10.07.2023, 19.57 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Anzeige: Dörper Kult-Eismann „Salva“ Morreale soll „still“ sein

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„Hurra, ,Salva‘ kommt!“, heißt es nicht überall – im Dörper Süden führte die „Lili Marleen“-Melodie des Kult-Eismanns zu einer Anzeige bei der Stadt. | Foto: Meinhard Koke

„Ich möchte doch nur in Frieden weitermachen“, sagt Salvatore „Salva“ Morreale: „Der Salva möchte keinen stören.“ Wa- rum der beliebte Eismann, der es mit seinen roten Eis-Flitzern in den vergangenen 45 Jahren zu Kultstatus gebracht hat und der weit über Wuppertal hinaus für Firmen-Events, Hochzeiten, Feste & Co. bis ins Emsland oder an den Rhein gebucht wird, das sagt? Er sei angezeigt worden, berichtet der 74-Jährige Inhaber der Eis-Manufaktur „Eis Meran“. Ein Anwohner im Bereich Berg- hausen/Rottsiepen störe sich an seiner Erkennungsmelodie und habe deshalb das Ordnungsamt eingeschaltet – Konsequenz: Das städtische Amt sei zwar sehr verständnisvoll, unterstreicht der Dörper Eismann, aber ohne seine „Lili Marleen“-Melodie könne er nicht arbeiten: „Ich möchte die Leute nicht ärgern“, betont Salvatore Morreale: „Ohne mein Lied hören die Leute mich doch aber nicht und kommen nicht…“

Vor 20 Jahren: Empörung wegen Anwohner-Anzeige

Moment mal, war da nicht mal was? Richtig, etwa 20 Jahre ist es her, dass eine Anwohnerin am Küllenhahn „Salva“ Morreale an- zeigte. Nach dem CW-Bericht dazu ging ein Aufschrei durch Wuppertal, kleine und große Eis-Fans solidarisierten sich mit „Salva“ – Ergebnis: Die damalige Landtagsabgeordnete Jutta Appelt vermittelte eine Lösung – die betreffende Anwohnerin zog später weg…!

„Wir möchten weiterhin gerne ein Eis bekommen…“

Auch diesmal ist die Empörung groß: „Ich finde es unverständlich, dass jemanden eine Drei-Sekunden Glocke stören kann und das dann noch dem Ordnungsamt zu melden“, kritisiert Anwohner Christian Hasenbach-Cornelius die Anzeige des unbekannten Nachbarn. Habe der oder die Beschwerdeführer/in denn auch einen Schrott-Sammelwagen beim Ordnungsamt gemeldet, fragt sich der CW-Leser und hofft für sich und viele andere im Dörper Süden auf eine Lösung: „Die Anwohner würden weiterhin gerne ein Eis bekommen“, so Christian Hasenbach-Cornelius.

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Bürgermeisterin Scherff: „Ist das ein Scherz…?“

„Das ist ein Scherz, oder?“, kann Bezirksbürgermeisterin Miriam Scherff (SPD) die Anzeige kaum glauben: „Der spielt die Melodie vielleicht fünf Sekunden“, versteht Scherff, die übrigens wenige Meter von der „Eis Meran“-Zentrale wohnt, „den Aufruhr“ nicht: „Wenn meine Tochter die Melodie hört, ruft sie begeistert: ,Salva kommt, Salva kommt – Eis holen, Mama!‘“, schüttelt die Cronenberg-Bürgermeisterin ungläubig den Kopf: „Salva hat hier abends seine letzte Station und kommt meist zwischen 20 und 21 Uhr“, berichtet Miriam Scherff: „Hier warten alle auf die Melodie.“

