17.07.2012, 09.24 Uhr   |   Redaktion   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Der Wechsel zu Farb-TV“: FBR verabschiedet sechs Urgesteine

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Hatten am letzten Schultag des Schuljahres ihren endgültig letzten "Schultag": Klaus Wulfmeier, Juliane Nockemann, Margarete Kaiser, Maria Ohling, Anne Saalmann und Wolfgang Kussmann (v.l.n.r.), die sechs "Urgesteine" der Friedrich-Bayer-Realschule.

Voller Vorfreude gingen gewiss ganz überwiegend auch die Schüler und Lehrer der Friedrich-Bayer-Realschule (FBR) in die Sommerferien, bei einem Lehrer-Sextett war am letzten Schultag aber auch eine Portion Wehmut im Spiel: Mit Margarete Kaiser, Wolfgang Kussmann, Juliane Nockemann, Maria Ohling, Anne Saalmann und Klaus Wulfmeier gaben sechs altgediente Pädagogen der Küllenhahner Realschule ihren allerletzten Unterrichtstag – „wir verlieren eine starke Mannschaft“, bekannte FBR-Leiter Hartmut Eulner zu dem Abschied.

Nicht ohne Grund: Juliane Nockemann war mit ihren 33 Lehrer-Jahren an der FBR noch die „Juniorin“ des Abschieds-Sextetts; Maria Ohling und Klaus Wulfmeier zählten immerhin 38 Jahre zum Kollegium und waren also schon dabei, als die Realschule 1975 von der Pfalzgrafenstraße in das neue Schulzentrum Süd einzog. „Das war sozusagen der Wechsel von Schwarz-Weiß- auf Farb-Fernsehen“, kennzeichnete FBR-Leiter Eulner (schmunzelnd) den Beginn ihrer Ära: „Das war eine neue Lehrer-Generation.“ Rund 40 Jahre später und – um in dem Eulnerschen Bild zu bleiben -nach dem Wechsel von Farb-TV zu Internet-Fernsehen, fragte Maria Ohling in ihrer spontanen Dankesrede, nachdem Schüler, Schulpflegschaft und Schulverein im Rahmen einer Abschiedsfeier die Lehrer mit Ständchen, Geschenken & Co. verabschiedet hatten: „War früher alles besser?“ Die Antwort gab die FBR-Lehrerin selbst: „Nein“, resümierte Maria Ohling nach fast 40 Jahren Schuldienst:  „Früher war alles anders!“

Schule früher: „Hauen Sie ruhig mal drauf!“ –
Schule heute: „Respekt muss man sich erarbeiten!“

So hätten Eltern den Lehrern vor rund 40 Jahren auch schon einmal grünes Licht für handfeste Methoden erteilt („Hauen Sie ruhig mal drauf!“); abgesehen davon, dass körperliche Züchtigungen längst überholt sind und nicht zuletzt auch disziplinarrechtliche Konsequenzen haben, heute funktioniere Schule völlig anders, nämlich über ein Miteinander von Eltern, Lehrern und Schülern: „Mit dem Respekt qua Amtsperson ist es vorbei“, stellte Anne Saalmann fest: „Das Verhältnis von Schülern zu Lehrern ist heute distanzloser.“ Den Respekt der Schüler müsse man sich nun auch erarbeiten, (menschliche) Glaubwürdigkeit spiele dabei eine große Rolle: „Es ist ganz wichtig, dass die Schüler spüren, dass man authentisch ist“, glaubt Wolfgang Kussmann. Zumal sich das häusliche Umfeld vieler Schüler in den letzten Jahrzehnten gewandelt und nicht zuletzt dadurch die Beziehung „Schüler-Lehrer“ an Bedeutung gewonnen habe: Die so genannte „heile Familie“, erklärt Juliane Nockemann, sei längst nicht mehr vorherrschendes Grundmuster, Kinder aus behüteten Familien eher eine Seltenheit, eine Überlastung der Elternhäuser durch die Verbindung von Beruf und Familie häufiger anzutreffen.

PC-Isolation, Freizeit-Stress & Marken-Druck:
„Ich möchte heute nicht Kind sein!“

Schülerseits seien dagegen hier Freizeit-Stress und dort PC-Isolation Auswüchse der gesellschaftlichen Veränderungen, befinden die sechs FBR-Veteranen; dennoch: „Manche stöhnen über die Jugend von heute“, selbst wenn es häufig an der Arbeitshaltung mangeln möge, bricht Maria Ohling aber eine Lanze für die Schüler: „In einer Wohlstandsgesellschaft aufzuwachsen ist auch nicht einfach – ich möchte heute nicht Kind sein!“ Das Aussehen oder die Marken der Bekleidung, ergänzt Juliane Nockemann, spielten heutzutage ein große Rolle und erzeugten Druck, „wer da keine Persönlichkeit ist, hat es schwer“, weiß die ehemalige FBR-Lehrerin. Die Bedeutung der erzieherischen Komponente der Pädagogen-Tätigkeit, die Beziehung „Lehrer-Schüler“, sei vielfach enger geworden, berichten die frisch gebackenen „Ex-Pauker“: „Manche Schüler fühlen sich hier wohler als zu Hause“, erzählt Wolfgang Kussmann: „Das ist insgesamt gesehen sehr traurig“, findet Kussmann, gerade auch das aber habe an der Lehrer-Tätigkeit auch Freude gemacht!

„Wir haben nicht resigniert“, unterstreichen die sechs ehemaligen Realschullehrer zum Abschluss des CW-Gesprächs unisono: „Ich hätte das sicherlich noch gerne weiter gemacht“, fügt Anne Saalmann hinzu und ihre (Ex-)Kollegen stimmen dem zu. Und sicherlich auch mancher Schüler hätte mit dem Sextett gerne weiter gelernt: Mit Tränchen in den Augen überreichte zum Beispiel die Sprecherin der FBR-Klasse 9a Klaus Wulfmeier die Abschiedspräsente seiner letzten Klasse; das wollte was heißen, wenn man als „Felix Magath der Mathematik-Lehrer“ gilt, wie FBR-Leiter Hartmut Eulner Klaus Wulfmeier lachend bezeichnete…