20.04.2015, 19.37 Uhr   |   Matthias Müller   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Hamlet“: Das Drama aller Dramen erobert das TiC

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Robert Flanze brilliert in der Titelrolle in der TiC-Inszenierung des Shakespeare-Klassikers "Hamlet“. -Foto: Martin Mazur

Im Theater in Cronenberg (TiC) feierte die berühmte Tragödie „Hamlet“ von William Shakespeare Mitte April 2015 Premiere. Der Klassiker wurde von Ralf Budde und Katrin Bonke auf die Bühne gebracht. Natürlich ging es dabei auch in Cronenberg um die alles entscheidende Frage: „Sein oder Nichtsein“.

Shakespeares Drama aller Dramen, in dem es um alle menschlichen Abgründe geht, führt dem Zuschauer eindringlich einen jungen Menschen auf der Suche nach Wahrheit und Identität vor. „Wer da?“,lautete auch auf der Bühne des TiC der erste Satz. Das Stück beginnt mit der Ermordung des alten Königs von Dänemark durch seinen Bruder Claudius (Alexander Bangen) und die dadurch entstandene Verunsicherung am Hof und im Staate. Claudius heiratet Königin Gertrude (Sabine Henke) und übernimmt die Staatsgeschäfte.

 

„Es ist was faul im Staate Dänemark…“ – aber nichts im TiC

Prinz Hamlet (Robert Flanze), zur Beerdigung seines Vaters heimgekehrt, hegt Misstrauen gegen den neuen König: „Es ist was faul im Staate Dänemark”, befindet er – ein weiterer berühmter Satz aus Hamlet. Im Geist erscheint Claudius der tote Vater (André Klem) auf einer Art Leinwand und behauptet, dass Claudius, der neue König, ihn vergiftet habe. Hamlet soll ihn blutig rächen, dabei aber die geliebte Mutter verschonen – geht es um Mord aus Machtgier und politischem Kalkül? Hamlet zweifelt und schlüpft in die Rolle des Verrückten. Er misstraut nun allen, dem Hofstaat wie Polonius, dem Berater des Königs (Joachim Rettig), seinem Freund Horatio (Leon Gleser), seiner Mutter und selbst der Geliebten Ophelia (Sophie Schwerter) und deren Bruder Laertes (Christopher Geiß).

Hamlet treibt „als zerstörter, edler Geist“ hinter der Maske des Wahnsinns ein Verwirrspiel. Fanatisch sucht er nach Wahrheit. Mit einer Schauspielertruppe, bestehend aus Benedict Schäffer, Michael Baute und Elisabeth Wahle, die wieder ganz modern auf einer Leinwand erscheinen, will er dem neuen König eine Falle stellen und inszeniert den Königsmord im Theater, das wie ein Kino samt Popkorn daher kommt, um Claudius zu entlarven. In dem doppelten Spiel um Sein und Schein verliert Hamlet jedes Maß, wird schließlich selbst zum Mörder an Polonius und stellt sich einem gekonnten Degen-Duell mit Laertes – so reißt Hamlet sich und fast alle in den Tod.

Kostüme, Bühnenbild und Darsteller: Alles an „Hamlet“ ist schaurig-schön im TiC

„Hamlet“ im TiC ist schaurig schön, wozu ebenso die Musik zwischen den Szenen beiträgt wie das Bühnenbild, welches Iljas Enkaschew minimalistisch als Kellerverlies, aber mit wenigen Handgriffen herrlich verwandelbar gestaltet hat. Obwohl im 16. Jahrhundert spielend, sind die Kostüme, ausgesucht von Noelle-Magali Wörheide, aus unserer Zeit, was überhaupt nicht stört. Auch der Tablet-Computer ist kein Fremdkörper und die Dialoge des fesselnden Stückes bleiben authentisch.

In dem von voluminösen fünf auf zwei Stunden „komprimierten“ Klassiker der Weltliteratur agierten die TiC-Darsteller mit begeisterndem Spielwitz wie auch erschreckender Ernsthaftigkeit und überzeugten ihr Publikum mit viel Kurzweil. Ohne Ausnahme darf den Darstellern von Ralf Budde eine glänzende Leistung in den Rollen der gewalttätigen, hinterhältigen und teils von Wahnsinn umzingelten Figuren bescheinigt werden: Robert Flanze beweist sich einmal mehr als ein Könner auf der Bühne, Alexander Bangen setzt sich als jovial-hinterhältiger Charakter hervorragend in Szene.

Frenetischer Applaus für gelungene Premiere

Das trifft auch auf Lars Grube und Lara Sienczak in ihren verschiedenen Rollen zu, die als Security-Leute, als Rosenkrantz und Güldenstern, wie als Totengräber auch mal witzig agieren dürfen. Aus der eindrucksvollen Gesamtleistung ragt besonders Sophie Schwerter heraus, die als Ophelia geradezu über sich hinaus wächst. „Hamlet“ in Cronenberg darf schon nach der Premiere bescheinigt werden, dass es ein Highlight des TiC-Spieljahres 2015 werden dürfte – der Applaus war denn auch frenetisch und wollte fast nicht enden.

Shakespeares „Hamlet“ hat eine ungeahnte Aktualität – „der Rest ist Schweigen“, wie es der englische Dramatiker in seinem letzten Satz ausdrückt. Weitere Aufführungen von „Hamlet“ im TiC-Mutterhaus in der Borner Straße 1 sind bis in den Juni hinein geplant. Karten gibt’s unter Telefon 0202 / 47 22 11 und unter www.tic-theater.de.