04.01.2022, 11.09 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Wissenswertes: Faszination lebt auch im Schwebebahn-„Ausland“

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In seiner Reihe „Wissenswertes begrüßte Initiator Prof. Dr. Martin Fleuß (li.) mit Michael Krietemeyer den Technik-Leiter der Wuppertaler Schwebebahn im Gemeindehaus Küllenhahn. | Foto: Meinhard Koke

In der Reihe der Evangelischen Gemeinde Küllenhahn war mit Michael Krietemeyer zuletzt der Technik-Chef von Wuppertals Wahrzeichen zu Gast.

Auch wenn sie nicht zum Küllenhahn fährt, oder gerade deswegen: Als es in der Reihe „Wissenswertes“ der Evangelischen Gemeinde Küllenhahn zuletzt um die Schwebebahn ging, zeigte sich der Gemeindesaal an der Nesselbergstraße (coronakonform) voll. Initiator Prof. Dr. Martin Fleuß hatte einen echten Experten zu dem Wuppertaler Wahrzeichen eingeladen: Michael Krietemeyer, den Leiter der Technik des weltbekannten Verkehrsmittels.

Der doppelte Diplom-Ingenieur stieß während der umfassenden Schwebebahn-Sanierung (1995-2014) zu den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) – dem Ruf, Technik-Leiter eines einzigartigen Verkehrsmittels zu werden, konnte Krietemeyer offenbar nicht widerstehen. Auch wenn seine bislang 15 Schwebebahn-Jahre – abgesehen von den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg – die vielleicht schwierigste Zeit in der 120-jährigen Geschichte der „Hochbahn“ waren, Krietemeyer hat seinen Wechsel nicht bereut.

Weise Entscheidung: Eine U-Bahn war zu teuer

Sein Job sei nicht nur sehr interessant, sondern habe in der Stadt auch einen besonderen Stellenwert: „Ich mach‘ das sehr gerne“, versicherte der gebürtige Dorstener, der heute dort lebt, wo die Schwebebahn Anfang der 1890er-Jahre von Eugen Langen konzipiert und getestet wurde: in Köln. Apropos: Dem Schwebebahn-Vater und den damaligen Stadtvätern zollte Krietemeyer seinen Respekt. Dass sie damals so mutig gewesen seien, das völlig neue Verkehrsmittel („ein tolles System“) zu bauen, bezeichnete der Doppel-Ingenieur als „beeindruckend“.

Grund waren – neben der Topographie und der Enge des Tals – auch die Kosten, eine U-Bahn war schlicht zu teuer. Eine weise Entscheidung, denn: Zwar kostete der Schwebebahn-Ausbau letztlich 512 Millionen Euro, zudem schlug die neue Fahrzeugflotte GTW 2014 mit 31 Schwebebahnen mit 122 Millionen Euro zu Buche. Wie Michael Krietemeyer auch berichtete, kosteten nur zwei neue U-Bahn-Kilometer mit zwei Stationen in Berlin „gigantische“ rund 500 Millionen Euro – Quintessenz für den obersten Schwebebahn-Techniker: „Die Gründerväter der Schwebebahn liegen noch immer richtig.“

Fahrerlos schweben nicht in Aussicht

Trotz der Pleiten, Pech und Pannen beim Umbau, der Probleme mit den Rädern („Es wird Prozesse geben“) oder auch den Stromschienen-Unglücken – die Faszination Schwebebahn lebt auch mit der neuen GTW-2014-Flotte („Ein schickes Fahrzeug, das seinen Design-Preis verdient hat“) weiter. Das unterstrichen nicht nur die weiteren Erläuterungen von Michael Krietemeyer, das bewiesen auch die Fragen der Zuhörer zum Abschluss. So wollte ein Besucher wissen, ob die Schwebebahn wohl irgendwann autonom durchs Tal fahren würde. Grundsätzlich möglich, ließ Experte Krietemeyer dazu wissen, allerdings wären dazu ein Neubau der ohnehin schon mit Technik vollgepackten Fahrzeuge sowie ein aufwändiger Umbau der Haltestellen und damit Investitionen im zweistelligen Millionenbereich notwendig – das Berufsbild Schwebebahnfahrer scheint also vorerst Bestand zu haben.

Ebenso wäre es technisch möglich, einen Schwebebahn-Abzweig auf die Dörper Südhöhe zu bauen. Wie bei der Seilbahn wäre das aber nicht durchsetzbar, befand Michael Krietemeyer: „Neubau geht heute so gut wie gar nicht – dafür verschwendet sich ein komplettes Arbeitsleben.“ Also geht’s weiter mit der Bimmel-Bummelbahn zum Küllenhahn…!