15.11.2024, 13.09 Uhr | Marion Heidenreich | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
VHS-Führung: Der Widerstand in Cronenberg in der Nazi-Zeit

Historiker Stephan Stracke (re.) bei seiner VHS-Führung durch die Cronenberger Ortsmitte. | Foto: Marion Heidenreich
Eine Reise in die Anfänge der NS-Zeit in Cronenberg machten rund 30 Interessierte im Rahmen einer Führung der Volkshochschule (VHS) Bergisch Land. Historiker Stephan Stracke führte dabei vom Zentrum Emmaus durch den historischen Dorfkern bis zum ehemaligen Standort des SA-Heims in der heutigen Kemmanstraße. Bis 1933 war Cronenberg eine Hochburg der Arbeiterbewegung – organisiert in Gewerkschaften, Arbeitersportvereine oder sozialistischen und kommunistischen Parteien. 1924 wählten 31,3 Prozent der Cronenberger die KPD, die SPD kam auf 13.9 Prozent. Bis 1930 blieb die KPD die stärkste Partei in Cronenberg, erst ab 1932 dominierte die NSDAP.
„Festnahmen waren an der Tagesordnung“
Nach der Machtergreifung der Nazis kam es auch in Cronenberg zu „bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen“ zwischen KPD’lern und SA-Leuten. Anfang Februar 1933, so berichtete der Historiker, gab es in der Hastener Straße nahe der Einmündung Kleinenhammerweg (auf Höhe der Wäscherei Frauenlob) einen Überfall auf die SA. Nur drei Tage später wurde am Hahnerberg KPD-Vertreter Werner Pommerenke von SA-Leuten angeschossen und schwer verletzt. Aber auch von Festnahmen und Schutzhaft der kommunistischen Stadtverordneten und Funktionäre aus Cronenberg wusste Stephan Stracke zu berichten. Anschläge auf Einrichtungen von Widerstandsgruppen waren ebenso an der Tagesordnung wie Festnahmen mit Folterungen in den Cronenberger SA-Heimen, der anschließender Überstellung in das Wuppertaler Polizeigefängnis und Verurteilung zum Zuchthaus.
Cronenberger Widerstandskämpfer
Der Mechanismus der Verfolgung Andersdenkender, so rief Stracke in Erinnerung, beruhte darauf, dass die WiderstandskämpferInnen und die SA-Mitglieder sich kannten, sie in unmittelbarer Nachbarschaft lebten und zusammenarbeiteten. Vor dem ehemaligen Standort des SA-Heims in der Kemmanstraße schilderte der Historiker Beweggründe, die zum Parteieintritt (NSDAP) und SA-Mittäterschaft führten – Arbeitslosigkeit war ebenso ein Grund wie wirtschaftliche und soziale Unzufriedenheit… Rund 25 Cronenberger Widerstandskämpfer – mehrheitlich KPD-Mitglieder – wurden während der NS-Zeit verfolgt. Viele wurden bereits nach der Machtergreifung 1933 verhaftet, misshandelt und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Den wenigsten gelang die Flucht, wie Fritz Schiefer oder Josef Alois Keistra in die Niederlande. Unter den wenigen in Wuppertal verurteilten Widerstandskämpferinnen ist die Cronenbergerin Anna Hildebrandt, die wegen der „Vorbereitung zum Hochverrat“ schwanger eine Gefängnisstrafe verbüßen musste. Ihr Ehemann Wilhelm Hildebrandt wurde wegen einer „Sabotage-Aktion“ von 1934 bis 1945 im KZ Buchenwald inhaftiert.
Mehr Infos und Hintergründe
Mehr über den Wuppertaler Widerstand, den Spuren und „vergessenen Orten“ der NS-Zeit im Stadtbezirks und im Stadtgebiet ist online unter www.wuppertaler-widerstand.de oder unter www.gedenkbuch-wuppertal.de zu erfahren.