29.10.2024, 18.49 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Mobile Retter: „Ersthilfe ist leichter, als Sauerteig zu machen…!“

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Engagiert sich als „mobile Retterin“: Hilfe im Notfall ist für die engagierte Hahnerbergerin Stephanie Schmitz „Herzensache“…! | Foto: Meinhard Koke

Stephanie Schmitz ist engagiert: Als der RSC Cronenberg im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zum FC Bayern des deutschen Rollhockey avancierte, holte sie im Team der Dörper Cats reihenweise deutsche Meistertitel und Pokalsiege nach Cronenberg. Die Rollschuhe hat die heutige Hahnerbergerin lange an den Nagel gehängt, unverändert engagiert sich Stephanie Schmitz aber in der Freiwilligen Feuerwehr Hahnerberg (FFH). Aber nicht nur das: Obwohl die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Intensivpflege als Pflege-Qualitätsmanagerin einen fordernden Beruf hat, ist sie seit zwei Jahren zusätzlich im Einsatz: als Herzretterin…!

„Selbstverständlich, wenn jemand meine Hilfe braucht…“

Das Wuppertaler Projekt nutzt die App „Mobile Retter“, mit der bereits seit dem Jahr 2013 qualifizierte ErsthelferInnen via Smartphone alarmiert werden. Nach eigenen Angaben mehr als acht Millionen Menschen deutschlandweit lassen sich via Handy „anpiepsen“, wenn in ihrer Nähe ein Notfall ist. Stephanie Schmitz wurde durch ihr Engagement bei der Hahnerberger Wehr auf die Wuppertaler Herzretter aufmerksam. Zumal sie als Intensivpflegerin über das Know-how verfügt, war das Mitmachen für sie keine Frage: „Wenn jemand drei Häuser weiter meine Hilfe braucht, dann ist das für mich selbstverständlich“, erklärt die 42-Jährige. Die soziale Einstellung habe ihr die Familie mitgegeben, menschlich zu sein, anderen zu helfen, das mache doch auch Cronenberg aus: „Hier lebt man nicht so anonym – wenn ich durchs Dorf gehe, kann ich alle paar Minuten ,Hallo‘ sagen.“

Herzretter: „Das ist leichter als Fahrradfahren“

Abgesehen davon: Herzdruckmassage sei auf der einen Seite so einfach und könne auf der anderen Seite bei schneller Hilfe schwerste Schäden verhindern: „Das ist leichter als Fahrradfahren…“ Sie würde sich selbst ja auch freuen, wenn sie in in einer gesundheitlichen Notlage wäre und rasch Hilfe käme: „Mal eben in der Nachbarschaft wohin zu flitzen, die paar Minuten nehme ich mir gerne!“ Für die vergangenen zwei Jahre bedeutete das: 15 Mal drückte Stephanie Schmitz den „Ja“-Button, als sie von der Feuerwehr-Leitstelle bei Notfällen in ihrer Nähe „angefunkt“ wurde. Nicht immer ging es dabei um einen schweren Fall, manchmal hatte sich der Patient wieder berappelt, mitunter war auch der Notarzt schneller, aber einmal hatte der Einsatz auch kein Happy End.

SIRA: Mobile Retter als Anerkennung zum Essen eingeladen.

An der Bushaltestelle Hahnerberg war ein Mann zusammengebrochen, erinnert sich Steffi Schmitz: Obwohl sie schnell vor Ort war und die Hilfe auch super geklappt habe, sei der Betroffene dennoch leider später verstorben: „Wir haben alles gegeben und uns nichts vorzuwerfen“, blickt die Dörper Herzretterin auf den Einsatz zurück: Das Leben sei eben endlich…! Solche dramatischen Ereignisse kann Schmitz nach eigenen Worten schon wegen ihrer beruflichen Routine gut verkraften: „Ich habe Bewältigungsstrategien“, sagt die 42-Jährige und blickt auch auf positive Erlebnisse zurück. So auf einen weiteren Notfall an der Hahnerberger Straße. Hier hatte ein Mann in einem Hinterhof einen Zuckerschock erlitten – das Happy End fiel auch kulinarisch aus: Als Dankeschön für ihre Hilfe in der Nachbarschaft lud „SIRA“-Inhaberin Yasemin Gündüz die mobilen Retter der Feuerwehr Hahnerberg zum Essen in ihr Bar-Restaurant ein…

Wenn mal keine Zeit: Einfach „offline“ schalten…

Über dieses Dankeschön hat sich Steffi Schmitz zwar gefreut, erwarten tut sie nichts. Oder doch: Wenn sich auch andere für das Engagement als Herzretter interessierten und nur mal einen der Infoabende besuchen würden, dann freute sich die Hahnerbergerin ungemein. Denn dann würden sie ja merken: Es wird nicht viel verlangt, Lebensrettung ist kinderleicht, schon das Minimalste helfe, bis die professionellen Retter da sind: „Da kann man nicht viel falsch machen“, hofft Steffi Schmitz auf viele Nachmaxcher: „Sauerteig machen ist schwieriger…!“ Und schließlich: Will man mal seine Ruhe haben, kann man sich ja auch ganz einfach ausloggen…!

Nähere Infos & nächste Trainingsabende

Das Projekt der Wuppertaler Herzretter wurde 2019 von der Wuppertaler Herzinitiative ins Leben gerufen. Die Zahl der Todesfälle durch Herzstillstand zu reduzieren war das Ziel der Initiatoren um den ehemaligen Barmer-Vorstand Klaus H. Richter und den früheren Direktor des Herzzentrums Arrenberg, Prof. Dr. Hartmut Gülker. Grundgedanke des Herzretter-Systems ist, dass in Notfällen oft medizinisch ausgebildete Menschen in unmittelbarer Nähe der Patienten sind – sie könnten also viel schneller Hilfe leisten als ein Rettungswagen. Und so funktioniert’s: Mithilfe der Smartphone-basierten Ersthelfer-Alarmierung werden die Mobilen Retter nach der Wahl des Notrufs 112 durch die Feuerwehr-Leitstelle über die GPS-Komponente ihrer Smartphones geortet und parallel zum Rettungsdienst alarmiert. Aktuell sind in Wuppertal 390 Mobile Retter aktiv, ihre durchschnittliche Eintreffzeit am Einsatzort beträgt 2:43 Minuten. In den vergangenen rund zwei Jahren gab es 1.628 Alarmierungen und 588 absolvierte Einsätze. Nächste Info- und Trainingstermine für Interessierte sind am 8. November (18 Uhr) und am 14. Dezember (16 Uhr) beim Arbeiter-Samariter-Bund in der Straße Zur Werther Brücke 10. Mehr Infos auch online via portal.mobile-retter.org/regionen/stadt-wuppertal.