26.10.2020, 19.52 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Eine Bürgerbus-Fahrt: Ziemlich holprig, aber total harmonisch…!

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Fährt täglich mit dem Bürgerbus und manchmal sogar zwei Mal – es gibt schließlich immer was zu erledigen, findet Alfred Dase (re.), hier im Bild mit „Dörpi“-Fahrerin Ulla Abé. | Foto: Meinhard Koke

„Man fährt miteinander und man redet miteinander…“: Gemütlich-gesellige Eindrücke einer „Dörpi“-Runde über die Dörper Holper-Straßen vom Wilhelmring über die Ortsmitte bis nach Mittelsudberg – und wieder zurück!

Nicht nur eine Seefahrt ist bekanntlich lustig, auch eine Fahrt mit dem Bürgerbus Cronenberg garantiert für ein durchaus kurzweiliges Gemeinschaftserlebnis – auch in Corona-Zeiten und selbst auf Abstand und mit Maske. Und mit „Dörpi“ unterwegs zu sein, hat sogar was von einer Fahrt auf rauer See: Es schüttelt einen schon ganz schön durch auf einer Fahrt zwischen Wilhelmring und Mittelsudberg.

„Sie kann nichts dafür“, versichert die Dame, welche nach der Abfahrt in der Kemmannstraße in Kuchhausen zugestiegen ist: „Frau Abé fährt sehr gut“, attestiert die Kuchhauserin, welche namentlich unbedingt nicht genannt sein möchte. Denn: Nachdem sie in einem Bürgerbus-Bericht der WDR-Lokalzeit zu sehen war, „sprechen mich sowieso schon alle an“, begründet die „Dörpi“-Nutzerin, warum sie lieber anonym bleiben möchte. „Ich muss sagen: ,Die Straßen sind echt schlecht‘“, findet auch „Newcomerin“ Ursula Abé, welche seit wenigen Wochen auf dem Bürgerbus-„Bock“ sitzt (die CW berichtete).

Recht hat die Noch-Bürgermeisterin, sich für diesen CW-Bericht Notizen zu machen, das war während der Fahrt kaum möglich, so schüttelte die Fahrt die Bürgerbus-Fahrgäste durch. „Das ist aber noch gar nichts“, kündigte Herbert Quante an, der nach der Wilhelmring-Runde in der Ortsmitte eingestiegen war: „So, jetzt kommt die Stoßdämpfer-Prüfstrecke.“ Damit gemeint war die Straße Häusgesbusch – und Herbert Quante hatte recht: Auf der Holper-Straße drohte beinahe ein Schütteltrauma…!

„Können froh sein, den Bürgerbus zu haben…“

Trotzdem: Eine Bürgerbus-Fahrt ist alles andere als traumatisch! Auf dem Bürgerbus-Display laufen schöne Motive von Urlaubszielen sowie Tier- und Blumenbilder in der Endlosschleife, die von leiser Musik aus dem Radio untermalt werden, das Busfahrerin Ulla Abé eingeschaltet hat – das hat was von Reisebus. Von Ulla Abé indes ist volle Konzentration gefordert, um das eine oder andere Schlagloch zu „umsegeln“ oder nicht irgendwo „anzuecken“. Bei den Wendemanövern in der Friedensstraße und in Mittelsudberg oder auch in der vorderen Kemmannstraße ist viel Fingerspitzengefühl gefordert: „Also, wenn die Autos noch breiter werden, dann wird das hier richtig eng“ – wobei es das schon ist…

Noch-Bürgermeisterin Ulla Abé ist seit einigen Wochen ehrenamtliche Bürgerbus-Fahrerin. | Foto: Meinhard Koke

Noch-Bürgermeisterin Ulla Abé ist seit einigen Wochen ehrenamtliche Bürgerbus-Fahrerin. | Foto: Meinhard Koke

Im Bürgerbus geht’s familiär zu: „Guten Morgen – da sehen wir uns mal wieder“, freut sich die „Undercover“-Dame aus Kuchhausen beim Einstieg. Sie ist Stammgast: „Ich müsste sonst die weite Strecke laufen – das schaffe ich nicht mehr.“ Herbert Quante derweil hat zwar ein Auto, er fährt aber nicht mehr so gern damit. „Dörpi“ hält bei ihm direkt vor der Haustür – wie praktisch, da kann er seinen Pkw stehen lassen, wenn’s zum Einkauf in die Ortsmitte gehen soll: „Wir können froh sein, dass wir den Bürgerbus haben“, unterstreicht der 85-Jährige.

