17.08.2015, 18.12 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Straßenreinigung: „Das ist eine versteckte Gebührenerhöhung“
Es geht ihm nicht um die 62,40 Euro, die er nun mehr zahlen soll, betont Ingolf Fuß. Wobei: Die ließen sich ja auch anders investieren, nett Essen gehen wäre eine Option. Ingolf Fuß soll die 62,40 Euro jedoch an die Stadt zahlen – für die Straßenreinigung. Bislang zahlte der Besitzer eines Doppelhauses auf Küllenhahn dafür 13 Euro, laut neuem Bescheid sind es nun 75,40 Euro – „das ist ja mehr als eine Verfünffachung, das verstehe ich nicht“, sagt Ingolf Fuß dazu.
Über 500 Prozent mehr Gebühr – aber warum nur?
Nachdem ihm der städtische Änderungsbescheid in den Briefkasten geflattert war, erkundigte sich Ingolf Fuß in der Nachbarschaft: Während sein Doppelhausnachbar neuerdings ein paar Euro weniger zahlen muss, hatte der Nachbar zur anderen Seite in der Reihenhaus-Siedlung zwischen Rhönstraße und Küllenhahner Straße ebenfalls nicht so positive Stadt-Post bekommen – auch hier gab es eine satte Erhöhung der Gebühr. Aber warum – „unser Kämmerer Slawig hat uns doch gesagt, dass es keine Gebührenerhöhung geben würde“, betont der Eigenheimbesitzer.
Auch „Hinterlieger“ werden jetzt zur Kasse gebeten
Also fragte Ingolf Fuß beim Steueramt nach und erhielt postwendend ein Antwortschreiben: Darin erklärt das Steueramt, dass Ingolf Fuß und seine Ehefrau für zwei Straßen zur Entrichtung von Straßenreinigungsgebühren herangezogen werden – Pech, dass sie an einem Verbindungsweg wohnen. Zwar steht ihr Haus weder direkt an der Küllenhahner Straße noch an der Rhönstraße, zahlen soll das Ehepaar dennoch – die Fußens, so klärt das Steueramt auf, gelten als „Hinterlieger“ und diese müssten im Sinne der Steuergerechtigkeit natürlich auch zahlen.
Im Behördendeutsch klingt das so: „Dem Weg, an den Ihr Grundstück unmittelbar angrenzt, kommt keine eigene Erschließungsfunktion zu, weil sich die Erschließung des Grundstücks im straßenrechtlichen Sinne ausschließlich auf ein Erschlossensein durch öffentliche und gewidmete Verkehrsfläche bezieht.“ Konkret: Obwohl der Garten des Ehepaares lediglich auf einem Meter Länge direkt an die Rhönstraße grenzt, werden für sie als „Hinterlieger“ insgesamt 26 Meter für die Gebühr angesetzt; obwohl sie an der Küllenhahner Straße lediglich eine Garage mit drei Meter Breite besitzen, werden hier insgesamt 28 Meter fällig – für Ingolf Fuß ist das eine versteckte Gebührenerhöhung: „Da fragt man sich, was wird die nächste ,Erfindung‘ sein?“
Stadt handelt nach Gerichtsurteil von 1982
„Keine Erfindung und auch keine versteckte Gebührenerhöhung“, entgegnet die Stadt: Im Sinne der Steuergerechtigkeit, erklärt Stadt-Sprecherin Alexandra Szlagowski, seien eben nicht nur die direkten Anlieger, sondern auch die sogenannten „Hinterlieger“ zur Straßenreinigungsgebühr heranzuziehen. Grundlage dazu sei ein Urteil, welches das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bereits 1982 gesprochen hat. Auf der Basis dessen, so die Stadt-Sprecherin weiter, habe das Katasteramt seine jahrzehntealten Grundstücksdaten im vergangenen Jahr aktualisiert – bis zum Ende des Jahres würden für alle Grundstücke in der Stadt die „Frontmeter“ neu berechnet, sodass alle Eigentümer mit einem Änderungsbescheid rechnen können.
„Das ist keine Ermessensentscheidung, wir können gar nicht anders“, betont Alexandra Szlagowski und verweist darauf, dass es bereits zahlreiche Verfahren gegeben habe: „Wir haben alle gewonnen.“ Zudem unterstreicht die Sprecherin, dass es ja auch Eigentümer gäbe, die weniger zahlen müssten. Und überhaupt: Falls am Ende unter dem Strich Mehreinnahmen zu verzeichnen seien, könnte die Gebühr auch gesenkt werden – vielleicht…