07.05.2025, 19.55 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

TiC-Komödie: „Gehörnte“ Ehefrau steht gehörig „ihren Mann“…!

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Beweist in jeder Hinsicht „Stehvermögen“: Christina de Bruyckere-Monti liefert in der neuen Komödie „Männer und andere Irrtümer“ im TiC-Theater eine beeindruckende One-Woman-Show ab… | Foto: Martin Mazur

„Männer sind Säue, glaube ihnen nicht ein Wort, sie schwör’n dir ewige Treue, und dann am nächsten Morgen sind sie fort“, sangen „Die Ärzte“ in ihrem größten Hit „Männer sind Schweine“. Frauen, die sich dennoch in den „Schweinestall“ begeben, sprich heiraten, prophezeien „Die Ärzte“ fürs Eheleben: „Da zeigt er dann sein wahres Ich, ganz unrasiert und widerlich, trinkt Bier, sieht fern und wird schnell fett – und rülpst und furzt im Ehebett…“ Die „Heldin“ der neuen Komödie „Männer und andere Irrtümer“ im TiC-Theater hatte zu den Risiken und Nebenwirkungen „Die Ärzte“ offenbar nicht befragt: Ihr Mann entpuppt sich als Schwein – plötzlich ist er weg…

Wenn eine Fee den „Dämon im Mann“ erweckt…

Ralf Budde brachte die französiche Komödie von Maria-Pascale Osterrieth und Michèle Bernier auf die Bühne an der Borner Straße. Würde das Stück nicht auf der Comic-Vorlage „Le Démon de Midi“ von Florence Cestac fußen, ließen sich autobiografische Züge vermuten: Michèle Bernier wurde von ihrem Gatten verlassen, während sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war – „Männer sind eben Schweine“… Drei Jahre nach der Trennung brachte Bernier mit ihrer Co-Autorin die bitter-böse Komödie auf die Bühne, fünf Jahre später, im Jahr 2005, folgte die Verfilmung, in der sie auch die Hauptrolle übernahm.

Vom Liebsten wegen einer neuen Flamme, oder besser: einer jungen Fee, verlassen, so lernt der TiC-Zuschauer Anne kennen: In der Krise, auf dem Sofa, verzweifelt, lässt sie die Jahre mit Julien Revue passieren: Die Blumen, die Flugtickets, die Dessous, mit der er sie auf Händen trug, während sie ihm daheim den Rücken frei hielt: Die Wäsche, das Essen, das Kind,… erledigte Anne – Bausparvertrag, Zweitwagen, Eigenheim – alles perfekt…! Dann fallen bei Julien immer öfter Überstunden an, rufen Meetings übers Wochenende, kann er wegen einer Panne erst einen Tag später heim kommen – die Nebenher-Fee ruft…

Auf die Stirn geschrieben: „Verlassene Ehefrau“

Und wenn er daheim bei seiner Alltags-Fee ist? Keine Blumen, Tickets oder Dessous mehr, nur noch die Frage: „Was gibt’s zu essen?“, und dann ab vors Fernsehen – die eine Hand an der Fernbedienung, die andere am „Sack“. Irgendwann schwant es Anne: Ihr Julien ist kein Workaholic, er hat ’ne Neue – sie setzt ihn vor die Tür… Anne stürzt in ein tiefes Loch, oder vielmehr sie schlüpft in Jogging-Anzug, heult Meere von Tränen in Berge von Taschentüchern, frisst sich ihren Frust mit Pizza, Süßigkeiten & Co. von der Seele und zieht sich die Decke über den Kopf. Wenn da nicht ihr Kleiner wäre, der in den Kindergarten muss oder auf den Spielplatz – aber wo sie auch geht und steht, es scheint ihr auf die Stirn geschrieben: „Verlassene Ehefrau!“

