10.12.2018, 20.52 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Friedrich-Bayer-Realschule: „Das war die Reise unseres Lebens…“
Klassenfahrten nach London oder Barcelona, Austausche mit Frankreich oder Finnland, das ist nichts Besonderes mehr. Aber ein Schüleraustausch mit einer indischen Schule, das ist noch einigermaßen exotisch. Wobei: Der diesjährige Austausch vier Wuppertaler Schulen mit der G.D. Goenka Public School in Ghaziabad war bereits der achte, aber erstmals mit dabei: zehn Schüler der Friedrich-Bayer-Realschule (FBR).
Im Oktober reisten die Neuntklässler, begleitet von FBR-Lehrerin Linda Dannaks, für zwei Wochen auf den Subkontinent. Eine Woche lang besuchten sie die Privatschule in der Millionenstadt nordöstlich der Hauptstadt Delhi, in der zweiten Woche, hierzulande die erste Herbstferien-Woche, tourten sie durchs Land, sahen Dehli, die Königsstadt Jaipur, den indischen Dschungel oder den Fürstenpalast von Karauli und natürlich auch das weltberühmte Mausoleum Taj Mahal.
Rajvinder Singh: Ein Star als Reiseführer
Schon der Reiseführer des Austausches war ein Hit: Wie die Küllenhahner Realschüler begeistert erzählen, wurden sie von Rajvinder Singh durch Indien gelotst: Der Berliner sei nicht nur die Synchron-Stimme des Vaters von Queen-Legende Freddie Mercury in dem Film „Bohemian Rhapsody“, der erfolgreiche Synchronsprecher lieh seine Stimme auch für die Serie „The Big Bang Theory“ oder den Film, „Spider-Man 2“ – damit hatte Singh schon einmal den Respekt der 14- beziehungsweise 15-Jährigen in der Tasche.
Der Unterrichtstag begann gegen 7.30 Uhr: Die Küllenhahner Realschüler besuchten vormittags den Unterricht in Literatur, Kunst und Tanz der Privatschule, an der etwa 1.000 Schüler von der ersten Klasse bis zum Abschluss unterrichtet werden und die – wie Susanne berichtet – in der Mitte des beeindruckenden Gebäude-Komplexes auch ein überdachtes Sport-Areal oder auch ein Schwimmbad bietet. Nachmittags ging es zu Ausflügen in die Region.
Kontraste: Hier kein warmes Wasser, dort eine Zudeck-Hilfe
„Wir wollten alle eine ganz andere Kultur kennenlernen“, benennt Lukas die Motivation der FBRler zur Teilnahme an dem Indien-Austausch. So ganz „anders“ war es dann aber offenbar gar nicht: Noah und Susanne waren bei Gasteltern in einer „ganz normalen Wohnung“ untergebracht. Okay, Noahs Dusche hatte kein warmes Wasser, dafür aber hatte er sein eigenes Bad und außerdem sei er so am Morgen hellwach gewesen – „ich hab‘ mich so gefühlt wie in Deutschland“, blickt Susanne auf ihre Gastfamilie zurück.
Ganz so wie daheim war es aber nicht überall: Victoria, Selina und Julians Gastfamilien lebten in Villen in gesicherten Siedlungen: Auch sie hatten alle ein eigenes Bad, ein Chauffeur fuhr sie zur Schule und zurück, es gab Hausangestellte und Nachtwächter, in Julians Gastfamilie stand sogar eine Zudeck-Hilfe zur Verfügung – kurzum: „Ich hatte nichts zu meckern.“ Er sei auf eine Hochzeit mitgenommen worden, berichtet Julian weiter: „Ich habe mich gefühlt, als wäre ich der Bräutigam gewesen“ – alle hätten mit ihm sprechen und Fotos machen wollen und ihm immerzu zu essen gebracht. Aber: Das indische Curry sei er irgendwann leid geworden – wieder daheim war der Hunger auf eine Currywurst groß, lacht Julian.
„Jeder sollte die Chance ergreifen, diesen Austausch mitzumachen…“
Als Kulturbruch haben die Realschüler ihre zwei Wochen nicht empfunden. Dass ihre Gastfamilien auf der indischen Sonnenseite leben, haben sie aber mitbekommen: Auf der einen Straßenseite seien mitunter die Villen gewesen, gegenüber hätten die Armen im Dreck gebettelt – „ein ganz starker Unterschied“, findet Finn, „das macht einen traurig.“ „Am schlimmsten“, so John, seien vielen die bettelnden Kinder gewesen: „Da musste man sich zusammenreißen und das nicht so nah an sich ranlassen.“
Insofern: Auch wenn sie hierzulande keine Chauffeure, Zudeck-Hilfen oder Villen haben, die zehn Bayer-Realschüler sind sich in einem einig: „Ich schätze jetzt viel mehr, wie gut es uns allen hier geht“, bringt es Victoria auf den Punkt. Auch insofern empfindet Viveka die zwei Indien-Wochen als „einmalige Erfahrung“: „Jeder sollte die Chance ergreifen, diesen Austausch zu machen“, resümiert John – „ich glaube, für mich und für alle anderen war es die Reise unseres Lebens“, blickt Julian begeistert zurück.