Bürgerbus-Fahren: „Wie ,Barmen live‘“, nur grüner…!

Dass er eine Runde über den Sudberg drehen muss, um zum heimischen Eich zu kommen, stört Herbert Quante nicht: „Die Riedelstraße würde ich ohne den Bürgerbus gar nicht kennen“, freut sich der Dörper über die „Sightseeing-Tour“ und zum Mittelsudberg merkt Herbert Quante schmunzelnd an: „Wenn wir hier rausgeworfen werden würden, wären wir verloren.“ Das Ende scheint für einen Augenblick auf der „Stoßdämpfer-Prüfstrecke“ Häusgesbusch nahe: Gegenverkehr auf der schmalen Straße – wie könnte das weitergehen? „Kapitänin“ Ulla Abé und ihr Gegenüber im Pkw rangieren – dann ist es geschafft: Eine Fahrt im Bürgerbus ist halt ein bisschen wie „Barmen live“, eben „mit alles“ – „nur grüner“, ergänzt Fahrgast Herbert Quante.

„Das ist echte Cronenberg-Atmosphäre hier drinnen…“

Und dann steht er da am Ausgang der „Prüfstrecke“: „Mein Alfred“, freut sich Herbert Quante, dass Alfred Dase zusteigt: Bis zum Eich können die beiden Stamm-Fahrgäste nun mal wieder miteinander quatschen: „Einmal City“, lautet der Fahrkarten-Wunsch des 80-Jährigen. „Ich fahr‘ jeden Tag Bürgerbus“, berichtet der unerschütterliche Schalke-Fan Dase, dass er sich täglich zu einer Kaffeetrinken-Runde ins Dorf kutschieren lässt: „Manchmal fahre ich sogar zweimal, damit es nicht zu langweilig wird – es gibt immer was zu erledigen.“

Am Eich dann muss Herbert Quante raus: „Tschö, gute Fahrt weiter“, verabschiedet er sich von Ulla Abé: „Alfred, pass‘ auf dich auf – man sieht sich“, grüßt er seinen Bürgerbus-Freund beim Aussteigen. Alfred Dase freut sich, dass „Dörpi“ nach dem Lockdown wieder fährt. Aber: „Ein paar fehlen“, weiß der Bürgerbus-Stammgast, der seit der ersten Stunde Fahrgast ist – „Corona spielt eine Rolle“. Dennoch: Eine Dörpi-Fahrt ist nach wie vor ein bisschen wie seine tägliche Kaffee-Runde in „Policks Heimat“: „Man fährt miteinander und man redet miteinander…“

Genau das gefällt auch Ulla Abé an ihrem neuen Ehrenamt: „Die Leute sind total nett und haben immer was zu erzählen – das ist echte Cronenberg-Atmosphäre hier“, fragt sich Abé vielleicht, warum sie nicht schon eher von Bürgermeisterin auf Bürgerbus-Fahrerin umgestiegen ist. „Mein Alfred“ Dase jedenfalls hätte das gut gefunden: „Sie fährt super“, bescheinigt er, „und sehr freundlich ist sie auch…“. Ja, eine Bürgerbus-Fahrt über Cronenbergs marode Straßen mag holprig sein. Rein menschlich aber ist eine „Dörpi“-Tour die wohl harmonischste Busfahrt der Welt – auch wenn man nicht von A nach B muss, zum Einsteigen wärmstens empfohlen…!

Sechser-Tickets & Infos

Sechser-Fahrkarten zum Preis von 9 Euro für den Bürgerbus Cronenberg gibt es unter anderem bei der CW. Wer sich ehrenamtlich für den Verein Dörper Bus e.V. engagieren möchte, ist stets herzlich willkommen. Mehr Infos gibt es online unter www.doerper-bus.de.