03.07.2023, 19.26 Uhr | Redaktion | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Quinton Ceasar: Shitstorm gegen ehemaligen Cronenberg-Pfarrer
Vor ziemlich genau zwei Jahren, im Juli 2021, verabschiedete sich Quinton Ceasar (die CW berichtete): Nach dreieinhalb Jahren Tätigkeit in Evangelisch-Cronenberg wechselte Ceasar auf eine Pfarrstelle im ostfriesischen Wiesmoor und im dortigen Kirchenkreis. „Wir müssen Flagge zeigen“, sagte der Geistliche bei seinem Abschiedsgottesdienst auf dem Kirchplatz im Schatten der Reformierten Kirche: „Gott schuf uns füreinander.“ Nun zeigte Ceasar Flagge und geriet damit bundesweit in die Schlagzeilen: Nach seiner Abschlusspredigt beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg stattfand, schlug Ceasar eine Welle von Hass-Kommentaren entgegen.
Hass-Kommentare: Gemeinde-Webseite offline gestellt
„Gott ist immer auf der Seite derer, die am Rand stehen, die nicht gesehen oder nicht benannt werden“, hatte Quinton Ceasar beim Kirchentags-Schlussgottesdienst vor 18.000 Menschen auf dem Nürnberger Hauptmarkt gesagt: „Und wenn Gott da ist, dann ist da auch unser Platz.“ Das interessierte aber offenbar die Wenigsten, der bundesweite Shitstorm entzündete sich vielmehr an einem Satz: „Gott ist queer“, hatte Quinton Ceasar auch gesagt – Ankündigungen von Kirchen-Austritten waren im Anschluss das Harmloseste, vor allem prasselten hasserfüllte Reaktionen auf den ehemaligen Cronenberger Pfarrer hernieder: Ceasar wurde als „Teufel in schwarz“ oder als „Diener Satans“ beleidigt – die Ceasar-Gemeinde in Wiesmoor nahm ihre Webseite wegen der Hass-Kommentare vom Netz.
Solidarität von Kirchentag und Landeskirche
Die Kirchentags-Leitung und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) stellten sich hinter den aus Südafrika stammenden Geistlichen: „Wir verurteilen den Hass und die persönlichen Angriffe“, stellten Kirchentagspräsident Thomas de Maizière und Generalsekretärin Kristin Jahn klar: „Angriffe auf jene, die berechtigt Rassismus und Diskriminierung in der Kirche anprangern, entbehren jeder Form von Anstand und Streitkultur, sie sind zutiefst unchristlich.“ „Wurde die Predigt überhaupt gehört und verstanden?“, lautete derweil die Frage, die via Deutschlandfunk aufgeworfen wurde: „Ich meine nein und das ist der eigentliche Skandal“, lautete die Antwort des Kommentators. Ähnlich sieht es auch ein Journalist, den das Internetportal katholisch.de zitiert: Die meisten Kritiker hätten vermutlich nur den einen (umstrittenen) Satz gehört oder gelesen, glaubt der Autor und stellt fest, es lohne sich, die ganze Ceasar-Predigt zu lesen, denn: Der Pfarrer habe den Zuhörern den Spiegel vorgehalten.
Landeskirche: „Streiten, ja – Hass geht gar nicht“
Laut „Domradio“ verteidigte der ehemalige Cronenberg-Pfarrer seine Predigt: Kirche habe eine Stimme, es sei gut, „dass Kirche auch laut wird“, sagte Ceasar laut des Kölner Erzbistum-Senders: „Ich denke, dass kein Teil in meiner Predigt nicht einladend ist.“ Mit seinem Satz „Gott ist queer“ habe er vor allem auch die Menschen ins Boot holen wollen, die sich nicht so benannt und/oder gesehen fühlten. Er habe sich gedacht, dass er mit seiner Predigt anecken würde, sagte Quinton Ceasar dem NDR – der Hass in den sozialen Medien habe ihn jedoch erschreckt. Dennoch: Er würde die Predigt nicht nur „genauso halten“, sondern sogar noch einige Dinge hinzufügen, unterstrich Ceasar gegenüber dem NDR.
Solidarität erntete Quinton Ceasar auch von seiner Landeskirche: Über Inhalte könne man streiten – dies sei erwünscht und wertvoll, kritisierte mit Ralph Charbonnier der Vizepräsident des Landeskirchenamtes den Shitstorm. Aber: „Hass geht gar nicht. Hass verhindert freie Meinungsäußerung, auch von der Kanzel“, verurteilte Charbonnier die Hetze gegen Pfarrer Ceasar.