09.02.2022, 12.00 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Amadea, ahoi! Eckehard Fröhmelt kreuzt als „Traumschiff“-Pfarrer

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Altpfarrer Eckehard Fröhmelt auf „Traumschiff“-Kreuzfahrt mit den Schauspielerinnen Jutta Speidel und Barbara Wussow (re.). Der Schnappschuss entstand übrigens in der Vor-Corona-Zeit…| Foto: privat

Barbara Wussow und Jutta Speidel stehen sich in schmucken Schiffsuniformen gegenüber: „Klappe, Achtung!“, ruft eine Stimme im Hintergrund – wie in einem Film. Aber es ist ja auch ein Film, der da gerade gedreht wird – eine weitere Folge des ZDF-Klassikers „Traumschiff“. Mehrmals musste die Szene wiederholt werden, bis sie im „Kasten“ war – „so toll ist das nicht unbedingt mit der Schauspielerei“, befindet Pfarrer i.R. Eckehard Fröhmelt: mühsame Kleinarbeit, Wiederholen von Filmszenen, bis sie endlich „im Kasten“ sind.

Eckehard Fröhmelt war zuletzt 19 Jahre lang Pfarrer am Dönberg. Seither ist Fröhmelt nicht nur auf die Südhöhe umgezogen und inzwischen zum Co-Autor der CW-Reihe „Wort zum Sonntag“ geworden. Der Seelsorger ist im Auftrag Gottes auch auf hoher See unterwegs: Als Bordpastor „schippert“ Eckehard Fröhmelt über die Weltmeere und so erlebte er Ende 2019 auch eine Woche lang die Dreharbeiten mit, als das ZDF-Traumschiff „AMADEA“ von Nizza nach Triest durch das westliche Mittelmeer und die Adria kreuzte. Mit Barbara Wussow kam der Wuppertaler Bordpastor dabei zum Ende der Reise ins Gespräch, als die AMADEA gerade Venedig passierte.

Bewegendes Gespräch mit Barbara Wussow

Es war kein Mensch auf dem Markusplatz zu sehen, erinnert sich Eckehard Fröhmelt, als die bekannte Schauspielerin, welche die „Traumschiff“-Direktorin Hanna Liebhold mimt, ihm von einer bewegenden Traumbegegnung mit ihrer verstorbenen Mutter berichtete. Dieser Traum habe ihr das sichere Gefühl vermittelt, „dass es ein Wiedersehen gibt“, erzählt der Bordpastor: „Wegen ihrer natürlichen Freundlichkeit war Barbara Wussow unter den Bordgästen sehr beliebt“ – zum Abschied überreichte er ihr ein Fingerkreuz.

Seit nunmehr zehn Jahren geht Eckehard Fröhmelt im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an Bord von Kreuzfahrtschiffen. Ende November war er wieder mal mit der AMADEA unterwegs: „Kleine Ostseetour, kein Filmteam, also mehr Ruhe an Bord und weniger Ausflüge, aber mehr Gesprächsbereitschaft“, blickt der Altpfarrer zurück. „Die Hauptaufgabe eines Bordseelsorgers besteht im Halten von Sonntags-Gottesdiensten, Andachten unter der Woche, manchmal auch Vorträgen und Gruppengesprächen“, erklärt Fröhmelt seine (auf den ersten Blick) „traumhafte“ Aufgabe.

Corona-Lockdown: 14 Gottesdienste statt Landgänge

Gesprächsbereitschaft war zum Beispiel ganz besonders gefragt, als die MS Albatros bereits nach zwei Tagen ihre Reise wegen Corona abbrechen musste. Statt Bali, Indonesien, Indien, Arabien hieß es vier Wochen lang: von Bali bis Bremerhaven – Schotten dicht und volles Unterhaltungsprogramm für 600 Gäste. Da musste auch Fröhmelt täglich ran: Statt vier hielt er 14 Gottesdienste sowie zehn Vorträge mit Gesprächsrunden. Es traf sich also, dass Fröhmelt immer unterhaltsame Vorträge „im Seesack“ dabei hat – neben seinem Talar und einer Ökumene-Stola.