Spiecker/Neumann: „Das ist doch ein Stück Lebenskultur…“

„Das ist doch ein Stück Kultur“, zeigt sich auch der Wuppertaler Bürgermeister und CDU-Ratsherr Rainer Spiecker (CDU), in dessen Wahlkreis Cronenberg-Nord „Eis Meran“ ansässig ist, überrascht, dass „Salva“ Morreale seine Erkennungsmelodie nicht mehr spielen solle: „Bei uns in der Straße freuen sich die Leute, wenn der Eiswagen kommt“, wundert sich Spiecker, der auch der Vorsitzende des zuständigen Ratsausschusses für Ordnung (OSS) ist: „Wenn wir sonst keine anderen Sorgen haben…“ Ganz ähnlich äußert sich der Cronenberger SPD-Landtagsabgeordnete Josef Neumann: „Eiswagen und Eisdielen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Lebenskultur“, sagt Neumann zur CW: „Alle Kinder und Erwachsenen freuen sich doch sehr, wenn die Musik aus dem Eiswagen kommt – dann wissen alle, der Eiswagen ist gleich da“, versprach Neumann – ebenso wie Miriam Scherff und Rainer Spiecker –, die Stadt zu dem möglichen „Lili Marleen“-Verbot anzusprechen.

Auch wenn es nicht vom Cronenberger Kulteismann Salvatore Morreale ist: Ein leckeres Eishörnchen ist für den Cronenberger Landtagsabgeordneten Josef Neumann ein Stück Lebenskultur – offenbar gerne auch während einer Polit-Pause vor dem Düsseldorfer Landtag… | Foto: privat

Auch wenn es nicht vom Cronenberger Kulteismann Salvatore Morreale ist: Ein leckeres Eishörnchen ist für den Cronenberger Landtagsabgeordneten Josef Neumann ein Stück Lebenskultur – offenbar gerne auch während einer Polit-Pause vor dem Düsseldorfer Landtag… | Foto: privat

Presseamt: „Es wird keine Untersagung ausgesprochen…“

Offenbar mit Erfolg: Auf CW-Anfrage stellt das Presseamt der Stadt klar: „Nach den Erfahrungen unserer Gewerbemeldestelle kommt es hier nur in äußerst seltenen Fällen zu Beschwerden“, erläutert Presseamts-Leiterin Martina Eckermann, um klarzustellen: „Eine Untersagung, bestimmte Gebiete anzufahren, wird nicht ausgesprochen.“

Ratsherr Reich: „Da werden Kindheitserinnerungen wach…“

Und auch Bürgermeister Spiecker gibt Entwarnung: „Salva“ Morreale dürfe seine Melodie weiter spielen, habe ihm Ordnungsdezernent Matthias Nocke versichert: „Ich gehe davon aus, dass das Thema damit vom Tisch ist“, so Spiecker. Cronenbergs CDU-Chef Holger Reich ergänzt: „Ich freue mich mit den Nachbarn über diesen Service“, wecken die Eisflitzer- Fahrten bei Reich doch auch Erinnerungen an die Kindheit: „Nie wieder war das Eis so lecker wie damals als Kind“, wünscht der CDU-Ratsherr allen Cronenbergern einen weiterhin schönen Sommer und „immer ein gutes Eis in der Nähe“.

„Salva Morreale: „Nicht nur Arbeit, das ist mein Leben…“

Cronenbergs Kult-Eismann würde das sehr freuen. Zumal der Eis-Frühling bis Mai äußerst schlecht war, müsse er schließlich aktuell das Geld verdienen, um über den Winter kommen zu können: „Da denken viele nicht dran“, betont der 74-Jährige, um ebenso zu unterstreichen: „Ich mache das, weil es mir Spaß macht – diese Arbeit ist mein Leben.“ Und das ist auch so, weil er von seinen kleinen und großen Kunden so viel Zuneigung erhalte: „Hurra, der Frühling ist da“ – diesen Satz höre er seit fast 50 Jahren immer wieder, wenn er erstmals in die Straße komme.

Über dieses Kompliment freut sich der „kleine Italiener“, wie er sich selbst nennt, wie seine Kunden sich über seine Lili Marleen“-Melodie – und das nun wohl auch im Bereich Berghausen weiterhin im Eis-Sommer 2023…!