum Beispiel mit Solarkiosken die Menschen dort voranbringen würden, so Neudeck. Ein Handy koste rund drei Monatsgehälter, aber die meisten hätten eines: „Weil es den technischen Fortschritt und die Zukunft verspricht.“
Ein Fehler sei es daher, Afrika in Bereichen helfen zu wollen, in denen sie keine Hilfe benötigen würden. Der Fleischmarkt in Togo werde beispielsweise von einer bayerischen Firma dominiert, erzählte Rupert Neudeck: „Weil die trotz des langen Transportes billiger anbieten könnten.“ Dabei könne sich Afrika durchaus selbst versorgen: „Auch ich entdecke in mir immer noch den alten, kleinen Europäer“, gab der 72-Jährige selbstkritisch zu, aber er versuche, diesen Zustand abzubauen. „Wir sind nicht Weltmeister in Menschenrechten“, mahnte Neudeck hinsichtlich der blutigen Konflikte in der Vergangenheit, als europäische Staaten ihre Landsleute aus den Ländern holten, aber den Einheimischen („Lasst sie sich doch gegenseitig abschlachten!“) nicht half. „Die Afrikaner werden es schaffen, wenn sie ihren Wohlstand richtig nutzen“, stellte der Grünhelm-Gründer heraus.
„Es gibt großartige Leute, die den Kontinent nach vorne bringen“, erzählte Rupert Neudeck im rappelvollen Saal der Johanneskirche am Friedenshain und führte als Beispiel eine Unternehmerfamilie aus Deutschland an, die Malaria-Medikamente produzieren lässt und 18.000 Menschen in Afrika beschäftigt. Allerdings gebe es von diesen Vordenkern noch zu wenige, so Neudeck. Man dürfe nicht nur eine Politik der Geschenke machen, die Wirtschaft in den Ländern sei aus Eigeninteresse nie richtig gefördert worden: „Konkurrenz kann auch für Afrika hilfreich sein.“ Der Kontinent habe „alle Fülle des Potentials“ für eine erfolgreiche Wirtschaft: „In diesen Ländern wird die Zukunft geschehen!“