„Für viele Passagiere ist der Bordpastor eine willkommene Gelegenheit, niedrigschwellig mit einem Geistlichen ins Gespräch zu kommen“, berichtet Eckehard Fröhmelt, dass er aber auch das Gespräch zur Crew sucht – meist auf Englisch. Ergebnis: „Nach acht Tagen ist der Bordpfarrer bekannt wie ein bunter Hund.“ Ältere Paare erbitten von ihm auch schon einmal eine Goldhochzeit, Silberpaare möchten ihr Trauversprechen erneuen; wenn der Kapitän dabei sein soll, muss das Paar ein „Honorar“ an den Schiffseigner entrichten – Eckehard Fröhmelt indes arbeitet für den Gotteslohn, hat aber Kost und Logis frei.

Am Abend Elvis & Stones, am Morgen Choräle

„Dafür muss er auch bereit sein, einen englischsprachigen Gottesdienst für die Mannschaft anzubieten und Landausflüge zu begleiten“, erklärt der Seelsorger, wobei: „Das bringt manchen zusätzlichen Besucher in die Gottesdienste.“ Damit aber nicht genug: Als einstiger Rocksänger intoniert Fröhmelt auch stets gerne mit der Bordband am Abend Hits der 1960er-Jahre auf einer Bord-Bühne. Elvis, die Rolling Stones oder die Beatles mag der singende Kreuzfahrt-Seelsorger sehr. Am nächsten Morgen, bei der Andacht klingt die Fröhmelt-„Playlist“ dann etwas anders: „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud“ oder „Befiehl du deine Wege“ von Liederdichter Paul Gerhard stimmt er dann an: „Gott achtet uns, wenn wir arbeiten, aber er liebt uns, wenn wir singen“, betont der Altpfarrer, dass die musikalischen Kontraste für ihn kein Widerspruch sind.

Und worum drehen sich die Gespräche mit den Gästen an Bord? Um „Freud und Leid im Leben, wie bei jedem von uns“, beschreibt es der Bordpastor: Jeder Passagier bringe seinen unsichtbaren Rucksack gelebten Lebens mit an Bord, „und dieser Rucksack ist häufig sehr schwer und zieht nach unten“, weiß Fröhmelt, dass er auf den Schiffen Menschen kennenlernt, denen man in der Kirche längst nicht mehr begegnen könne. So den Bauunternehmer, für den nur „die Kohle“ zählt, oder den überzeugten Atheisten, der es witzig findet, „ausgerechnet mit einem Geistlichen ins Gespräch zu kommen“. „Für mich zählt nur der Mensch“, sagt Fröhmelt dazu: Vorurteile, Vorbehalte, Schubladendenken seien der Tod einer jeden menschlichen Beziehung.

„Kreuzfahrtschiffe müssen kleiner werden“

Und was hat für den Weltenbummler-Pastor bislang zum Spannendsten an Bord gehört? „Die Heiligabendgottesdienste vor mehreren hundert Menschen“, antwortet Eckehard Fröhmelt: „Und ein Karfreitagsgottesdienst, zu dem so viele Menschen strömten, dass man in den großen Showroom wechseln musste.“ Wie steht Fröhmelt zu der Diskussion um Kreuzfahrtschiffe als „CO2-Dreckschleudern“? „Oh, ja“, kommt Fröhmelt da in Fahrt: Da müsse sich viel tun, aber es geschähe auch schon was: Die Umrüstung auf saubere Motoren habe begonnen, Kreuzfahrtschiffe sollten zudem kleiner werden, die Riesen seien nicht mehr tragbar.

Fröhmelt-Sehnsucht Südsee

Faszinierend findet Fröhmelt, immer wieder neue Menschen kennenzulernen; für die intensiven seelsorgerischen Gespräche, die vom Leben handeln, wie es wirklich ist, zeigt sich der Bordpastor am meisten dankbar. Gibt es einen Ort auf der Welt, zu dem er noch gerne in See stechen möchte? „In die Südsee“, antwortet Eckehard Fröhmelt: Weil er schon immer mal dahin wollte – eben Sehnsucht. Aber, was ist für ihn Sehnsucht? „Sie ist immer mehr“, sinniert der Seelsorger: „Es ist, wie hinter den Horizont blicken“ – also wohl so ähnlich wie eine Kreuzfahrt in die Südsee…!