12.09.2020, 12.52 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
„Haben verstanden!“: Die OB-Kandidaten beim Herbst-Empfang
Wahlkampf oder Wille? Beim „Kandidaten-Check“ der Cronenberger Bürgervereine zeigten sich alle Bewerber um das Oberbürgermeister-Amt gewillt, mehr für die Rand-Stadtteile tun zu wollen.
Nach ihrem erfolgreichen Sommer-Empfang (die CW berichtete) im vergangenen Jahr luden „Die Cronenberger“, die Arbeitsgemeinschaft der vier Cronenberger Bürgervereine, in diesem Jahr zum Herbst-Empfang ein. Und der stand ganz im Zeichen der Kommunalwahl am morgigen Sonntag: Sechs der insgesamt sieben Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters waren geladen, um sich den Fragen von Stephan Ries, des 2. Vorsitzenden des Cronenberger Heimat- und Bürgervereins (CHBV), zu stellen. Nach der Begrüßung durch CHBV-Vize Ralf Kiepe übernahm Vorstandskollege Stephan Ries den Staffelstab, um den OB-Kandidaten „auf den Zahn“ zu fühlen. Lose, die aus einem Hut gezogen wurden, entschieden, in welcher Reihenfolge die Kandidaten auf die Bühne gerufen wurden.
Marcel Hafke (FDP)
Das „große Los“ erwischte dabei Marcel Hafke: Der FDP-Kandidat stellte sich als Erster den Ries-Fragen. Um den Bewerbern Persönliches zu entlocken, fragte der CHBV-Vize ebenso den Beruf wie Hobbys und Freizeit oder den Familienstand ab. Danach ging’s ans „Eingemachte“, sprich Cronenberg-Themen: Cronenberg sei lange vernachlässigt worden, stellte Stephan Ries fest, um die Frage anzuschließen, ob der Stadtteil erst untergehen müsse, um dann durch die Stadt gefördert zu werden.
Für Marcel Hafke als OB-Herausforderer ein Steilpass: Ein solches „Weiter so“ wäre fatal, betonte der FDP-Landtagsabgeordnete: Auch in Cronenberg müsse was geschehen, denn: Wenn es Cronenberg erst schlecht ginge, dann ginge es auch der Gesamt-Stadt schlechter – da gab’s Applaus für den Ronsdorfer Hafke. Er bezeichnete es als „bemerkenswert“, dass nach den jahrzehntelangen Bemühungen um Veränderungen in der Ortsmitte bislang nicht geschehen sei: „Irgendwann muss Politik mal handeln“, bekannte Marcel Hafke die Notwendigkeit zur Realisierung zumindest einiger der spannenden Ideen.
Bernhard Sander (Die Linke)
Zurückhaltender zeigte sich da Linke-Kandidat Bernhard Sander, dessen Name als Zweiter aus dem Los-Hut „gezaubert“ wurde. Sander betonte, dass die Vielfalt seiner Stadtteile Wuppertal attraktiv mache. Cronenberg habe seinen eigenen Charakter und auch dieser sollte gestärkt werden. Allerdings gab der Linke-Kandidat auch zu bedenken, dass die Stadt im Strukturwandel stecke und Bereiche entlang der Talachse Gefahr liefen, abgehängt zu werden. Zumal der Kämmerer kein Geld erfinden könne, seien die Mittel dort einzusetzen, wo sie dringend gebraucht würden – sprich also eher in den Problembezirken. Damit sich daran etwas ändern könnte, sprich zum Beispiel mehr Gelder für Cronenberg locker gemacht werden könnten, hält Sander eine Voraussetzung für notwendig: einen Altschuldenfonds zur Entlastung der Stadt-Finanzen.
