10.01.2018, 10.16 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Posaunenchor: Seit 120 Jahren „zum Lobe unseres Gottes“

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Der Posaunenchor Cronenberg vor der Historischen Stadthalle am Johannisberg, wo sonst alljährlich die Sommerkonzerte des sinfonischen Blasorchesters stattfinden. | Foto: Posaunenchor

Das musikalische Leben Cronenbergs ist vielfältig: Eine Institution unter den Chören, Gruppen und Ensembles im Dorf ist der Posaunenchor Cronenberg: 1897 unter der Überschrift „Dienet dem Herrn mit Freuden“ gegründet, konnte das sinfonische Blasorchester im gerade zu Ende gegangenen Jahr sein 120-jähriges Bestehen feiern. Die Anregung zur Gründung von Posaunenchören in Deutschland, so berichtet die Chronik des Dörper Orchesters, ging 1843 von Pfarrer Volkening im westfälischen Jöllenbeck aus. Namen und Auftrag begründeten sie aus der Bibel, in der Posaunen ja oft Erwähnung finden. Im Dorf dauerte es bis 1897, als Karl-Wilhelm Püttbach den Cronenberger Posaunenchor aus der Taufe hob. Man spielte bei „sehr schönen Festen“, wie zum Beispiel am Waldheim unterhalb der heutigen Friedensstraße – „laute Musik erscholl durch die Wälder der Wupperberge“, heißt es in der Posaunenchor-Chronik.

Der Erste Weltkrieg brachte den Chor dann zum Erliegen. Kaum war der Krieg vorbei, riefen die Heimgekehrten „im Vertrauen auf den Allmächtigen Gott (…) aber den Chor und die heranwachsende Generation wieder zum Musizieren zusammen“. Unter Dirigent Hermann Debus erlebte das Orchester „goldene 20er Jahre“: „Ein festes Band der Kameradschaft“ entstand, die etwa 35 Mitglieder nahmen an den Bundesfesten des Westdeutschen Jünglingbundes teil, spielten auf dem Frankfurter Römerberg mit insgesamt 1.000 Bläsern. Der Posaunenchor wurde über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, wie eine Einladung des Rundfunksenders Langenberg bewies. Der Zweite Weltkrieg brachte dann die nächste Zäsur: Viele Mitglieder wurden einberufen, die wenigen Daheimgebliebenen hielten aber doppelt zusammen.

Bald nach Kriegsende erlebte auch der Posaunenchor seine „Stunde Null“. Im Sommer 1951 nahm der Chor an einem internationalen Musikwettbewerb in Holland teil und gewann einen 3. Preis. Als weiteren Höhepunkt berichtet die Posaunenchor-Chronik von einem Konzert in Cronenberg, an dem 1964 WDR-Solotrompeter Prof. Franz-Willi Neugebauer teilnahm. Den Generationswandel bewältigte das Orchester schon damals erfolgreich: Es konnte immer neuer Nachwuchs gewonnen werden, entsprechend wurde auch der Ruf nach moderner Musik laut. Zwar, so berichtet die Chronik, sei es nicht leicht gewesen, die Interessen von Alt und Jung abzustimmen. Dirigent Friedel Wittich, der 1973 den Dirigentenstab übernahm, schaffte aber den Spagat.

Klassisches und Modernes „zum Lobe unseres Gottes…“

Zugleich fanden die Konzerte des Posaunenchores immer mehr Beachtung. So wurden zunächst mit dem Cronenberger Männerchor, später auch mit dem Damenchor Adventskonzerte veranstaltet, man trat mit dem Remscheider Kinderchor, dem Bundesbahnmännerchor Flügelrad oder auch dem Kirchenchor Cäcilia auf. Nachdem das damalige Martin-Luther-Haus nur noch mit höchstens l00 Zuhörern belegt werden durfte, wurde die Reformierten Kirche zum „Konzerthaus“ des Chores.
1987 gab das Orchester hier das erste Konzert zum 90-jährigen Bestehen. „Die Bläser fühlten sich wahrlich nicht so ganz wohl dabei, Märsche, Ouvertüren, Musicals und Walzer unter der Kanzel zu spielen“, ist in der Chronik zu lesen. Weil der Posaunenchor die nicht-sakrale Musik aber „zum Lobe unseres Gottes“ spielte“, „waren die Cronenberger auch bereit, zu den Konzerten des Posaunenchors in die schönste Kirche des Bergischen Landes zu kommen“.

