18.08.2015, 20.29 Uhr   |   Marcus Müller   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Auf Seilbahn-Tour: „Aha-Erlebnisse“ in Koblenz

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Die Koblenzer Bahn hat mit einer Förderkapazität von bis zu 7.600 Personen pro Stunde die weltweit größte Leistungsfähigkeit, muss bei Veranstaltungen zehntausende Gäste zur Festung und zurück bringen. Eine Kabine ist im ÖPNV-Betrieb für bis zu 35 Personen ausgelegt, auch Fahrräder und Kinderwagen können problemlos mitgenommen werden. Ein ebenerdiger Einstieg sorgt zudem dafür, dass auch mit Rollstuhl oder Rollator keine Probleme auftreten. – Foto: Marcus Müller

Mucksmäuschenstill war es in der Kabine der Seilbahn, als sie mit Gästen aus Wuppertal die Bergstation an der Festung Ehrenbreitstein verließ und bei schönstem Sonnenschein den Blick auf ein sommerliches Panorama über den Rhein mit Deutschem Eck und den Ausläufern der Stadt Koblenz bot. Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) hatten eine neuerliche Info-Tour in die rheinland-pfälzische Großstadt angeboten, damit sich Kritiker und Befürworter gleichermaßen dort einen direkten Eindruck von der zur Bundesgartenschau 2011 errichteten Seilbahn machen konnten.

Eine solche Dreiseilumlaufbahn soll nach Vorschlag der WSW auch vom Hauptbahnhof über die Bergische Universität und bis zum Schulzentrum Süd gebaut werden (die CW berichtete). „Jeder hat hier und heute auf unterschiedliche Weise Aha-Erlebnisse machen können“, fiel das Fazit von Ralph Birkenstock, Leiter Marketing und Vertrieb bei der WSW Mobil GmbH, am Ende der Koblenz-Tour aus.

Fahrgeräusche: „Da war nichts zu hören“

„Was wir merken ist, dass der Wind ruppiger wird“, merkte Peter Magnus an. Bei Geschwindigkeiten von mehr als 80 km/h sowie bei Gewitter lasse man die Bahn aus Sicherheitsgründen vorsorglich leer laufen. „Wir stehen etwa zehn Mal im Jahr wegen des Windes“, berichtete Magnus. Die Kabinen würden aber locker auch Windgeschwindigkeiten von 100 Stundenkilometern aushalten. „Ansonsten gibt es kein Wetter, das die Seilbahn bremst“, gab Betriebsleiter Peter Magnus hinsichtlich Schnee und Co. zu bedenken.

An der Berg- und Talstation war ein durchgängiges Brummgeräusch wahrzunehmen: Das sei der offenen Bauweise geschuldet, erklärte Magnus. Schließlich sei die Seilbahn in Koblenz anfangs nur temporär angelegt gewesen, nach Protesten der Bevölkerung läuft sie nun bis zum Jahr 2026. „Für den Schallschutz kann man mehr tun“, unterstrich Rene Schuchter von der Firma Doppelmayr dazu, welche die Seilbahn gebaut hat. Überrascht zeigte sich WSW-Marketingleiter Ralph Birkenstock wie auch viele Teilnehmer der Koblenz-Tour über die Geräuschkulisse unter den Stützen: „Da habe ich nichts gehört.“ Lediglich das Abbremsen der Kabinen erzeugte in den Stationen ein „Klack-Geräusch“. „Man muss die Anwohnerinteressen verstehen“, gab Betriebsleiter Peter Magnus zu bedenken, „aber auch die Vorteile einer solchen Seilbahn sehen.“

Die Seilbahn überzeugt – „aber nicht für Wuppertal“

„Ich wollte schauen, ob ich die Seilbahn auch in zehn Jahren noch nutzen kann“, erklärte Klaus Ingignoli seine Beweggründe zur Teilnahme an der Info-Fahrt: „Und ich habe festgestellt, dass ich das kann.“ „Die Seilbahn hat mich überzeugt, aber für Wuppertal eher nicht“, fällt Monika Schwigons Fazit aus. „Die Vorteile erschließen sich mir nicht so richtig.“ Eine bessere Anbindung im ÖPNV kann die Südstädterin nicht erkennen, schließlich müsse sie erst einen Umweg zum Küllenhahn oder zur Uni fahren, um die Seilbahn nutzen zu können. Die Aussicht in Koblenz sei „faszinierend“, aber ob Wuppertal da mithalten könne mit seiner engen Tallage? „Die Gegebenheiten sind völlig anders.“

„Da müsste man schon früh die Rollos runter machen“

Ähnlich sehen das auch Hanna und Rolf Tauchel: Die beiden Südstädter zeigten sich auf der Rückfahrt begeistert von der Koblenzer Seilbahn: „Sie ist eine schöne Attraktion und die können wir in Wuppertal auch gut gebrauchen.“ Sie sehen jedoch ein Problem in der von den WSW vorgeschlagenen Trasse: „Über bewohntem Gebiet muss sie nicht herführen“, erklärte Rolf Tauchel. Gegen eine Streckenführung über die Ronsdorfer Straße in Richtung Lichtscheid oder über die alte Bergbahntrasse hätte er nichts einzuwenden. „In der Südstadt wird man in seiner Privatsphäre sehr gestört“, ergänzte Hanna Tauchel. „Da muss man schon früh die Rollos runter machen, wenn man ungestört bleiben möchte.“

Auch eine mögliche Ausdünnung des Busverkehrs in der Südstadt sehen die beiden Anwohner kritisch. Zu diesem Thema versuchte Ralph Birkenstock von den WSW während der Koblenz-Fahrt fast ununterbrochen zu beschwichtigen: „Es wird Anpassungen auch im Hinblick auf den Döppersberg-Umbau geben, aber es wird keine Linienstreichungen geben.“ Lediglich die CE-Linien würden wohl nur noch bis zum Schulzentrum verkehren, im Anschluss sei man mit der Seilbahn ja schneller im Tal.

Nach der Tour: Mehrheit pro Seilbahn

Alles in allem fällt Birkenstocks Fazit zu den Fahrten zur Koblenzer Seilbahn positiv aus: „Wir sind zufrieden: Uns war klar, dass wir aus Kritikern keine Seilbahn-Fans machen können“, erklärte Birkenstock auf der Rückfahrt. „Aber wir haben jeden in seiner eigenen Weise bei der Meinungsbildung ein bisschen weitergebracht.“ Seine Abstimmung im Bus, kurz bevor man am Abend wieder Wuppertal erreichte, ob man einer Seilbahn in der Südstadt nach der Fahrt eher positiv oder negativ gegenüberstehe, fiel im Übrigen mehrheitlich zugunsten der Seilbahn aus.

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