01.02.2018, 16.06 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Arber Shabanaj: „Ich schreibe, also bin ich…“
Die Muttersprache ist so etwas wie das „Werkzeug“ eines Autors: Aus ihrem Wortschatz schöpft der Schriftsteller Geschichten und Gedichte, mit ihr nimmt er seine Leser an die Hand und entführt sie in andere Welten, beschreibt Wünsche und Hoffnungen oder Leid und Ängste, macht Spaß, nachdenklich oder erzeugt Spannung und weckt Sehnsüchte – Sprache kann alles. „Wörter sind heilig“, hieß es einmal in einem Artikel der „Zeit“, was mag es da für einen Autor bedeuten, sich nicht mehr in seiner Sprache auszudrücken zu können?
Der Südstädter Arber Shabanaj ist ein Schriftsteller, der „die heiligen Wörter“ hinter sich lassen musste: 1991 floh er aus seiner Heimat, dem Kosovo. Der damals 22-Jährige hatte sich für die Unabhängigkeit des Kosovo eingesetzt, war verhaftet und gefoltert worden. Arber Shabanaj brach sein Jura-Studium ab, flüchtete sich in einem Fleisch-Lkw nach Deutschland und beantragte Asyl. Weil sein Duldungsstatus erst im Jahre 2007 endete und auch sein Biologie-Diplom erst 2006 anerkannt wurde, musste sich Shabanaj hier in verschiedensten Jobs verdingen.
Er arbeitete als Lagerist, Maler oder Lkw-Fahrer und putzte Toiletten – „ich habe alles gemacht, was mir geboten wurde“, erzählt Shabanaj, „mein Credo war, keine staatlichen Leistungen beanspruchen zu wollen – das entspricht nicht meinem Charakter“. Wenn er von diesen Jahren erzählt, dann klingt es zwischen den Zeilen durch, wie sehr er darunter litt, sich fern seiner Qualifikationen über Wasser halten zu müssen. Er habe sich stets und überall einzuarbeiten versucht, um sein Bestes zu geben, „aber ich habe schon einiges an Bereitschaft mitbringen müssen, um das ertragen zu können“, blickt der 47-Jährige zurück.
Trotz dieser harten Anfangsjahre in der neuen Heimat: Seine Liebe zur Sprache, zum Schreiben, seine Leidenschaft, Geschichten zu erzählen und für die Poesie, hat der heutige Südstädter nicht verloren: Arber Shabanaj hat sich nicht nur beruflich eine neue Existenz aufgebaut, er hat sich zugleich auch ein neues „Werkzeug“ angeeignet – die deutsche Sprache. In der (Fremd-)Sprache seiner neuen Heimat hat der Südstädter mittlerweile drei Bücher veröffentlicht – bemerkenswert, denn Arber Shabanaj hat nie einen Deutsch-Kurs besucht.
Die deutsche Sprache sei ähnlich wie die albanische sehr entwickelt, erklärt der verheiratete Vater zweier kleiner Kinder: „Man sollte die Bereitschaft zum Lernen aufbringen – ich liebe die deutsche Sprache.“ Als einen Mentor sieht er seinen Vater, der als einer der ersten Kosovo-Albaner nach dem Zweiten Weltkrieg die Fachhochschulreife erlangen durfte. Er liebte das Lesen und die Klassiker, erinnert sich Arber Shabanaj, „ich habe immer geschrieben und versucht die Episoden festzuhalten – manchmal sogar auf Papierschnipseln“.
Ob in seinen Erzählungen oder den Gedichten, in den Werken von Arber Shabanaj schwingt sein Schicksal stets mit. Sie ist zwischen den Zeilen zu greifen, die Sehnsucht nach der Heimat, die er so liebt, die so schön ist, in der es mitunter aber so ungerecht zugeht, in der die Liebe manchmal nur im Verborgenen eine Chance hat, in welcher der Literat oder der Lehrer weniger gilt als der Karrierist. Shabanaj scheint von einer vielleicht melancholischen Liebe ergriffen, die auch der neuen Heimat Deutschland gilt – es wirkt ein wenig so, als taumele er zwischen zwei Welten.
Das wird auch in seinem Schreibstil deutlich: Shabanaj verfügt über eine Sprachgewandtheit, mit der er in seinen Gedichten und Geschichten eindrucksvoll Atmosphäre, Gefühle und/oder Bilder zu erzeugen weiß – dass er sich sein neues „Handwerkszeug“ selbst angeeignet hat, dafür gebührt im Anerkennung. Mitunter verwendet der Südstädter Autor dabei Formulierungen, die in hiesigen Ohren fremdartig klingen – auch der Stil wirkt wie einer aus zwei Welten. Aber das ist Arber Shabanaj ja nun einmal, und auch das macht seine Bücher so interessant und vielleicht auch zeitgemäß…
„Ich gewinne das Deutschland, in dem ich lebe und arbeite, als neue Heimat sehr lieb“, lässt er seine Leser wissen. Man möchte anfügen: Das Deutschland, in dem er nach fast drei Jahrzehnten wieder seiner Liebe, dem Bücherschreiben, nachgehen kann! Damit hat Arber Shabanaj vielleicht endgültig eine neue Heimat gefunden, denn wie sagt er doch: „Ich schreibe, also bin ich!“
Die drei Bücher „Haus – wo sind deine Spiegel?“ und „Schuhe der Scham“ sowie der Gedichtband „Exkursion der Lyrik“ sind im Buchhandel erhältlich und gerne auch über Arber Shabanaj zu beziehen. Mehr Infos unter www.jembiter-liber.de. Aus seinem Buch „Haus – wo sind deine Spiegel?“ liest Arber Shabanaj am Samstag, 10. Februar 2018, um 19 Uhr in der „Färberei“ am Peter-Hansen-Platz 1 in Wuppertal-Oberbarmen. Mehr Infos dazu online unter www.faerberei-wuppertal.de.