11.09.2024, 19.43 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Im „Portrait“: Opernchefin Rota eroberte ihr Publikum im Sturm
Oper? Nix für mich, glauben manche: Langweilig, schwer verständlich, elitär, noch dazu mitunter lang, von der Musik ganz abgesehen – Oper hat ein Imageproblem. Rebekah Rota räumte damit auf: Die gebürtige US-Amerikanerin, seit einem Jahr Intendantin der Wuppertaler Oper, kam in legerer Jeans-Lacke ins Gemeindehaus Küllenhahn, um sich von Martin Probach und Prof. Martin Fleuß in der Reihe „Portrait“ der Evangelischen Gemeinde Cronenberg-Küllenhahn befragen zu lassen. Ebenso locker sprach die Sopranistin und Regisseurin über ihre Herkunft, ihre beruflichen Stationen oder auch ihr Wuppertal-Bild; Rota ging zu Boden, um Stimmübungen vorzuführen, sie gewährte Einblicke in ihren Tagesablauf – das machte auch Lust auf Oper und das, was Rebekah Rota daraus an der Kurt-Drees-Straße in Barmen macht.
„Zauberhaft“: Auf Insel vor Los Angeles aufgewachsen
Rota hatte eine Jugend, wie sie sich mancher wohl erträumt: Nicht nur dass sie im Sonnenstaat Kalifornien aufwuchs – die Insel Catalina Island vor Los Angeles war ihr Zuhause – mit vier Geschwistern verlebte Rota hier „eine zauberhafte Kindheit“. Die Eltern hielten Tiere, die Kinder halfen bei dem Verkauf von Eiern, Honig und Wachs. „Alle Erinnerungen sind mit Musik verbunden“, erzählte die Neu-Wuppertalerin, dass im Hause Rota zudem immerzu gesungen wurde; wenn der Vater, ein Frauenarzt, sie im Porsche zur Schule fuhr, lief Klassik-Radio und es wurden zur Musik „Quizfragen“ gestellt…
Sopranistinnen-Karriere statt Frauenarzt-Tradition
Zumal der Bruder nicht in dritter Generation Frauenarzt werden wollte, fühlte sich Rebekah Rota verpflichtet, die Tradition fortzusetzen. Doch der Vater fragte sie: „Was möchtest du werden?“ „Musikerin“, gestand sie – der Papa ermunterte sie dazu…! Nach ihrem Bachelor promovierte Rota zum Doctor of Musical Arts, im Verlauf ihrer Karriere als Sopranistin sang sie in über 40 Rollen auf Bühnen in den USA und in Europa. Als „schönsten Bühnenmoment“ blickte die Bach-Liebhaberin auf ihren Auftritt als „Violetta“ in La Traviata zurück. Die Rolle als „Blondchen“ in Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ hätte sie indes besser absagen sollen, weil die Stimme erkrankt war: „Ich habe gesungen wie ein Frosch…“
Szenenapplaus für Rota-Stimmübungen auf dem Fußboden
Das „Beten an die Gesangsgötter“, wie Rota ihre eine Stunde lange Gesangsübung angesichts ihrer Stimmprobleme bezeichnete (für die Kostprobe auf dem Gemeindehaus-Boden gab’s Szenenapplaus), wurde erhört, nur anders: „Du bist keine Sängerin, du möchtest anderen sagen, was sie machen sollen“, riet ihre Gesangslehrerin – Rota schloss ein Regie-Studium an, um anschließend beim Penderecki Festival in Polen oder auch am Michigan Opera Theatre erste Erfolge zu feiern. Es folgten künstlerische Projekt-Leitungen in Deutschland und den USA, als Stellvertretende Chefdisponentin und Referentin des Operndirektors war Rota an den Landesbühnen Sachsen tätig: An 23 Produktionen wirkte sie hier mit („Das war die beste Bildung“). Auch wenn sie „Sächsisch“ nicht zu verstehen vermag, bleibt Sachsen ein „Herzensziel“ – Rotas Partner ist in Radebeul zu Hause…
Wuppertal: „Ich bin dankbar für die Wärme hier…“
Nach zwei Jahren am Staatstheater Karlsruhe folgte Rota dem Ruf nach Wuppertal. Nach ihrem Startjahr an der Wupper befindet die „Tuffi-Fanin“ und Gerne-Tango-Tänzerin im „ADA“: „Das ist meine Stadt.“ Das fünfköpfige Ensemble und der 25-köpfige Opernchor seien großartig: „Und jeder hat eine eigene Idee – ich bin dankbar“, sagt Rota. Die Wuppertaler hätten „was Amerikanisches“, sie machten sich Gedanken um ihre Stadt und setzten sich für sie ein: „Ich bin sehr dankbar für ihre Wärme bisher.“
Förderprogramm: „Macht Platz für Kunst und Kultur…!“
Die USA könnten sich vom deutschen Verständnis eine Scheibe abschneiden, dass Kultur selbstverständlicher Teil einer gesunden Gesellschaft sei, findet Rota. Ihr Rat für eine Aufwertung der Innenstädte: „Macht Platz für Kunst, macht Platz für Kultur“ – Downtown Los Angeles sei so wieder hip und grün geworden. Rota scheint sich derweil auf die Fahnen geschrieben zu haben, das Opernhaus „hip“ zu machen: Mit Begeisterung kündigte sie eine „überwältigende“ „Salomé“-Produktion, eine Operetten-Revue oder auch ein „Best of“ der 1920-/30-Jahre im Thalia-Theater an – das machte Lust auf einen Opernhaus-Besuch…! Wie auch der lange Applaus zum Schluss bewies: Ihr „Portrait“-Publikum hatte Rota erobert – sie scheint der Oper gutzutun, und Wuppertal ebenso…!
Die nächsten „Portrait“-Termine
Nach der Sommerpause geht es im Gemeindehaus Küllenhahn mit der Reihe „Portrait“ am 11. Oktober weiter: Dann wird der Unternehmer (Vorwerk) und Mäzen Jörg Mittelsten Scheid an der Nesselbergstraße 12 zu Gast sein. Im Anschluss wird am 13. Dezember mit Patrick Hahn der Generalmusikdirektor der Wuppertaler Bühnen nach Küllenhahn kommen.