10.07.2020, 17.52 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Fachleute beauftragen: Hände weg vom Eichenprozessionsspinner!

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Mit Flatterbändern rund um befallene Bäume, wie hier an der Sambatrasse in Cronenfeld, warnt die Stadt vor dem Spinner. | Foto: Meinhard Koke

Befall mit der haarigen Raupe hat sich in der Stadt etwa verdreifacht / Vorsicht vor den Haaren: Die Berührung kann Allergien bis hin zu Schocks auslösen.

„Man soll also mit diesen Thieren keinen unnöthigen Muthwillen treiben“ und „soll in der Nähe von Eichbäumen halbnackte Kinder nicht auf den Boden setzen, ohne ihn zuerst zu besichtigen“, mahnte der deutsche Schriftsteller Johann Peter Hebel schon 1811. Der Grund für die Warnung des Schriftstellers, Theologen und Lehrers war ein „haariger“: der Eichenprozessionsspinner. Lebte Hebel noch, würde er heute wahrscheinlich nicht mehr von halbnackten Kindern sprechen, aber erneut warnen: Nachdem der Eichenprozessionsspinner im vergangenen Jahr erstmals wieder in Wuppertal registriert wurde, breitet er nun sich ganz offenbar aus.

Wie Michael Kaiser vom Grünflächen-Ressort der Stadt auf CW-Nachfrage berichtet, waren bis Ende Juni 2020 bereits insgesamt 440 Meldungen der haarig-gefährlichen Raupe bei der Stadt eingegangen. Das bedeutet eine Verdreifachung im Vergleich zum letzten Jahr: In 2019 registrierte die Stadt nach Angaben von Michael Kaiser „nur“ rund 140 Eichen, die in städtischen Wäldern oder Grünanlagen von dem Prozessionsspinner befallen waren. Die Ausbreitung der haarigen Raupen ist aber nicht nur deshalb problematisch, weil sie die Eichen fast kahlfressen und sie somit schädigen.

Zu teuer: Stadt kann Spinner nicht flächendeckend bekämpfen

In ihrem dritten Larvenstadium besitzen die Raupen auch Brennhaare, die gesundheitsgefährdend sind: Die sehr feinen Brennhaare enthalten ein Eiweißgift namens Thaumetopoein, das beim Menschen eine Raupen-Dermatitis auslösen kann. Die Haare können zum Beispiel bei Berührung oder durch die Verwirbelung der Gespinstnester bei Wind auf Bekleidung, Haut und in die Schleimhäute gelangen. Folgen sind Juckreiz, Reizungen von Mund- und Nasenschleimhaut, bei Einatmen der Haare kann es auch zu Bronchitis, schmerzhaftem Husten oder Asthma kommen. Selten sind auch Schock-Reaktionen eine Folge.

Eigentlich ganz „possierlich“, aber doch ziemlich „haarig“: der Eichenprozessionsspinner. | Foto: imago/imagebrokerrnEichenprozessionsspinner - Thaumetopoea processionea (CC BY 2.0)

Eigentlich ganz „possierlich“, aber doch ziemlich „haarig“: der Eichenprozessionsspinner. | Foto: imago/imagebrokerrnEichenprozessionsspinner – Thaumetopoea processionea (CC BY 2.0)

Aufgrund der Gesundheitsgefahren wird eindringlich davor gewarnt, die Eichenprozessionsspinner oder auch ihre weißen Gespinstnester, in denen sich Brennhaare-Rückstände befinden, selbst zu beseitigen. Ebenso wie die Stadt zur Bekämpfung zwei Fachfirmen beauftragt hat, sollten auch Privatleute, auf deren Grundstücken Bäume befallen sind, die Beseitigung durch Experten durchführen lassen. Wie Michael Kaiser erläutert, kann die Stadt eine flächendeckende Bekämpfung des Spinners an den Stadt-Bäumen finanziell nicht leisten.
Um die Ausbreitung zumindest in sensiblen Bereichen einzudämmen, hat die Stadt neuralgische Bäume an Spielplätzen, Kindergärten, Schulen und Altenheimen oder zum Beispiel auch stark genutzten Fußwegen vorsorglich mit einem Biozid spritzen lassen.

Eichen an „sensiblen Stellen“ erstmals mit Bioziden gespritzt

An anderen neuralgischen Stellen lasse man die Nester absaugen, die beauftragten Firmen arbeiten sie nach einer Prioritätenliste ab.
In den Stadt-Wäldern indes wird der haarigen Raupe kaum auf den Pelz gerückt: „Wir wollen den Bestand soweit wie möglich verringern“, erklärt Grünflächen-Abteilungsleiter Kaiser: „Aber aufhalten können wir den Eichenprozessionsspinner nicht – er wir mehr und mehr werden.“ In den Niederlanden, wo man schon seit Jahren mit der Raupe zu kämpfen hat, geht man ähnlich gestuft gegen den Befall vor. Bei hoher Nutzung eines befallenen Gebietes oder starkem Befall werden auch hier Biozide eingesetzt.

Bei geringem Befall beziehungsweise geringer Gefahr für den Menschen werden nur Warnschilder aufgestellt oder die betreffenden Gebiete abgesperrt. Das Umweltbundesamt empfiehlt, bei Kontakt mit Nestern oder Raupen schnellstmöglich zu duschen sowie Kleider und Schuhe bei mindestens 60 Grad zu waschen. Damit werde das in den Brennhaaren enthaltene Nesselgift zerstört. Laut Michael Kaiser dauert die gefährliche Phase übrigens noch bis etwa Mitte Juli an. Dann ziehen sich die Spinner in ihre Nester zurück und verpuppen sich, bevor sie zu Faltern werden.

Befall im öffentlichen Raum bei der Stadt melden

Wer einen Baum mit dem Eichenprozessionsspinner in öffentlichen Bereichen entdeckt, kann dies bei der Stadt über das ServiceCenter unter der Nummer (02 02) 563-0 melden. Grundstückseigentümer, die den Spinner auf ihrem Privatgelände ausmachen, sollten Fachunternehmen mit der Bekämpfungsmaßnahmen beauftragen.