06.03.2017, 19.52 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Annabell Zander: Junge Südstädterin auf uralten Pfaden…
Mittelsteinzeit-Experten aus sechs Ländern werden vom 10. bis zum 12. März 2017 in Wuppertal zusammenkommen. Die Archäologen zieht es aber nicht an die Wupper, weil die Stadt mit bedeutenden Funden aus dem Mesolithikum locken könnte. Eine Südstädterin lotst die Altertumsforscher vielmehr nach Wuppertal: Gemeinsam mit Dr. Birgit Gehlen organisiert Annabell Zander die 26. Tagung der „Arbeitsgemeinschaft Mesolithikum“ in der Orangerie des Botanischen Gartens auf der Hardt.
Nachdem sie ihr Archäologie-Studium in Nottingham und an der renommierten Fakultät in Köln mit dem Master-Abschluss beendete, ist Annabell Zander zurzeit als Doktorandin an der University of York tätig – auch dank eines Stipendiums der Studienstiftung des deutschen Volkes will die 28-Jährige Ende 2019 ihren Doktor-Titel in der Tasche haben. Das Interesse für frühere Zeiten wurde bei der Südstädterin früh geweckt.
„Mehr mit den Auswirkungen des Klimawandels befassen…“
„Die Bücher, die mir meine Oma von ihren Reisen nach Italien oder Griechenland mitbrachte, haben mich fasziniert“, berichtet Annabell Zander: „Schon mit sechs/sieben Jahren wusste ich, dass ich mal Archäologin werden möchte.“ Warum sie ausgerechnet das Mesolithikum zu ihrem Spezialgebiet erkoren hat? Na, weil die Mittelsteinzeit, also der Zeitabschnitt zwischen dem zehnten und etwa dem vierten Jahrtausend vor Christus, viel über die Anpassung des Menschen an den Klimawandel aussage, erklärt die junge Wissenschaftlerin.
In der Mittelsteinzeit stiegen die Temperaturen um bis zu sechs Grad. Im Zuge dessen kam es in Mitteleuropa zu einem drastischen Wandel von Flora und Fauna: Die bisherigen Steppen-Landschaften wurden bewaldet; während Rentiere, Wildpferde oder Mammuts in kältere Gebiete abwanderten, hielten Rehe, Braunbären oder Wölfe Einzug – und zum Leidwesen vieler Gartenbesitzer heute auch Wildschweine.
Das bedeutete, dass sich der Mensch nicht nur neue Jagd-Strategien einfallen lassen musste. Ausgrabungen zeigen auch, dass er zumindest zeitweise sesshaft wurde. „Die Menschen damals müssen sich sehr mit den Auswirkungen und Zwängen des Klimawandels und ihren Anpassungsmöglichkeiten befasst haben“, weiß Annabell Zander und schlägt über die Jahrtausende einen Bogen in die Gegenwart.
Am 11. März: Freier Eintritt zu öffentlichem Vortrag
Ebenso wie die Menschen in der Mittelsteinzeit seien auch wir angesichts der Klimaveränderungen heutzutage „Grenzgänger“, ebenso wie die Menschen vor siebentausend Jahren sollten auch wir uns viel stärker damit auseinandersetzen: „Wir müssen viel mehr lernen, enger mit der Umwelt zu agieren“, fordert die junge Wissenschaftlerin einen Mentalitätswechsel – ihre Forschungen übers Mesolithikum, sprich die Vergangenheit, haben insofern Bedeutung für unser Heute und Morgen.
Und daran können auch alle Interessierten teil haben: Die 60 Archäologen werden ihre Wuppertal-Tagung nämlich nicht nur „im stillen Kämmerlein“ durchführen, am 11. März laden sie auch zu einem öffentlichen Abendvortrag ein. Ab 18.30 Uhr wird in der Orangerie auf der Hardt die „Steinzeit in der Region“ das Thema sein. Der Eintritt für jedermann ist frei. Übrigens: In Sachen Mesolithikum hat Wuppertal kaum etwas zu bieten, weshalb die internationale Forscher-Schar zu Exkursionen in die Blätterhöhle nach Hagen oder auch ins Archäologische Forschungszentrum Monrepos in Neuwied aufbrechen wird.
Die Fahrt im Kaiserwagen oder auch die Tagungsstätte auf der Hardt wird ihre Kollegen aus sechs europäischen Ländern aber sicher begeistern, zeigt sich Annabel Zander überzeugt. Insofern hätte die Mittelsteinzeit dann sogar Wirkung aufs heutige Wuppertal-Marketing…