23.01.2025, 16.50 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Berger-Gruppe: „Wasserstandsmeldungen“ für Ministerin Neubaur

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Berger-Chef und Hochwasserwarnsystem-Initiator Dr. Andreas Groß mit NRW-Wirtschaftsministerin und Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur bei ihren Rundgang durch die neue Produktionshalle der Berger-Gruppe in der Kohlfurth. | Foto: Meinhard Koke

Spätestens im Sommer 2026 werden wir sie auf dem Handy haben können: die Bergische Hochwasser-App. Das klang am 15. Januar an, als NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur die Berger-Gruppe besuchte. Der Maschinenbauer von der Kohlfurther Brücke ist Initiator und zugleich Treiber des Bergischen Hochwasserwarnsystems HWS 4.0 (die CW berichtete mehrfach). Zur Erinnerung: Bei dem verheerenden Wupper-Hochwasser im Juli 2021 wurden in der Kohlfurth auch 7.600 der insgesamt 9.000 Quadratmeter Fläche des Berger-Stammsitzes von der Wupper überflutet – in dem Unternehmen entstand ein Sachschaden von etwa drei Millionen Euro.

Die Schäden waren noch nicht beseitigt, da machte sich Berger-Chef Dr. Andreas Groß schon daran, ein Hochwasserwarnsystem auf den Weg zu bringen, denn: „Das wird wieder passieren in Zeiten des Klimawandels“, ist Groß überzeugt: „Wir können nur die Schäden minimieren…“ In einem Konsortium mit Wupperverband, Bergischer Universität, Bergischer Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft sowie Wuppertaler Stadtwerken und Bergischer IHK wird seitdem an dem Warnsystem gefeilt. Nachdem sie im Sommer 2023 für die Entwicklung 2,8 Millionen Euro bewilligt hatte, kam NRW-Vizeministerpräsidentin Neubaur nun in die Kohlfurth, um sich den Sachstand erläutern zu lassen: „Sie haben das in Düsseldorf ermöglicht“, bedankte sich Berger-Chef Groß bei der Grünen-Landespolitikerin für die Bereitstellung der NRW-Fördermittel: „Das werden wir Ihnen nicht vergessen.“

Mit HWS4.0: Warnung mindestens sechs Stunden früher

„Wir sind auf einem guten Weg“, stellte Andreas Groß etwa anderthalb Jahre, bevor das Bergische Hochwasserwarnsystem an den Start gehen soll, bei dem Neubaur-Besuch gemeinsam mit Vertretern von Wupperverband, Universität sowie Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft heraus. Meilensteine seien bei der Entwicklung geschafft, ganz konkret heißt das auch: Zu den zuvor 50 Messpunkten des Wupperverbandes entlang der Wupper und ihrer Nebengewässer sind inzwischen 73 Sensoren hinzugekommen. Auf bis zu 200 Stück, so Vertreter der Strukturgesellschaft und des Wupperverbandes zur CW, könnte die Zahl der Mess-Sensoren anwachsen.

Neubaur-Anerkennung: „Hier entsteht ein Einhorn…“

Durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) wird mit dem Ausbau des Sensoren-Netzes Stück für Stück die Vorhersage-Qualität von Hochwassern verbessert. Dass das schon jetzt klappt, bewies ein Schaubild, welches der Ministerin präsentiert wurde: Anhand von bislang über 300.000 gewonnenen Messungspunkten simulierte die KI zu einem Starkregenereignis eine Kurve mit dem Wupper-Pegel – verglichen mit den tatsächlich eingetretenen Pegelständen präsentierte sich die KI-generierte Kurve als nahezu deckungsgleich…!  Der Anspruch sei, dass zukünftig mindestens sechs Stunden vor einem Hochwasser gewarnt werden könne: „2021 wären die Warnglocken zwölf Stunden eher angegangen“, unterstrichen die Entwickler auch, dass bereits jetzt konkrete KI-Vorhersagen möglich seien: „Damit sehen Sie, dass mit den 2,8 Millionen Euro Fördergeld was geschehen ist“, sagte Initiator Andreas Groß an die Adresse von Mona Neubaur: „Das wollen wir Ihnen als Message mitgeben.“ Und die „Message“ kam offenbar an. Die Vize-Ministerpräsidentin erinnerte sich an eine Begegnung im Hochwassergebiet von Euskirchen: Die Ängste der Anwohner vor einer erneuen Flut dort, „mitzubekommen, welche Sorgen die Menschen sich machen“, habe sie tief beeindruckt, betonte die Wirtschaftsministerin. Neubaur zollte den Bergischen Entwicklern insofern ihre Anerkennung: „Hier entsteht ein Einhorn – schönen Dank, dass Sie das machen…“

