14.11.2017, 18.25 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
„Drei Männer im Schnee“: „Winter juchhe“ im TiC-Theater
Jetzt ist sie da, die Zeit, da es draußen kalt ist und man es sich drinnen gemütlich macht. Vielleicht auf dem Sofa vor dem Fernseher mit einem schönen Schwarz-Weiß-Streifen aus alten deutschen Kino-Zeiten, vielleicht aber auch an der Borner Straße: Die Kult-Komödie „Drei Männer im Schnee“ zieht runter von Sofa und rein ins TiC-Theater. Ralf Budde brachte das Stück nach dem Roman von Erich Kästner nun auf die Bühne. Das TiC-Publikum zeigte sich von dem Verwechslungsspaß kräftig erwärmt: Tosender Applaus belohnte eine gelungene Inszenierung und wunderbare Darsteller.
Die Komödie, 1955 ein Hit in den deutschen Nachkriegskinos, spielt im verschneiten Grand-Hotel Bruckbeuren. Zehn Tage in der noblen Wintersport-Herberge sind die beiden Hauptgewinne eines Preisrätsels der Tobler-Werke. Der arbeitslose Werbe-Experte Dr. Fritz Hagedorn gewinnt, den zweiten Preis holt der schwerreiche Geheimrat Tobler. Der gutmütige Exzentriker will mit dem Gewinn eine „Auszeit“ vom Millionärs-Dasein nehmen. Um das Leben eines armen Schluckers zu studieren, reist er als mittelloser Eduard Schulze an. Diener Johann begleitet ihn – ebenfalls inkognito, in der Rolle des Reeders Kesselhuth.
Schulze oder Hagedorn: Wer ist Millionär?
Tochter Hilde informiert die Hotel-Direktion zwar heimlich über den Rollentausch. Sie verwechseln allerdings die Gewinner: Der arme Hagedorn wird für den Millionär gehalten, der Geheimrat im geflickten Anzug für den mittellosen Schulze. Während Hagedorn hofiert wird, schieben Direktor und Portier Schulze in eine ungeheizte Dachkammer ab und lassen ihn Hilfsarbeiten verrichten. Die tut er allerdings durchaus gerne, schließlich kann er so umso mehr seine „Rolle“ auskosten. Hagedorn, der zwischenzeitlich mit Schulze und Kesselhuth Freundschaft geschlossen hat, ist indes entsetzt, wie man den Mitgewinner behandelt.
Zugleich hat er alle Mühe, sich der aufdringlichen Avancen der Damen Casparius und von Mallebré zu erwehren, die um die Gunst des vermeintlichen Millionärs buhlen. Als die Salon-Löwinnen den Portier bestechen, damit dieser Schulze aus dem Hotel wirft und so der lästigen Männerfreundschaft ein Ende setzt, ruft Diener Johann die Tobler-Tochter zu Hilfe. Nachdem Hilde eingetroffen ist, nimmt die Verwechslungskomödie aber noch mehr Fahrt auf…
Wie im Film: Einfach eine schöne Komödie für die ganze Familie
Die Kästner-Komödie an der Borner Straße macht genauso viel Spaß wie der Film – mindestens! Einfach schön, dass Ralf Budde die Bühnenfassung von Charles Lewinsky klassisch in Szene setzt. So bleibt „Drei Männer im Schnee“ das, was es ist: eine unterhaltsame Komödie für die ganze Familie mit liebevollen Helden und einer Portion Kästnerschem Augenzwinkern. Wolfgang Sprotte ist die Rolle des Geheimrates Tobler auf den Leib geschrieben: Unprätentiös spielt Sprotte den sympathischen Exzentriker, der vorlebt, dass Millionär und Menschenfreund keine Gegensätze sein müssen.
Gleiches gilt für Annabell Fugmann als Tochter Hilde: Man nimmt es ihr ab, dass für sie Liebe mehr zählt als jeder Dünkel – sie ist in der Tat zum Verlieben. Diener Johann und Habenichts Hagedorn stehen zwar gesellschaftlich auf der anderen Seite, entsprechen aber ebensowenig den Rollenklischees. Regisseur Ralf Budde, der souverän für den erkrankten Lars Grube den Diener gab, rümpft zwar die Nase, dass sein Herr Dicke Bohnen mit Speck bevorzugt. Wie seine Herrschaft ist aber auch er ein „Gutmensch“. Ebenso der mittellose Hagedorn: Obwohl vom Hotel auf Rosen gebettet, nimmt er Anteil am Schicksal des „gemobbten“ Mitgewinners – Christian Schulz gibt ihn glaubwürdig, den bescheidenen, aber charakterlich reichen Hagedorn.
Tierischer Direktor, tolle Kostüme und sogar ein Aufzug im TiC
Portier und Hotel-Direktor sowie die Millionärs-Jägerinnen (Christina de Bruyckere-Monti und Regina Overkamp) werden in dem Verwechslungsspiel zwar als Snobs beziehungsweise Tollpatsche entlarvt. Eines muss man dem Quartett aber lassen: Die Antihelden spielen sie mit Bravour. Allen voran David Parke und Tobias Unverzagt: Das Duo glänzt als Portier beziehungsweise Hoteldirektor – so richtig böse sein kann man ihnen eigentlich nicht. Der durchschauende Zuschauer hat eher Mitleid beziehungsweise Spaß, wenn das einfältige Duo ins nächste Fettnäpfchen tapst. Tobias Unverzagts Stoßseufzer „Einfach tierisch“ avanciert dabei zum Running-Gag des Abends – tierisch!
Weitere Pluspunkte des Abends sind die 30er-Jahre-Kostüme, die Mariola Kopczynski und Noelle-Magali Wörheide schön geschneidert haben, sowie die Musik. Schlager der 1920er und 30er Jahre zwischen den einzelnen Szenen sowie der Evergreen „Jawoll, meine Herrn“, den Ralf Budde aus dem UFA-Klassiker „Der Mann, der Sherlock Holmes war“ „geklaut“ hat, um ihn durch die Männerfreunde Schulze, Hagedorn und Kesselhuth intonieren zu lassen, runden den Spaß musikalisch ab. Das Seinige trägt das Bühnenbild von Jan Bauerdick und Janosch Plaumann dazu bei: Mit einem Handgriff wird das Geheimrats-Esszimmer zum Entree des Grandhotels, Schwingtüren, Rezeption, Alpenpanorama inklusive – Kompliment! Sahnehäubchen ist der Hotelaufzug: Als sich die Türen öffneten und die Festgesellschaft daraus mit Pappnasen und Konfetti zur Polonäse ansetzte, gab’s begeisterten Szenenapplaus.
Wenn das Verwechslungsspiel ausgeklungen ist, entlässt es den Zuschauer mit dem Gedanken: „Ach, wenn es in der Welt nur tatsächlich so schön zuginge…“ Mit den „drei Männern im Schnee“ im TiC-Theater geht sie es für zwei unbeschwerte Stunden. Der TiC-Neuling beschert ein bisschen heile Welt zur dunklen Jahreszeit und schöne Winterabende mit der ganzen Familie – Dank an Ralf Budde und sein Team dafür! Karten gibt es unter Telefon 0202 47 22 11, im TiC-Büro an der Hauptstraße 3 und online unter www.tic-theater.de.