23.01.2023, 19.35 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

MdB Hardt im „Portrait“: Von Kaiser-Pannenhilfe bis Putin-Pläne

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CDU-Politiker Jürgen Hardt, seit 13 Jahren Mitglied des Bundestags, war bei Prof. Martin Probach (li.) und Martin Fleuß (re.) im Rahmen der Reihe „Portrait“ nicht in der Zange, aber stand im Mittelpunkt. | Foto: Meinhard Koke

Zum Jahresfinale 2022 gab die Reihe „Portrait“ noch einmal alles: Der Abend mit dem Bundestagsabgeordneten Jürgen Hardt (CDU) ging im evangelischen Gemeindehaus Küllenhahn in die Verlängerung. Zwar nicht so lange wie ein Donnerstagabend in einer Bundestags-Sitzungswoche. Der, so berichtete der Christdemokrat, kann gerne einmal bis nach Mitternacht dauern, wenn die AfD (laut Hardt als „Retourkutsche“ über den nach wie vor verweigerten Bundestags-Vize-Posten) mal wieder für 23.30 Uhr zur namentlichen Abstimmung bittet. Im Vergleich dazu „früh“ gegen 21 Uhr verabschiedeten Martin Probach und Prof. Martin Fleuß ihren Polit-Gast von der Nesselbergstraße – eine halbe Stunde später als üblich…! Für die „Nachspielzeit“ hatten auch die Zuhörer gesorgt. Als die Gastgeber Fleuß/Probach die „Bahn frei“ für Fragen gaben, machten sie eifrig Gebrauch: Mit dem Außenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion hatte man schließlich einen profunden Kenner zu Themen wie Ukraine-Krieg, Trump oder auch China als Ansprechpartner.

Nicht Bundespolitik, sondern Bäcker war der Berufswunsch

Eingangs des „Portrait“-Abends wurde deutlich, dass sich Jürgen Hardt derart späte Termine, erst recht gegen Mitternacht, nicht hätte erlauben können, wenn sein ursprünglicher Berufswunsch wahr geworden wäre: Ein (früh aufstehender) Bäcker/Konditor wollte Hardt zunächst werden – zumal die Vorfahren recht erfolgreich waren: Sie belieferten auch das kurfürstliche Schloss Wilhelmshöhe, bis 1918 auch eine Sommerresidenz der Kaiser-Familie – bei einem Unfall auf dem Weg auf die Kasseler Höhe habe es sogar einmal höchstkaiserliche Pannenhilfe gegeben, plauderte Jürgen Hardt aus der Familiengeschichte. Nicht weil er kein Frühaufsteher ist, vielmehr weil es mit dem Abi bestens klappte, ging Hardt nicht in die Backstube, sondern stieg ins Boot – und zwar bei der Marine. Schließlich war er ein ziemlich erfolgreicher Segler: In der olympischen Tornadoklasse segelte der Hesse in den 1980er-Jahren immerhin zur WM. Bei der Marine schaffte es Hardt bis zum Offizier und heutigen Oberleutnant zur See der Reserve, zu gerne wäre Jürgen Hardt auch „untergetaucht“: Ein Taucherunfall (Lungenriss) machte seinem Ziel „U-Boot-Kommandant“ 1985 einen Strich durch die Rechnung.

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Hardt ging von Bord zur Uni und absolvierte ein Studium der Volkswirtschaftslehre. Währenddessen drehte der Wind dann scharf in Richtung Politik: Denn Hardt, seit der Jugend in der Jungen Union, wurde Bundesvorsitzender der CDU-Studentenvereingung RCDS – und erhielt prompt eine Einladung des damaligen CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzers Helmut Kohl: Im Konrad-Adenauer-Haus, so blickte Jürgen Hardt zurück, saßen damalige CDU-Granden wie Schäuble, Stoltenberg oder Geissler in der Runde – Ergebnis: „Die Politik hat mich angefixt“ – einen konkreten Plan habe er jedoch noch nicht gehabt. Das ergab sich dann aber: Nachdem er ab 1992 in der CDU-Bundesgeschäftsstelle tätig war, machte ihn der damalige Wuppertaler CDU-Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Peter Hintze zu seinem Büroleiter: „Er war mein großes Vorbild“, blickte Hardt auf den verstorbenen Staatssekretär zurück.