„Wasserstandsmeldung“ auch zur Wirtschaftslage

Berger-Chef Groß nutzte den Besuch der Landespolitikerin aber auch, um auf wirtschaftliche Sorgen des Mittelstandes aufmerksam zu machen. Im positiven Sinne war bereits der Ort des Treffens ein Ausdruck der Flaute derzeit: Der Berger-Konferenzraum ist Teil des Hallen-Neubaus der Kohlfurther Maschinenfabrik, der erst Mitte Dezember mit einem rauschenden Fest mit rund 500 Gästen eingeweiht worden war (die CW berichtete): „Derartige Hallen sind im Bergischen im letzten Jahr gerade einmal vier fertig geworden – es ist ein Trauerspiel“, betonte Andreas Groß, der auch Vizepräsident der Bergischen IHK ist, die „maue“ Lage aktuell.

Berger-Innovation: Löcher bohren können die Chinesen auch“

Anhand der Erläuterungen zum Berger-Geschäft, aber auch bei einem Rundgang durch den Berger-Neubau könnte die NRW-Ministerin eine Ahnung davon bekommen haben, was allenthalben verbreitet wird: dass der Mittelstand beziehungsweise familiengeführte Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind. Abseits der Initiative für das Bergische Hochwasserwarnsystem, auch auf seinem ureigensten „Spielfeld“ ist der Kohlfurther Hidden-Champion, der einen Weltmarkt-Anteil von 60 Prozent hat, ein innovativer Treiber. „Bloße“ Maschinen waren gestern, verriet Berger-Chef Groß: „Die Kunden wollen von uns heute Prozesse, bei denen sie nur noch auf den Knopf drücken müssen.“ Um im Wettbewerb zum Beispiel mit China bestehen zu können, brauche es Innovationskraft: „Sonst haben wir keine Chance – Löcher bohren, das können die auch…!“

Ein „Positionspapier“ mit auf den Weg ins Ministerium

Ob Photovoltaik-Anlage, Pellet-Heizung, E-Ladesäulen, Rückgewinnung von Wärmeenergie, Wärmepumpen oder auch LED-Beleuchtung – Andreas Groß wusste Ministerin Neubaur so einiges aufzuzeigen, wie an der Kohlfurther Brücke tatkräftig und nachhaltig mit der Zeit gegangen wird. Und zwar ganz abgesehen von der robotergestützten Berger-Produktion, die mit KI robotergestützte Berger-Maschinen erstellen: „Sie ersetzen Menschen“, verwies Andreas Groß an die Adresse der NRW-Ministerin auch auf den Fachkräftemangel – „Menschen, die wir nicht mehr haben…“ Beinahe gehetzt wirkte es, Andreas Groß wollte seinem Gast aus Düsseldorf offenbar auch möglichst viel zum „Wasserstand“ in der Wirtschaft mit auf den Weg geben. Groß hatte aber wohl schon im Vorfeld geahnt, dass die zwei Stunden des Ministerin-Besuches nicht reichen würden: Der Berger-Chef gab Mona Neubaur daher zum Abschied noch ein „Positionspapier“ mit auf den Rückweg ins Ministerium…