11.12.2016, 16.04 Uhr   |   Redaktion   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Bürgeramt-Plan: „Das trägt zu meiner Politikverdrossenheit bei…“

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Mit dem Neubau eines zentralen Bürgeramtes am Rathaus Barmen will die Stadt dafür sorgen, dass es in Zukunft nicht wieder zu derartigen Schlangen vor dem Einwohnermeldeamt kommt. -Archiv-Foto: Marc Schulz

Vergangene Woche wurde die städtische Vorlage bekannt (die CW berichtete) und prompt war es vorbei mit der vorweihnachtlichen Besinnlichkeit: Die Stadt-Pläne zum Neubau eines zentralen Bürgeramtes am Rathaus Barmen sorgen für einen Aufschrei – zumindest außerhalb der CDU/SPD-Groko im Rat und nicht nur beim Bürgerverein Hahnerberg-Cronenfeld (BHC).

„Die Bürgervereine werden sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Zentralisierungsbestrebungen zur Wehr setzen“, kündigen der Cronenberger Heimat- und Bürgerverein und die Bürgervereine Küllenhahn, Hahnerberg-Cronenfeld und Sudbürger in einer gemeinsamen Erklärung an. Obwohl sich die Bürgervereine und alle Bezirksbürgermeister für den Erhalt der Bürgerbüros ausgesprochen hätten, steuerten die Pläne auf deren Ende zu.

Mit diesem „Alleingang“ stehe die Stadt im krassen Widerspruch zu ihren eigenen Leitlinien zur Bürgerbeteiligung. Keine Spur von empathischer und respektvoller Zusammenarbeit von Bürgern, Verwaltung und Politik: „Vor diesem Hintergrund klingt wie es blanker Hohn, ein reines Lippenbekenntnis.“

Marc Schulz (Grüne): „Bürgeramt-Idee ist unsinnig“

Für Marc Schulz macht die Verwaltung mit ihrer Vorlage den zweiten Schritt vor dem ersten. Der Rat, so der Co-Fraktionschef der Grünen im Rat, habe im Sommer einen Prüfauftrag auf den Weg gebracht, durch die Bürgeramt-Pläne werde dem nun vorgegriffen. Schulz erinnert an die Bruchlandung um die Baupläne für den Carnaper Platz: „Meine Befürchtung ist, dass beim Thema Bürgerbüros die gleichen Fehler wieder gemacht werden.“

Die Zusammenlegung von Einwohnermeldeamt und Straßenverkehrsamt bezeichnet der Grünen-Fraktionschef als „unsinnig“ und am Heubruch auch gar nicht praktikabel: „Ich bleibe dabei, dass die vollständige Wiederöffnung der Bürgerbüros die sinnvollste Variante wäre“, unterstreicht Schulz.

Die Linke: Straßenverkehrsamt am Rathaus „ist ein Witz“

„Da bekommt man Zweifel an der Aufrichtigkeit der Planung. Soll hier der Rat ausgebremst werden“, fragt sich die Linken-Stadtverodneten Susanne Herhaus auch, weil der zu erarbeitende Grundsatzbeschluss noch gar nicht vorliegt: „Es ist falsch, dass mit dieser Planung die Entscheidung zur Zentralisierung zementiert werden soll.“ Linken-Fraktionsvorsitzende Gunhild Böth hält die Pläne schon praktisch für nicht durchführbar: Der Umzug der Straßenverkehrsbehörde in die Barmer Innenstadt sei „angesichts des geringen Parkraumangebots“ „wohl eher ein Witz.“.

Manfred Todtenhausen (FDP): „Dezernent wird Aufgabe nicht gerecht“

Manfred Todtenhausen, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion im Rat, erinnert daran, dass der Rat die Verwaltung im Sommer aufforderte, eine Prüfung von Lösungsmöglichkeiten für die Meldeamt-Probleme vorzulegen: Einen solchen Bericht sei die Verwaltung bis heute schuldig geblieben. Die Bürgeramtspläne hält Todtenhausen daher für nicht akzeptabel: „Ein Dezernent, der für Bürgerbeteiligung und Transparenz steht, wird so seiner Aufgabe jedenfalls nicht gerecht“, kritisiert der Liberale den Beigeordneten Paschalis: „Wir erwarten Lösungsvorschläge, die den Bürgern und den Mitarbeitern eine Perspektive auf ‚Normalität’ gibt“, fordert Todtenhausen.

Bezirksbürgermeisterin Abé (SPD): „Trägt zu Politikverdrossenheit bei“

Warum die Stadt die Bürgeramt-Pläne noch im Dezember durchpeitschen wolle, kann Cronenbergs Bürgermeisterin Ursula Abé nicht verstehen: „Warum muss man das übers Knie brechen“, zeigt sich Abé überrascht: „Ich bin davon ausgegangen, dass wir noch Zeit für Beratungen haben.“ Das Vorgehen der Verwaltung bezeichnet die Dörper Bürgermeisterin als „gefährlich“. „Das trägt auch zu meiner persönlichen Poltikverdrossenheit bei“, zeigt sich Abé betroffen.

Als Stadtteilpolitikerin sei sie es, die an der Basis den Bürgern Rede und Antwort stehen müsse: „Irgendwann ist man an einem Punkt, wo man nicht mehr weiß, wie man das erklären kann“, sagt Ursula Abé: „Zum Teil bin ich jetzt an diesem Punkt.“ Für die kommende Woche kündigt Abé eine Erklärung aller Wuppertaler Bürgermeister an. Zuletzt hatten sich alle Stadtteilspitzen Wuppertals für eine Stärkung der Bürgerbüros ausgesprochen.