05.07.2016, 19.39 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Auf der „Sea Eye“: Achim Stein hilft bei der Flüchtlingsrettung
Eigentlich wollte Dr. Achim Stein im Herbst ein Segelboot chartern und irgendwo übers Mittelmeer schippern. Nun wird der Allgemeinmediziner, dessen Praxis am Ölberg liegt, bereits Anfang August in See stechen. Nicht aber auf einem Segler, sondern auf einem früheren Fischkutter, nicht aber um Fisch zu fangen, sondern um in Seenot geratene Flüchtlinge aus dem Meer „zu fischen“: Achim Stein wird bei einer privaten Rettungsaktion auf der „Sea Eye“ helfen.
Im Herbst 2015 gründete der Regensburger Unternehmer Michael Buschheuer die Hilfsorganisation „Sea-Eye e.V.“. Dazu kaufte die Privatinitiative den 26 Meter langen ehemaligen Fischkutter und rüstete ihn für die Seenotrettung um. Am 22. Februar brach der 60 Jahre alte Kutter auf in Richtung Mittelmeer, wo die „Sea-Eye“ seit April vor Libyen kreuzt, um Flüchtlinge aufzuspüren und vor dem Ertrinken zu retten.
„Wir machen das nicht, weil wir es können, sondern weil wir es müssen…“
Um die Menschen auch an Bord zu nehmen, ist die „Sea Eye“ zu klein. Wichtigste Erstmaßnahme ist die Ausgabe von Schwimm-westen und Rettungsinseln, um das Überleben zu sichern. Per SOS alarmiert die „Sea Eye“ zeitgleich professionelle Hilfe, welche die Flüchtlinge dann aufnimmt. „Die Herausforderung ist enorm. Aber wir machen das ja nicht, weil wir es können, sondern weil wir es müssen“, sagte Initiator Buschheuer zu seiner Aktion.
Ähnlich ergeht es Achim Stein: Als er jung war, sei er in der Friedensbewegung aktiv gewesen, „jetzt mache ich gar nichts mehr“. Angesichts der Schreckensnachrichten von Tausenden Ertrunkenen konnte der Cronenberger nicht mehr länger zusehen: „Vor der Küste Afrikas wird viel zu wenig gemacht“, findet Achim Stein. Rund eine Million Menschen warteten hier auf eine Gelegenheit zur Flucht nach Europa: „Die sehenden Auges in den Tod zu schicken, das geht gar nicht.“
„Ich möchte helfen, Menschenleben zu retten“
Auch als Arzt fühlt sich Achim Stein dabei geradezu berufen, sich für die „Mission Menschlichkeit“ zu engagieren: Auf der „Sea Eye“ werde er dringend gebraucht: „Ich möchte helfen, Leben zu retten und mich dort einsetzen, wo wirklich viel zu wenig getan wird.“ Ob seiner Erfahrung als Hobbysegler, vor allem aber als Arzt erhielt Achim Stein auf seine Bewerbung für die Sea-Eye-Crew prompt eine Einladung – Anfang Mai nahm der Dörper Mediziner an einem Coaching-Treffen in Regensburg teil und absolvierte dabei zur Vorbereitung eine Notfall-Übung auf der Donau.
Seit April: Über 2.000 Flüchtlingen in Seenot geholfen
Dass das eine realistische Vorbereitung auf den 7. August war, wenn er von Malta aus auf der „Sea Eye“ das Einsatzgebiet ansteuern wird, glaubt Achim Stein natürlich nicht: Das werde keine Kreuzfahrt, weiß er, mit acht Mithelfern werde er zwei Wochen unter engsten Bedingungen zusammen sein. Die Crew-Berichte seien „nicht ohne“, auch er werde vielleicht zusehen müssen, wie Menschen ertrinken – „was medizinisch auf mich zukommt, weiß ich nicht“. Eines steht aber fest: Der Einsatz der Helfer, die allesamt ehrenamtlich auf der „Sea-Eye“ arbeiten und ihren Urlaub opfern, ist bitter nötig und hilft ganz konkret Menschenleben zu retten.
Die „Sea Eye“ hat seit April vor der lybischen Küste bereits über 2.200 Flüchtlingen in Seenot geholfen. Erst am frühen Mittwochmorgen, 29. Juni 2016, erhielt das Schiff einen Funkspruch aus der Notrufleitzentrale in Rom: Ein Flugzeug der ebenfalls privaten Rettungsorganisation „Sea-Watch“ hatte 100 Schiffbrüchige auf einem völlig überfüllten Schlauchboot entdeckt und gemeldet – die „Sea Eye“ begab sich sofort zu dem Flüchtlingsboot und versorgte die rund 100 Menschen mit Schwimmwesten, bevor sie dann später von der italienischen Kriegsmarine aufgenommen wurden.
Spenden, Unterstützer und Crew-Bewerber willkommen
Allerdings schippert auch das Rettungsschiff selbst in unruhigen Gewässern: Für den Betrieb der „Sea Eye“ und zum Beispiel den Kauf von Rettungsinseln und -westen braucht die private Hilfsorganisation pro Monat eine fünfstellige Summe. Weil für dieses Jahr noch nicht einmal 50 Prozent der „Sea Eye“-Kosten gedeckt sind, sind Spenden dringend willkommen. Auch werden ständig Unterstützer und Crew-Mitgliedern gesucht – jede helfende Hand ist willkommen!
Wer helfen möchte, kann seine Spende auf das Konto des Sea-Eye e.V. mit der IBAN: DE60 7509 0000 0000 0798 98 und BIC: GENODEF1R01 bei der Volksbank Regensburg einzahlen. Das Stichwort lautet: „Sea-Eye“. Alle Spenden sind steuerlich absetzbar. Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten sowie einen Nachrichten-Blog von dem privaten Rettungsschiff gibt’s unter www.sea-eye.org.