29.06.2023, 13.40 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

TiC-Theater: „Nein zum Geld“ ist „Ja“ zu einem spaßigen Abend

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Den einen lassen 162 Lotto-Millionen scheinbar kalt, die anderen lassen es „krachen“: Kerstin Trant (re.), Beate Rüter (2.v.l.) sowie Sebastian Freund (li.) und Lotto-Multimillionär Carsten Müller kommen in der französischen Komödie „Nein zum Geld“ auf Höchsttouren…! | Foto: Martin Mazur

„Money, money, money“, schallt es aus dem Off im TiC-Theater, den legendären ABBA-Hit hat Regisseur Ralf Budde zur Musik der neuesten TiC-Komödie erwählt: „Nein zum Geld“ aus der Feder von Flavia Coste feierte Premiere an der Borner Straße, und der TiC-„Soundtrack“ trifft den berühmten Nagel auf den Kopf. „I work all night, I work all day to pay the bills I have to pay – Ain’t it sad?“, sang das schwedische Kult-Quartett 1976 – ähnlich geht es Claire Carré: Ihr Mann Richard ist Architekt, und zwar einer der visionären Art, der etwa Altenheime als Pfahlbauten entwirft – der Klimawandel steht ja vor dem Besucher-Eingang…! Nur die Auftraggeber erkennen weniger, dass Richard Vorreiter ist – sein Büro geht zu oft leer aus.

Etienne, ebenso Geschäftspartner wie bester Freund, muss sich verschulden, um die Firma vor der Pleite zu bewahren. Ganz andere Probleme hat Richards Mama: Rose ist eine lustige Witwe. In ihren strapsartigen Nylons macht sie eine gute Figur, allerdings: Die Suche nach einem „Match“ gestaltet sich schwierig…! Klappt’s mit dem Daten oder dem Auftrag, wie läuft’s mit dem Baby, das Claire und Richard gerade bekommen haben – das sind die Themen, die auf den Tisch kommen sollen, als das Ehepaar Carré die Mutter und den besten Freund zum Abendessen zu Gast haben. Claire hat einen Braten im Ofen, aber Richard serviert eine Überraschung: „Ich möchte euch etwas mitteilen – öffnet euch mental“, bittet er seine Liebsten.

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Die rätseln: Hat er eine andere, jemanden überfahren oder plant er eine Geschlechtsumwandlung? Nichts davon, Richard hat im Lotto gewonnen – sage und schreibe 162 Millionen Euro. „Das ist ja der Wahnsinn“, jubiliert die Abendessenrunde, und singt und tanzt zu „Money, money, money“… Die ABBA-Töne bleiben ihnen im Halse stecken, als Richard eröffnet: „Ich habe abgelehnt“ – er habe ja alles, „ich habe euch, dafür möchte ich euch danken“ – Geld mache nur unglücklich. „Hast du einen an der Waffel“, entfährt es der Mutter: „Bist du irre oder Kommunist“, rätselt sie. Richard erklärt, dass er auf die Millionen verzichte, weil er sie liebe – „davon kann ich mir nichts kaufen“, zeigt sich „Maman“ wenig geliebt.

Geldgier lässt Dämme von Familie & Freundschaft brechen

Während der Braten im Ofen verbrennt, kommt anderes auf den Tisch: Wollte Rose einst nicht lieber die kleine Nachbarin als Schwiegertochter; sind Claires Braten nicht stets misslungen; wer wollte im Urlaub immer in die Berge statt ans Meer; sind Richards Entwürfe visionär oder Fantastereien; Ehefrau Claire oder Mutter Rose, wer hat ihn nur so verkorkst und: Ist Etienne nicht schwul, so wie er sich kleidet und beim Gehen schwingt…? Dass der Spross nebenan via Babyphon schreit, wird ebenso zur Nebensache wie der Braten, und auch die Bande von Familie und Freundschaft. Wie man es aus „Der Gott des Gemetzels“ oder nicht zuletzt dem TiC-Renner 2022 „Die Niere“ kennt, ist es auch in Flavia Costes Komödie: Sie zeichnet ein Sittengemälde, mit jedem Pinselstrich werden sicher geglaubte Konstanten des Miteinanders brutal übermalt – die Gier nach dem Geld lässt Dämme brechen…!

Die Gesellschaftskritik kommt im TiC mit ordentlich Tempo und teils auch derbem Sprachwitz daher. Wie viele Lacher während der Premiere oder auch der kräftig-anhaltende Schlussapplaus verrieten, hatte das Publikum seinen Spaß. Wie ein Nummerngirl während eines Boxkampfes lässt Ralf Budde seinen Helden Richard die einzelnen Akte, oder besser Eskalationsstufen, des Kammerspiels per Schild ankündigen – ebenso ein Kunstgriff des TiC-Regisseurs wie auch eine Slow-Motion-Szene rund um den 162-Millionen-Schein… – gelungen, Herr Budde! Kompliment auch ans Ensemble: Kerstin Trant als genervte Ehefrau Claire, Beate Rüter als „männermordender“ Schwiegermutter-Vamp Rose und Sebastian Freund als Etienne, dem es bei aller Liebe für Altrosa zu bunt wird… – wenn „Nein zum Geld“ ein Sittengemälde ist, dann verkörpern diese drei Protagonisten kompositorische Farb-Volltreffer.

Karten für den „Komödien-Sechser“ im TiC-Theater

i-Tüpfelchen des Budde-Gemäldes ist Carsten Müller! Man nimmt es ihm ab, dass er Altenheime auf Pfählen plant, dass Glück ihm wichtiger ist als Geld, dass er auf 162 Millionen Euro verzichten würde – Carsten Müller ist in der Rolle des Richard wie ein Sechser im Lotto. Und zwar einer, der „on top“ für ein Finale furioso gut ist, das man ihm so nicht zugetraut hätte, oder doch?! Wer nicht „Nein“ sagen möchte, erhält Lotto-Scheine beziehungsweise Karten für die neue TiC-Komödie unter Telefon (0202) 47 22 11, im TiC-Büro an der Hauptstraße 3 und online unter tic-theater.de.