15.03.2014, 11.15 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Kritik: Berufsfeuerwehr pfiff FFH vor der Einsatzstelle zurück

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Auf der FFH-Versammlung wurde auch geehrt und befördert: Andreas Sommer (mi.) wurde für seine 35-jährige FFH-Mitgliedschaft ausgezeichnet, Horst-Egon Goeres (nicht anwesend), Carsten Klaussner (2.v.r.) und Holger Thon (ebenfalls abwesend) sind 25 Jahre in der FFH und Paul Gutekunst (li.) engagiert sich schon 10 Jahre. Beförderungen (Foto unten): Zum Unterbrandmeister wurden Jens Freund (2.v.r.), Kim-Kevin Hahn (mi.) und Florian Krause (2.v.l.) ernannt; Dursun Sener und Benjamin Severitt sind nunmehr Feuerwehrmänner.

Ähnlich wie jüngst bei den Kollegen von der Cronenberger Wehr (die CW berichtete) fiel auch die Bilanz der Freiwilligen Feuerwehr Hahnerberg (FFH) aus: Ebenfalls musste man 2013 öfter als im Vorjahr ausrücken, und zwar sehr viel öfter: Mit 208 Alarmierungen verzeichneten die Hahnerberger Freiwilligen über ein Drittel mehr Einsätze gegenüber dem Jahr zuvor (155). Wie FFH-Chronistin Tanja Liefke in ihrem kurzweiligen Jahresbericht aufzeigte, betraf von den Alarmierungen der geringste Anteil das vermeintliche „Kerngeschäft” der Feuerwehr: Lediglich 22 Feuer beschäftigten im letzten Jahr die 54 Aktive zählende FFH – nur etwas mehr als zehn Prozent der Einsätze also gerade einmal.

Einen in etwa gleich großen Anteil machten mit 23 Einsätzen die technischen Hilfeleistungen aus. Der absolute Löwenanteil der Hahnerberger Alarme fiel jedoch auch 2013 unter eine besondere Kategorie: blinde Alarme, Abbrüche von Einsätzen oder auch Einsätze, bei denen die FFH-Kräfte nicht aktiv wurden. Insgesamt 135 Mal gab’s für die Hahnerberger nichts zu tun – mehr als 60 Prozent aller Alarme! Dass darunter 55 Alarme waren, bei denen die Hahnerberger Wehrleute umsonst wegen vermeintlich „Hilflosen Personen hinter verschlossener Tür“ ausrücken mussten, bezeichnete FFH-Chef Dieter Schierwagen als „ärgerliche Einsätze“. Schon bei der Jahreshauptversammlung der Cronenberger Kollegen war die Zunahme dieser (Fehl-)Einsätze kritisiert worden – man empfinde sich als „Schlüsseldienst“, hieß es bei der FFC.

Obwohl fast schon am Einsatzort: „Abrücken-Befehl“ von der Berufsfeuerwehr

Aber noch woanders drückte Hahnerbergs Feuerwehr-Leiter Schierwagen der Schuh: Der FFH-Chef berichtete, dass seine Wehrleute nach der Alarmierung von der Berufswehr „zurückgepfiffen“ würden. Als Beispiel benannte Schierwagen einen nächtlichen Einsatz in diesem Jahr: Die FFH-Kräfte seien bereits zu einem brennenden Papier-Container unterwegs gewesen, als sie vom betreffenden Einsatzleiter der Berufsfeuerwehr angewiesen worden seien, wieder kehrt zu machen – obwohl die Hahnerberger sogar schneller am Einsatzort gewesen wären. Kein Einzelfall: Nach CW-Informationen soll es in den letzten Monaten immer wieder vorgekommen sein, dass die FFH-Freiwilligen zum Nichtstun verdammt wurden. Das drücke auf die Motivation, stellte FFH-Chef Dieter Schierwagen an die Adresse von Berufsfeuerwehr-Leiter Siegfried Brütsch klar, der auch zur FFH-Versammlung an die Theishahner Straße gekommen war.

„Dann bleiben die Kameraden demnächst im Bett!“

Seine Wehrleute eilten mittlerweile mit Widerwillen zu Einsätzen, bei denen die Wahrscheinlichkeit groß sei, dass sie zur „Spazierfahrt“ würden, und er fühle sich mitunter eher als Sozialarbeiter, um seine Aktiven weiter bei der Stange zu halten. Schierwagen appellierte an Berufsfeuerwehr-Chef Brütsch, die Praxis zu überdenken. Die Freiwilligen, so unterstrich Dieter Schierwagen, würden ihren Dienst schließlich ehrenamtlich neben dem Beruf versehen und bekämen dafür keinen Cent: „Da muss drigend Abhilfe geschaffen werden“, forderte Schierwagen an die Adresse der Berufsfeuerwehr. Ansonsten würde der Frust zunehmen – und wenn nachts wieder ein Papiercontiner brennt, „dann bleiben die Kameraden demnächst liegen“, so der FFH-Chef.

Schierwagen forderte aber auch grundsätzlich mehr Wertschätzung der ehrenamtlichen Feuerwehrarbeit durch die Berufsfeuerwehr und die Stadt ein. Zumal die Zahl derer, die bereit seien, sich ehrenamtlich zu engagieren, rückläufig sei: „Die Freiwilligen brauchen nicht die Stadt, aber die Stadt braucht die Freiwilligen!“ „Ich kann mir vorstellen wie hart es ist, die Leute weiter zu motivieren“, zeigte Bezirksbürgermeister Michael-Georg von Wenczowsky, jahrzehntelang selbst Leiter des Löschzuges Hahnerberg, Verständnis für die Schierwagen-Kritik: Es sei nicht zu verstehen, warum ein ausgerückter Freiwilliger nicht eingreifen, sondern warten oder sogar wieder abrücken müsse – „das kann abgestellt werden, wenn man das will“.

Berufsfeuerwehr-Leiter Siegfried Brütsch kündigte derweil Workshops zur Zusammenarbeit von Berufsfeuerwehr und freiwilligen Wehren an: „Das muss da auf den Tisch“, forderte Brütsch Löschzugführer Schierwagen auf, seine Kritikpunkte bei den Treffen mit einem Moderator einzubringen.

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