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Die Freundinnen sprechen Anne Mut zu: Dass Julien fünf Jahre durchhielt, bis der „Dämon im Mann“ zuschlug, das sei was; sie solle sich einen Neuen suchen, nur: „Dich kriegt man nicht mehr leicht an den Mann“, unkt Freundin Heidi, zumal: Nach Nutella-Frustorgien muss Anne inzwischen ins Umstandsmodengeschäft für neue Klamotten… Aber sie schafft ihn, den Absprung vom Sofa (karge Bühne: Stefan Böhmer und Frank Fischer), und geht auf die Männer-Jagd: Erst ist der Nachbar dran, der immer in ihren Ausschnitt stiert, dann kramt Anne ihr altes Telefonbüchlein mit den Jugendlieben raus – aber: Einen Neuen zu finden, ist nicht so leicht…

Imponierende „One-Woman-Show“ von TiC-Schauspielerin

Christina de Bruyckere-Monti steht anderthalb Stunden ihre Frau auf der TiC-Bühne: In der Komödie schultert Bruyckere-Monti nicht nur die Rolle der Anne; ob der vom „Dämon“ besessene Ehemann, seine jugendlich-naive Fee, die stets angeheiterte Freundin Heidi, die Großmutter, die italienische Nachbarin oder, oder, oder nicht zuletzt auch die tanzwütige Latin-Freundin – Bruyckere-Monti beweist in der One-Woman-Show erstens Ausdauer und, vor allem, mehr als ein zweites Gesicht.

Komödie ist auch ein Spiel mit dem TiC-Publikum

Mit Bravour meistert sie nicht nur die Rollentausche, hier mit Fernbedienung, da mit Feen-Hut oder dort in der Techno-Disco (Kostüme: Maya Fichtel). Bruyckere-Monti steht auch im Spiel mit dem Publikum ihre Frau, das bei der Premiere gerne den Ball aufnahm – Beispiel: „Die Scheidung einreichen – was soll ich machen?“, fragte Anne in die TiC-Reihen: „Ja“, hieß es wie aus der Pistole geschossen aus der ersten Reihe: „Sofort weg damit…“ – auch da war das Vergnügen groß… Indes: Die französische Komödie spielt mit Klischees, die überholt scheinen. Gibt es sie denn noch, hier das liebende Heimchen am Herd, das die Socken zusammenlegt, den Kleinen versorgt und am Feierabend das Essen auf den Tisch bringt, und dort den Mann, der fürs Geld sorgt, Überstunden schiebt – und daheim „das Schwein“ raushängen lässt, während er draußen auf die Jagd geht?

Komik, Klischees und begeistertes Klatschen

„Männer und andere Irrtümer“ fußt auf einer Rollenverteilung, die als „klassisch“ bezeichnet wird, und wenig mit dem gemein hat, was heutzutage eine moderne Familie ausmacht. Allerdings: Einem Gut-Teil des Publikums machte das unüberhörbar viel Spaß, immer wieder spendete es Szenenapplaus, am Ende gab es zahlreich Standing ovations – über den Stoff mag man streiten, Christina de Bruyckere-Monti hatte sich die Bravo-Rufe für ihr fulminantes Solo voll verdient! Um Herbert Grönemeyers „Männer“ zu bemühen: Ja, „Männer baggern wie blöde, Männer lügen am Telefon“, aber ebenso gilt: „Männer nehm’n in den Arm, Männer weinen heimlich, …“ – diese Einsicht ist zwar auch schon über 40 Jahre alt, aber zeigt auf: Männer sind vielleicht immer noch Schweine, heute aber doch vielfach anders – und Frauen ebenso…!

Infos & Karten

Wer einen spaßigen Abend damit verbringen möchte, wie eine „gehörnte“ Ehefrau zum Phoenix aus der Asche wird, bekommt Karten für „Männer und andere Irrtümer“, unter Telefon (0202) 47 22 11, im TiC-Büro an der Hauptstraße 3 oder online unter tic-theater.de.