2001 dann „lotste“ Vorwerk-Gesellschafter Jörg Mittelsten-Scheidt ihn nach Wuppertal: Hardt übernahm die Unternehmenskommunikation des Haushaltsgeräte-Herstellers. Nachdem die Cronenbergerin Ursula Lietz im Jahre 2005 nicht wieder für den Bundestag kandidierte und der Wahlkreis an die SPD verloren war, ging Jürgen Hardt bei der Wahl 2009 ins Rennen – und gewann: Bis zur Wahl 2017 verteidigte Hardt den Wahlkreis für die CDU, erst bei der Wahl 2021 unterlag er – zog aber über die Liste ein viertes Mal in den Bundestag ein. Ob seiner Funktionen zunächst als Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit und aktuell als CDU/CSU-„Außenminister“ besitzt Hardt eine fundierte außenpolitische Expertise, welche an dem „Portrait“-Abend interessiert abgefragt wurde. So wusste Jürgen Hardt von Gesprächen unter anderem im Weißen Haus vier Wochen nach Amtsantritt von Donald Trump zu berichten. Dabei habe die Trump-Administration ein US-Handelsabkommen mit Deutschland angefragt – Jürgen Hardts Eindruck: Bei den Trump-Getreuen habe eine „krasse Unkenntnis“ geherrscht, welche Beamte im Statedepartement „ausgebügelt“ hätten: „Diese Leute waren ein halbes Jahr später nicht mehr da.“

Scholz-Zurückhaltung: „Das nehme ich ihm persönlich übel“

An Bundeskanzler Scholz übte Hardt deutliche Kritik: Dass dieser so zurückhaltend bei Panzer-Lieferungen an die Ukraine sei, „nehme ich ihm persönlich übel“, sagte der CDU-Außenpolitiker: „Das ist ein schwerer Fehler – wir könnten deutlich mehr tun.“ Für Außenministerin Annalena Baerbock gab es indes Zustimmung, der Grünen-Politikerin bescheinigte Hardt einen ungleich „klareren Kurs“. Hardt-Kritik gab’s indes auch für Verteidigungsministerin Lambrecht: Ihr Rücktritt müsse verstärkt gefordert werden – das hat sich in der vergangenen Woche erledigt…!

Ukraine-Krieg: „Dann stünde Putin irgendwann vor Berlin“

Auf die Zuhörer-Bemerkung, dass man Putin doch seine Ukraine-Eroberungen lassen solle, wurde Jürgen Hardt energisch: „Es geht Putin nicht um die Krim“, stellte er klar – wenn man dem Autokraten das geben würde, was er wolle, wäre keine Ruhe: Dann wären Georgien, Moldau, das Baltikum dran, eine Landbrücke nach Kaliningrad ein weiteres Putin-Ziel, kurzum: „Dann stünde er irgendwann vor Berlin“, zeigte sich der CDU-Außenexperte überzeugt. Dass auch er Putin zu blauäugig eingeschätzt habe, davon wollte Jürgen Hardt nichts wissen: Die CDU/CSU-Fraktion habe bereits 2015 mehr Energie-Diversifikation oder auch eine Abkehr von Nordstream II gefordert, das sei jedoch mit dem GroKo-Partner SPD nicht zu machen gewesen, verwies Jürgen Hardt auf einen Beschluss der CDU/CSU-Fraktion vom November 2016: „Wir waren schon differenzierter, hatten aber nicht die Kraft, uns durchzusetzen…“ Apropos: Damit der „Portrait“- Abend nicht sogar ins „Elfmeterschießen“ ging, setzten sich Martin Fleuß und Martin Probach durch und schlossen die Veranstaltung – Jürgen Hardt sollte ja schließlich vom Küllenhahn nicht so spät zurückkehren wie von einer von der AfD beantragten namentlichen Nacht-Abstimmung im Bundestag…!

„Portrait“: Nächster Abend am 3. Februar mit Knipex-Chef Ralf Putsch

Zum nächsten Abend in der Reihe „Potrait“ kommt am 3. Februar 2023 Ralf Putsch ins Gemeindehaus Küllenhahn. Der Unternehmer ist Geschäftsführender Gesellschafter des Cronenberger Familienunternehmens Knipex, das erst im vergangenen Jahr sein 140-jähriges Bestehen feierte und Weltmarktführer bei Qualitätszangen ist. Der Chef des mit rund 1.300 Mitarbeitern größten Cronenberger Arbeitgebers wird sich ab 19.30 Uhr den Fragen von Martin Probach und Martin Fleuß stellen. Der Eintritt zu dem Abend an der an der Nesselbergstraße 12 ist frei.