20.06.2016, 20.16 Uhr   |   Matthias Müller   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Eigentum verpflichtet – das Bundesland Hessen aber nicht?

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Kein nachbarschaftliches Idyll: Wolfgang Wilbert vor dem Trümmerhaufen neben seinem altbergischen Wohnhaus.

Seit rund zwei Jahren hat der Cronenberger Wolfgang Wilbert Ärger mit der verfallenen Doppelhaushälfte neben seinem altbergischen Haus am Vorderdohr. Diese ist eine Bauruine, keiner wollte sich bisher darum kümmern – der Grund: Die Erben des Nachbarhauses schlugen die Erbschaft aus, das Haus ging an das Land Hessen über. Eine verzwickte Situation, denn Hessen konnte das Erbe nicht ausschlagen, auch wenn es kein Interesse daran hatte. So zog sich der Fall über Monate hin, bis auch der Giebel von Wolfgang Wilberts Haus durch das Nebengebäude so in Mitleidenschaft gezogen wurde, sodass reinregnete.

Wilbert rief im Mai 2014 die Stadt zu Hilfe: Die Stadt beauftragte das Technische Hilfswerk mit Sicherungsmaßnahmen, das riss den Giebel ein und hinterließ einen Trümmerhaufen. Ein Cronenberger Dachdecker dichtete das Haus von Wolfgang Wilbert derweil ab – als Nachbarschaftshilfe. Zwischenzeitlich wurden nicht nur Presse und TV auf den Fall aufmerksam, die Schrottimmobilie beschäftigt auch Rechtsanwälte und das Landgericht.

Im Februar stellte Richter Helmut Leithäuser bei einem Ortstermin fest, dass es ein gemeinschaftliches Nutzungsrecht gegeben habe. Hieraus leitete das Gericht offensichtlich ab, dass die Eigentümerrechte von Wolfgang Wilbert betroffen sind und der entstandene Schaden womöglich vom Land Hessen zu beheben sei. Bei der letzten Sitzung am 31. Mai 2016 äußerte Richter Leithäuser die Hoffnung, dass das Land Einsicht zeigen würde – aber es kam zu keiner gütlichen Einigung.

Leithäuser gelangte daraufhin zu dem Eindruck, Hessen strebe wohl eine gerichtliche Entscheidung an. Liege ein Urteil vor, würde das Land schließlich verbindlich in die Pflicht genommen – oder auch nicht… Erstaunlich, schließlich müsste der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ auch für ein deutsches Bundesland gelten. Im Streit „Wolfgang Wilbert gegen das Land Hessen“ wird nun für den morgigen Dienstag, 21. Juni, das Urteil um die Cronenberger Schrottimmobilie erwartet.

Worauf Wolfgang Wilbert hofft, ist klar: Dass Hessen den Schutthaufen neben seinem Haus abreißt sowie abräumt und die Sanierung seines Giebels bezahlt. Der Hahnerberger blickt optimistisch auf die Urteilsverkündung. Sollte das Land aber in Berufung gehen, landete der Streit vor dem Oberlandesgericht Münster – und Wolfgang Wilbert läge weiterhin mit Hessen im Clinch…