17.06.2025, 09.51 Uhr | Matthias Müller | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
80 Jahre danach: Gedenkwanderung an das „Burgholz-Massaker“

Liselotte Bhatia und Historiker Stephan Stracke (mi.) gemeinsam mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh an dem Mahnmal, welches an das Burgholz-Massaker im Frühjahr 1945 erinnert. | Foto: Matthias Müller
Zum 80. Jahrestag des Burgholz-Massakers (die CW berichtete mehrfach) luden Historiker Stephan Stracke und Autorin Lieselotte Bhatia zur alljährlichen Gedenk-Wanderung ein: Zusammen mit 14 Interessierten ging es an den Ort des grausamen Geschehens im Burgholz-Wald. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges in Wuppertal, im März/April 1945, wurden am damaligen Polizei-Schießstand unweit des Zimmerplatzes am Küllenhahn 30 osteuropäische ZwangsarbeiterInnen ermordet und im Wald verscharrt – in den Wirren der letzten Kriegswochen sollen sie Lebensmittel gestohlen haben.
SPD-MdB Lindh unterstützt Appell zu voller Aufklärung
Selbst nach 80 Jahren liege vieles um das Massaker noch im Dunkeln, erläuterten Stephan Stracke und Lieselotte Bhatia: Sie gehen von mindestens 80 Menschen aus, die im Burgholz ermordet wurden. Bhatia, Tochter des an der Erschießung beteiligten Polizisten Wilhelm Ober, gründete den Verein „Spurensuche – NS-Geschichte in Wuppertal“. Bhatia und Stracke haben im In- und Ausland Akten gesichtet, Archive durchstöbert und Zeugen befragt, um den Hintergründen des Massakers auf die Spur zu kommen. Dabei stießen sie immer wieder an Grenzen: Die Mörder hätten zu Lebzeiten geschwiegen oder versucht ihre Taten zu relativeren: Man plädierte auf Befehlsnotstand… An dem Gedenkstein in der Nähe des ehemaligen Schießplatzes zeigten sich Stracke und Bhatia zufrieden, dass seit dem Jahr 2018 ein Mahnmal an das Kriegsendphase-Verbrechen erinnert. Sie beklagten jedoch zahlreiche Fehler in der Inschrift. So suggeriere das Wort „Standgericht“ eine Form von „Rechtssprechung“: „Es gab kein Standgericht“, stellte Historiker Stracke klar: „Besonders Behörden haben wenig Interesse an der Aufklärung der Kriegsverbrechen“, beklagte er.
Letzte Zeitzeugen heute durch Ukraine-Krieg bedroht
„Ich unterstütze den Appell zur Aufklärung“, erklärte der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh (SPD). Man müsse begreifen, wie und warum die Taten begangen wurden: „Die Aufklärung ist notwendig, auch wenn es mühsam ist“, verwies Lindh auch auf die vielen Menschen mit Wurzeln in Russland und der Ukraine, die in Deutschland leben: „Man muss diese Forschung auch als eine Verpflichtung ansehen“, unterstrich der SPD-Bundestagsabgeordnete. Lieselotte Bhatia zeigte sich in diesem Zusammenhang vom russischen Überfall auf die Ukraine tief betroffen: Sie hätten viele Orte in der Ukraine für ihre Recherchen besucht und mit Zeitzeugen gesprochen: „Heute sind diese Städte durch einen weiteren Krieg zerstört und keiner weiß, wer von den Zeitzeugen erneut Opfer geworden ist und noch lebt“, beklagte Lieselotte Bhatia, bevor an dem Mahnmal Rosen niedergelegt wurden.
Archäologen-Suche nach Hinweisen auf mehr Verbrechen
Im Rahmen der Gedenk-Wanderung klang an, dass Archäologen im Burgholz nach weiteren Massengräbern suchen würden – auch 80 Jahre nach dem Massaker ist das Bemühen des Vereins „Spurensuche – NS-Geschichte in Wuppertal“ ungebrochen, den Hintergründen im Burgholz auf die Spur zu kommen…