27.02.2020, 12.36 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Thüringen-Turbulenzen“ bestimmten Sprechstunde mit MdB Hardt

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CDU-MdB Jürgen Hardt (mi.) gab einen „Bericht aus Berlin“ und auch Cronenbergs CDU-Chef Claus Goebel (re.) lauschte gespannt. | Foto: Meinhard Koke

Ein Hauch Bundespolitik wehte am 18. Februar 2020 die Hauptstraße entlang: Bundestagsabgeordneter Jürgen Hardt (CDU) lud zur Bürgersprechstunde ein und im Terrassenraum von „Policks Heimat“ herrschte „volles Haus“. Obwohl Hardt, der den gemischtbergischen Wahlkreis 103 seit 2009 an der Spree vertritt, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, kam Weltpolitik während der anderthalb Stunden nicht zur Sprache – die (innenpolitischen) Turbulenzen um die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen sowie die Suche nach einer neuen CDU-Spitze liefen Brexit, Trump oder auch Libyen eindeutig den Rang ab.

„Es gibt viel zu berichten“, schlug Jürgen Hardt denn auch zu seiner Sprechstunde auf, um direkt einzugestehen: „Ich habe meinen Ausschuss-Vorsitzenden offenbar nicht so im Griff.“ Damit war Norbert Röttgen gemeint: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages hatte gerade erst seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz bekanntgegeben. Jürgen Hardt zeigte sich von der Rückzugsankündigung der Noch-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer überrascht, ihren Zeitplan, wonach über den Parteivorsitz erst im Dezember entschieden werden solle, bezeichnete Hardt als „krasse Fehleinschätzung“: Das müsse spätestens vor der Sommerpause geklärt werden – so soll es ja jetzt auch sein.

Bei Kandidaten-Quartett „vielleicht ein wenig NRW zu viel im Spiel“

Merz, Laschet und Spahn, Röttgen oder auch zwei Kandidaten, die noch nicht bekannt seien – wer das Ruder seiner Meinung nach bei der CDU übernehmen solle, dazu hielt sich Jürgen Hardt bedeckt: Alle Kandidaten seien respektabel, nur sei bei dem Quartett vielleicht ein wenig NRW zu viel im Spiel, von daher: Womöglich könnte auch ein Mann aus Niedersachsen die AKK-Nachfolge antreten – damit spielte Hardt offenbar auf David McAllister an, der aktuell den Außenausschuss des Europaparlamentes leitet. In jedem Fall aber: Einen Mitgliederentscheid zur AKK-Nachfolge lehnt Hardt ab – denn dann käme es am Ende vielleicht wie bei der SPD, wo die Falschen gewählt worden seien…

Mit dem Stichwort „Thüringen“ brachte Jürgen Hardt dann das nächste Brennpunkt-Thema auf den Tisch in „Policks Heimat“. „Da sind ganz viele Dinge falsch gelaufen“: Der Machtanspruch des früheren Linken-Ministerpräsidenten Ramelow, das Wahlverhalten von CDU und FDP oder die Wahl-Annahme durch den FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich kritisierte der Dörper Bundestagsabgeordnete unsisono. FDP-Mann Kemmerich hätte sich nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten für das Vertrauen bedanken, aber die Wahl nicht annehmen sollen, befand Hardt: Dann wäre er ein Star gewesen, nun sei er der Buhmann.

Linke und AfD: Die CDU muss weiter klare Kante zeigen

Vor allem aber geißelte Jürgen Hardt die Thüringer AfD: Diese sei eine neofaschistische Partei, mit der Kandidatur eines AfD-Strohmannes für die Ministerpräsidenten-Wahl habe die Thüringer AfD eine Kaltschnäuzigkeit gezeigt, wie sie die Republik bisher noch nie erlebt habe. Wie das ostdeutsche Bundesland aus der verfahrenen Situation herauskommen könne, wollten Besucher der Bürgersprechstunde wissen. Hardts Vorschlag zur Lösung der Thüringen-Krise: Die Linke müsse einen Ministerpräsidenten-Kandidaten etwa aus der SPD schlucken, der dann von der CDU toleriert werden könnte.

Und wie soll es die CDU grundsätzlich mit Linke und AfD halten? Hardts klare Antwort: Die CDU müsse weiter klare Kante zeigen – ein irgendwie geartetes Zusammenspiel mit Linke oder AfD dürfe es nicht geben: „Politik der Mitte kann man nur aus der Mitte heraus machen.“ Seinen Parteifreunden in Thüringen gab Jürgen Hardt den Ratschlag an die Hand, der AfD nicht nach dem Munde zu reden: Dem Osten Deutschland gehe es gut, die Ostdeutschen seien keine Underdogs, den Rentnern in den neuen Ländern gehe es vielfach sogar besser als denen in den alten, die Infrastruktur sei in Schuss, Dresden, Erfurt oder Weimar – „das sind die Orte, wo wir Urlaub machen“.

Insofern, so unterstrich Jürgen Hardt, müsse man den AfD-Parolen Fakten gegenüberstellen – Michael Kretschmer, der CDU-Ministerpräsident von Sachsen, habe so seine Wiederwahl geschafft: „Wenn man so eine klare Kante zeigt, dann gewinnt die CDU auch.“ Allerdings vergaß Jürgen Hardt dabei, dass Kretschmer sein Direktmandat bei der Bundestagswahl 2017 an den heutigen AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla verloren hatte…

Bundestagswahl 2021: Erneute Hardt-Kandidatur?

Bei der nächsten Bundestagswahl, die voraus­sichtlich im Herbst 2021 statt­finden wird, würde Jürgen Hardt erneut antreten – wenn seine Partei ihn lässt. Der 56-Jährige gehört dem Bundestag seit dem Jahr 2009 an.