03.05.2016, 19.45 Uhr   |   Redaktion   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Amtsgericht: Bewährung für den Südstadt-Exhibitionisten

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Mehmet D. (re.) mit seiner Verteidigerin am ersten Tag des Prozesses vor dem Amtsgericht.

Wie berichtet, musste sich der 24-jährige Mehmet D. vor dem Jugendschöffengericht wegen sexueller Nötigung, sexuellen Missbrauchs von Kindern und exhibitionistischer Handlungen verantworten: Zwischen August 2013 und Januar 2014 soll B. elf Mal in der Südstadt Mädchen und Frauen sexuell belästigt haben. Nach dem Auftakt Ende März wurde der Prozess am Donnerstag letzter Woche abgeschlossen.

Während am ersten Verhandlungstag durch die Anklageschrift und Zeugenaussagen viele schockierende Details der elf Taten bekannt wurden, kamen am zweiten Verhandlungstag weitere Zeuginnen zu Wort. Selin A., damals zwölf Jahre alt, kann den Vorfall bis heute nicht vergessen. Anders als vorgesehen musste auch Fiona R. (17) aussagen. Sie war mit D. minutenlang im Aufzug Kluse gefangen, bevor sie sich aus dem Fahrstuhl befreien konnte. Die damals 14-Jährige sagte aus, dass sie sich noch heute unsicher fühle, wenn sie Männern mit schwarzen Haaren und Bart begegne.

Juliane K. (23) gab derweil an, nach der Begegnung panisch reagiert zu haben. Sie absolvierte einen Täter-Opferausgleich mit dem Angeklagten und gab zu Protokoll, seine Entschuldigung nicht ernst nehmen zu können. Gutachter Dr. Emil Bartusch, der drei ausführliche Gespräche mit Mehmet D. führte, bescheinigte eine Zerrissenheit des Täters. Er lebte und lebe noch immer zwischen Scham, Trieb und Heimlichkeiten – seine Familie und Freunde wüssten bis heute nichts von den Taten, nur die Freundin in Ansätzen.

Schlusswort: Angeklagter wünscht sich eine Therapie

Hinzu kämen sexuelle Fantasien, die er nur in Bordells auslebe, da er sie mit der Freundin nicht praktizieren könne. Der Psychiater und Neurologe attestierte zudem Kontaktprobleme gegenüber Frauen – die Mutter sei bis heute erste Bezugsperson. 2010 und 2011 kamen Drogen und Alkohol hinzu, weil D. ohne Arbeit war und sich die Freundin von ihm getrennt hatte.

Während Mehmet D. den Vortrag des Gutachters mal beschämt vor sich blickend, mal mit den Händen vor dem Gesicht verfolgte, erklärte Bartusch weiter, dass der Angeklagte weder eine psychiatrische Erkrankung noch eine Persönlichkeitsstörung habe: „Er weiß über seine Situation Bescheid“, so der Facharzt, er sei weder pädophil noch ein Vergewaltiger. Bartusch empfahl eine geeignete Therapie, was sich der Beschuldigte in seinem Schlusswort ebenfalls wünschte.

Staatsanwältin Redeker erklärte den Täter-Opferausgleich für gescheitert, Verteidigerin Sarah Schulz fand dies nicht. Richterin Katrin Ringel schließlich verurteilte Mehmet D. in acht von elf Fällen zu 18 Monaten Gefängnis, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. D. muss zudem 1.800 Euro Geldstrafe an eine gemeinnützige Organisation zahlen und dazu eine Therapie machen.

„Ich hatte das anders erwartet“, zeigte sich Opfer Juliane K. nach der Urteilsverkündung unzufrieden: „Er müsste meiner Ansicht nach eigentlich fast lebenslang einen Bewährungshelfer haben.“