Henrik Dahlmann (WfW/Freie Wähler)
Das dritte Los erwischte Henrik Dahlmann. Er stimmte zu, dass die intakten Außenbezirke mit ihrem großen bürgerschaftlichen Engagement stets „etwas vergessen“ würden. Daher habe seine Fraktion im Rat auch ihre Zustimmung zum Haushaltspaket an die Bereitstellung von Geldern für die neue Ortsmitte-Planung geknüpft, rief Dahlmann in Erinnerung. Die Außenbezirke dürften nicht aus dem Blick verloren werden, die Gelder dafür seien da – die Stadt müsse nur mehr Fördermittel einwerben. Auch zu der Cronenberger Forderung auf den Erhalt der Schule Berghauser Straße sagte Henrik Dahlmann: „Wir müssen gucken, dass wir solche Projekte in den Stadtteilen anpacken.“
Panagiotis Paschalis (Unabhängig)
Mit Panagiotis Paschalis stellte sich dann der frühere Stadt-Dezernent für Bürgerbeteiligung den Fragen von Stephan Ries. Paschalis bezeichnete Wuppertal als Stadt der Vielfalt, deren Mehrdimensionalität ihren Reichtum ausmache: „Man muss die Stärken stärken und die Schwächen reduzieren.“ Als Beigeordneter habe er „eine Reihe von Hemmnissen“ in Rat, Politik und Verwaltung festgestellt – aus seiner Unabhängigkeit heraus wolle er diese „Verkrustungen“ und „Intransparenzen“ aufbrechen und der Bürgerschaft in Form von neuen Beteiligungsmodellen mehr Gewicht geben: „Die kann manches besser“, so Paschalis.
Uwe Schneidewind (CDU/Grüne)
Der fünfte Loszieher erwischte Uwe Schneidewind. Dieser benannte Visionen als „politikzentral“. Zum Beispiel im Hinblick auf „die Visionen“ von Umgestaltungen in der Ortsmitte müsste den daran glaubenden Menschen der Eindruck vermittelt werden, „dass was geht“. Das was geht, glaubt Schneidewind offenbar auch im Hinblick auf Schwarz/Grün: Sowohl in der Bezirksvertretung wie im Rat habe man die Chance auf die „gestaltungsfähige Mehrheit“ – und das sei dann auch eine Chance für die Ortsmitte, so der OB-Kandidat von CDU/Grünen.
Den Eindruck, dass mit ihm alles „gehen“ könnte, wollte Schneidewind allerdings offenbar vermeiden: Man müsse vielmehr Schlüssel-Projekte benennen – die sollte man dann angehen und zum Beispiel nach Förderkulissen dafür suchen: „Sie müssen sagen, was Sie wollen, dann haben Sie mich als vollsten Unterstützer“, so Schneidewind.
Andreas Mucke (SPD)
Als letztes Los befand sich der Name dessen im Hut, der nach dem 13. September an seinem Schreibtisch im Rathaus Barmen weiterarbeiten möchte: Mit Oberbürgermeister Andreas Mucke stellte sich zum Schluss der Interview-Runde der Amtsinhaber den Fragen von Stephan Ries. Mucke räumte ein, dass er den Cronenberg-Frust „schon ein paar Mal abbekommen“ habe. Andreas Mucke betonte aber auch, dass er längst erkannt habe, dass es in den Außenbereichen „ganz viel Engagement“ gebe und man auch etwas für diese Stadtbezirke tun müsse.
Und das habe er auch: Die Denkmalbereichssatzung für Cronenberg sei „in der Mache“, 2,3 Millionen Euro für den Umzug der Freiwilligen Feuerwehr Cronenberg an die Berghauser Straße eingeplant und der coronabedingt verschobene Workshop zur Zukunft der Schule Berghauser Straße sei für den Herbst geplant. Man müsse verstärkt nach Förderkulissen schauen, damit auch in den Stadtteilen was geschehen könne – „dafür setze ich mich ein“, unterstrich Andreas Mucke.
Allerdings verwies der Amtsinhaber auch darauf, dass die Förderkulissen vielfach auf Problembereiche ausgerichtet seien: „Das muss man dem Land deutlich machen“, sagte Andreas Mucke vielleicht auch mit einem Seitenhieb an seinen FDP-Konkurrenten, den Landtagsabgeordneten Marcel Hafke: „Wir dürfen dabei auch nicht andere Stadtteile vergessen.“
Stephan Ries beendete die Runde mit der Prognose, dass die Oberbürgermeister-Wahl auf eine Stichwahl hinauslaufe. Wen er damit meinte, ließ Ries nicht verlauten, vielmehr wünschte er allen Kandidaten viel Erfolg… Eines scheint jedoch schon klar nach der Kandidaten-Runde: Glaubt man den Kandidaten-Aussagen, dürften die Cronenberger Anliegen in der nächsten Wahlperiode stärker Gehör im Barmer Rathaus finden – oder handelte es sich bei den Willensbekundungen doch (nur) um Wahlkampf…?
OB-Stichwahl?
Sollte am morgigen 13. September 2020 keiner der Oberbürgermeister-Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen können, käme es zu einer Stichwahl. Dabei würden am 27. September die beiden OB-Kandidaten gegeneinander antreten, welche morgen die höchsten Stimmenanteile erzielen können.