28.05.2024, 13.14 Uhr | Martin Hagemeyer | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
„Frankenstein Junior“: Spaß, Schaudern & Co. im TiC-Atelier!

Das Ensemble des TiC-Musicals „Frankenstein Junior“ wurde vom Premieren-Publikum mit viel Applaus gefeiert. | Foto: Christoph Kläser
Nach der „Addams Family“ (die CW berichtete) hat das TiC-Theater anscheinend „Blut geleckt“: Im Atelier Unterkirchen brachte das Cronenberger Theater am 3. Mai das Musical „Frankenstein Junior“ auf die Bühne. Trotz einer guten Prise Grusel war die Premiere ein Spaß keineswegs nur für Zuschauende mit „gestählten“ Nerven, und neben der Musik von Autor und Komponist Mel Brooks hatten das vielseitige Bühnenbild und das witzige Spiel des TiC-Ensembles daran gehörigen Anteil. Und vielleicht auch „theologischer“ Beistand: Der Cronenberger Neu-Pfarrer Niklas Schier stand bei der Premiere in einer Doppelrolle als (ausgerechnet) „Monster“ und auch als „Battram“ auf der Bühne – Schier kann auch Theater…!
Und auch „Monster“, wobei „Frankenstein Junior“ mehr „heiter“ als Horror ist: So könnte jedenfalls das Motto zu der Inszenierung des 2007 uraufgeführten Stücks lauten, für die Musical-Star Patrick Stanke und seine Ehefrau Maria Stanke – als Schauspielerin, Musicaldarstellerin und Theaterpädagogin ebenfalls vom Fach – verantwortlich zeichnen. Vorausgesetzt freilich, man hat keine Probleme mit düsteren Figuren, schaurigen Geigentönen und Hirnen in Einmachgläsern… Die Story des neuen TiC-Musicals „Frankenstein Junior“ ist eine Abwandlung des Roman-Klassikers „Frankenstein“ von Mary Shelley: Ein Forscher erschafft ein künstliches Wesen, das seiner Kontrolle entgleitet.
Freilich will Dr. Frederick Frankenstein (souverän: Leon Gleser) seinen Opa, den berüchtigten Monster-Konstrukteur, nicht imitieren: „Ich heiße Fronkenstien!“, schärft er seinen Studenten ein. Er versteht sich als Hirnforscher – er experimentiert mit der Macht der Gedanken… Als er als Alleinerbe nach Transsylvanien muss, muss sich der junge Mann seiner ungeliebten Herkunft stellen… Hier wird es schnell „spukig“ im TiC-Atelier: Einen ziemlich dämonischen „Igor“ als Gehilfen gibt bei der Premiere Timon Strick, der dem Doktor zur Hand geht, ihm allerdings auch vertölpelt das falsche Hirn fürs Monster-Montieren besorgt.
Mit „Evergreen-Anleihen“ von Mel Brooks
Ein Erlebnis auch Tanisha Meis als undurchsichtige Haushälterin „Frau Blücher“ – von ihr stammt besagte Violinenmelodie, die bald ungeahnte Wirkungen zeigt… Die Musik von Mel Brooks, fürs TiC wieder von Prof. Stefan Hüfner arrangiert, ist eingängig, rhythmisch und teils mit Ohrwurmqualitäten. An einer Stelle mag man stutzen: Als Frau Blücher theatralisch vom alten Victor Frankenstein singt…: Erinnert das nicht an die Schmacht-Nummer „Memory“ aus „Cats“? Nicht verhört: Der listige Brooks hat in der Tat diese Anleihe gemacht. Weitere musikalische Übernahme: Als Frederick, Monster & Co. als schräge Combo auftreten, geben sie den Song „Puttin‘ On the Ritz“ zum besten. Selbst das Monster wirft sich zu dem berühmten Jazzstandard-Hit in Schale (beziehungsweise Frack) und singt – und macht dabei eine gute Figur!
Auch eine Portion Frivolität trägt dazu bei, dass der „TiC-Horror“ leicht gerät. Garantin dafür ist Giulia D’Acquisto als draller „Männertraum“ Inga, und Lucy Martens als Fredericks Frau Elizabeth weiß die „Vorzüge“ des „maskulinen Mammut-Monsters“ mehr und mehr zu schätzen… Fast comic-haft kommt die Optik daher, geprägt durch das Bühnenbild von Benedikt Ogiolda und Jan Bauerdick: Poppig auf die Wand skizziert sind die Spielorte von Bahnhof bis Labor; Lob verdienen auch die kleinen Seitenbühnen – links der Keller mit Regalen voll Hirnen, rechts die Geheimtür hinterm Bücherregal, die sich dreht…
Niklas Schier: Ein Pfarrer als Monster
Skurril ist die Komik im tollen Spiel des Ensembles. Da schleichen bei der Überfahrt auf der „M.S. Mary Shelley“ bizarre Gestalten durch den Hintergrund – nette Regieeinfälle in einer schönen Szene, deren Setting auf hoher See mit dröhnendem Horn untermalt wird. Geradezu an Trickfilm-Ästhetik erinnert oft die Bewegung der Akteure: Allen voran gilt das für den sehenswerten Timon Strick als Igor, wie er akrobatisch über die Bühne tänzelt. Und natürlich: das „Monster“. Niklas Schier, im wahren Leben Pfarrer in Evangelisch-Cronenberg, „verkörpert“ das Wesen im wahrsten Wortsinn…! Als der Doktor ihm gut zuredet und die „Kreatur“ in Tränen ausbricht, zeigt Schier glaubwürdig diese Figur – in ihrer Mischung aus machtvoll und fremd, aus bedrohlich und empfindsam. Das „Ungetüm“ wird in der Brooks-/Stanke-Version nicht wirklich gewalttätig. Hübsch debil bei alldem seine Physiognomie, nicht zuletzt Werk von Elke Quirmbach (Maske).
Infos & Karten-Reservierungen
Die Akteure integrieren auch in der Choreografie von Eveline Gorter das ganze Atelier ins schaurige Spiel. Die Sing- und Tanzeinlagen im Kollektiv sind so synchron wie schwungvoll – immer wieder auch durchs Publikum bis zur Bar, die zum „Schädelkabinett“ mutiert. Schon bei Kult-Filmmacher Brooks ist der Stoff weniger Parodie, sondern mehr humorig-harmlose Variation – eine hübsche Art „Frankenstein light“, die im TiC viel Spaß und Unterhaltung garantiert. Auch ohne Stahl-Nerven kann man sich „gefahrlos“ ins TiC-Atelier trauen – Karten für „Frankenstein Junior“ sind unter Telefon (0202) 47 22 11, im Theaterbüro an der Hauptstraße 3 oder online via www.tic-theater.de zu haben.