Zu dieser Zeit übernahm Bernhard Kulla das Dirigat. Der damalige Leiter des Polizei-Musik-Corps Wuppertal formte „den Chor zu einem Klangkörper, der sich heute mehr denn je einer großen Beliebtheit erfreut“, lobt die Posaunenchor-Chronik. Entsprechend musste sich das Orchester keine Nachwuchssorgen machen: „So ist der jüngste Bläser 8 Jahre und der älteste Bläser 85 Jahre“, berichtete die Jubiläumsschrift in den 1980er Jahren. Die Wuppertaler Posaunen-Tage wurden ins Leben gerufen – jährlich treffen sich die geladenen Chöre seitdem zum „brüderlichen Beisammensein“ sowie einem Platzkonzert. Eine weitere Tradition wurde begründet: die jährlichen Sommer- und Weihnachtskonzerte. Lud man sich zunächst dazu bekannte Solisten ein, so die Sopranistin Claudia Visca, so setzt der Posaunenchor in den letzten Jahren vermehrt auf die eigenen Reihen – schließlich verfügt man über erstklassige Musiker.

Von Kiste bis Erntedank: Eine Musikalische Tradition im Dorf

120 Jahre nach Gründung ist der Posaunenchor kaum aus dem Stadtteil-Leben Cronenbergs wegzudenken: Prozession und Pfarrfest der katholischen Gemeinde, Gemeindefeste, Volkstrauertag oder Werkzeugkiste, Waldgottesdienst in Küllenhahn, Martinszüge, Geburtstage, Hochzeiten und, und, und natürlich auch die beiden alljährlichen Konzerte – der Terminkalender ist voll und der Chor über das Dorf hinaus eine Größe. Und das „Heiligabendblasen“, bei dem Chormitglieder von Küllenhahn bis Sudberg seit rund 100 Jahren am Heiligabend durch Cronenberg ziehen und musikalisch „Frohe Weihnacht“ wünschen, ist eine Dörper Tradition wie das Turmsingen.

43 Aktive zählt das Orchester, das seit 2008 von Holger Havemann geleitet wird, aktuell. Mit der 15-jährigen Ann-Kathrin Kerksiek an der Querflöte bis zum 78-jährigen Hans Püngel am Tenorhorn stimmen alle Generationen mit ein. Bis heute geprägt wird das Orchester durch die Familie Korbeck: Vater Horst Korbeck, der 2010 verstarb, war 40 Jahre lang Vorsitzender, der Stiefvater war es zuvor 19 Jahre lang, und Volker Korbeck (46) hat nun auch schon 19 Jahre lang den Vorsitz inne.
Schwester und Schwager zählen zudem zum Vorstand – „ja, man kann schon sagen, dass der Posaunenchor eine große Familie ist“, sagt Volker Korbeck – und meint damit vor allem das Miteinander im Orchester.

Neu-Musiker sind stets willkommen

Beispiel: Jährlich trifft man sich zu einem Proben-Wochenende, bei dem auch die Geselligkeit nicht zu kurz kommt. Seit zwei Jahren stellt sich der Posaunenchor als „sinfonisches Blasorchester“ vor – der Namenszusatz ist Ausdruck des (gehobenen) Anspruchs, den der Posaunenchor an sein Können stellt. Die stets vollen Konzerte in der Reformierten Kirche beziehungsweise der Stadthalle geben dem Orchester recht – es sei denn, es schneit… Der Posaunenchor Cronenberg „wird nur dann weiter so seinen Dienst tun können, wenn das Erbe der Väter weiter bewahrt wird“, endet die Festschrift zum 115-jährigen Bestehen – fünf Jahre später lässt sich feststellen: Der Posaunenchor ist noch immer „dienstfähig“!

Wer sich selbst davon überzeugen möchte, hat auch im 121. Jahr des Bestehens die Gelegenheit dazu – das Sommerkonzert von Holger Havemann und seinem Orchester kommt bestimmt schneller als man denkt… Neue Musiker sind im Posaunenchor Cronenberg übrigens jederzeit herzlich willkommen. Die Proben finden jeweils freitags von 20 bis 22 Uhr in der Nikodemuskirche an der Teschensudberger Straße 12 statt. Interessierte können sich telefonisch mit Volker Korbeck (1.Vorsitzender) unter (0176) 21 22 18 22 oder per Mail an volker.korbeck@fauser-ag.com in Verbindung setzten. Mehr Infos zum Orchester auch online unter posaunenchor.wtal.de.