04.10.2012, 13.00 Uhr | Redaktion | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Wuppertaler 2012: Ehrenamtspreis für Ärztinnen aus der Südstadt
Alljährlich zeichnet die Stadt Wuppertal am Tag der Deutschen Einheit ehrenamtliches Engagement in den verschiedensten Bereichen mit einem sogenannten „Wuppertaler“ aus. In diesem Jahr 2012 wurden insgesamt acht Ehrenamtler geehrt, gleich zwei der Ehrenamtspreise gingen ins CW-Land: Am Mittwochnachmittag, 3. Oktober 2012, wurden mit Dr. Annemarie Gerson und Dr. Birgit Timmermann gleich zwei Ärztinnen mit sozialer Ader aus der Südstadt von Oberbürgermeister Peter Jung im Rahmen einer Feierstunde im Ratssaal im Barmer Rathaus geehrt.
„Was wäre diese Stadt, wenn es hier kein Ehrenamt gäbe“, ist sich Jung der Leistung der Tausenden stillen Helfer im Tal bewusst, „es wird in dieser Stadt Außerordentliches geleistet.“ Besonders wichtig sei es, auch jungen Wuppertalern dieses bewusst zu machen: „Es werden meist Dinge geleistet, die sonst nicht mehr möglich werden“, mahnte das Stadtoberhaupt im Hinblick auf die leeren Stadtkassen.
Trotz Verfolgung in der Nazi-Zeit eine „Menschen-Freundin“ geblieben
Dr. Annemarie Gerson lebt zwar mittlerweile am Rott, von 1971 bis zum Jahr 2000 war die gebürtige Berlinerin allerdings privat und mit ihrer Praxis für Allgemeinmedizin und Kinderheilkunde in der Südstädter Hospitalstraße zu Hause. OB Peter Jung erinnerte in seiner Laudatio daran, dass die halbjüdische Familie während der Nazi-Zeit der Verfolgung ausgesetzt war, sie nach der Befreiung aber dennoch in Deutschland geblieben sei. Und Annemarie Gerson blieb zudem eine ausgesprochene „Menschen-Freundin“: In ihrer Zeit als aktive Ärztin orientierte sie die Behandlung ihrer Patienten nicht an Leistungskatalogen der Krankenkassen, sondern daran, was sie für die Genesung am Besten hielt. Zudem finanzierte Gerson aus eigener Tasche zum Beispiel eine Hilfskraft, die einen Patienten in einem Altenheim zusätzlich betreute, weil diese Versorgung über „das Normalmaß“ hinaus ging und somit nicht gewährleistet war.
Nach Aufgabe ihrer Praxis mietete Annemarie Gerson am Rott ein leer stehendes Ladenlokal an: Gemeinsam mit Gleichgesinnten lud sie Kinder aus dem Viertel kostenlos dazu ein, mit ihnen dort Puppenspiele einzuüben und aufzuführen; unter anderem auch unterstützt vom Rotter Bürgerverein. Zuletzt studierte Annemarie Gerson mit Freundinnen das Goethe-Märchen ein, das sie in diesemm Frühjahr mehrfach kostenlos auf einer Kleinstbühne am Rott aufführte. Daneben betreut die immerhin auch schon 77-Jährige Senioren in einem Altenheim: Annemarie Gerson besucht die Altenheim-Bewohner wöchentlich, um ihnen vorzulesen, mit ihnen zu spielen oder auch für sie zu musizieren.
„Um den fairen Handel in Wuppertal verdient gemacht!“
Ebenfalls einen „Wuppertaler“ aus den Händen von Oberbürgermeister Jung erhielt Dr. Birgit Timmermann, die erst im Jahre 1989 nach ihrem Studium in Bonn nach Wuppertal zog. „Sie sind eine Institution als Ärztin auf dem Küllenhahn“, hob Jung in seiner Laudatio heraus. Dass man sich dort erst einmal „beweisen“ muss, hatte Timmermann am eigenen Leib erfahren: „Als Zugezogene darf man sich frühestens nach drei Generationen ‚Küllenhahnerin‘ nennen“, wusste die Geehrte zu berichten: „Nun bin ich zumindest Wuppertalerin“, so Timmermann, die ihre Praxis mittlerweile in der Graf-Adolf-Straße betreibt und in Ronsdorf zu Hause ist.
Neben ihrer alltäglichen Arbeit habe sich Timmermann in besonderem Maße um den fairen Handel verdient gemacht, würdigte OB Peter Jung: „Mit Haut und Haaren“ setze sich Timmermann im Wuppertaler Katholikenrat für dieses Thema ein und organisiere auch das „Faire Fest“ mit. „Das ist eine Arbeit, die man nicht hoch genug anerkennen kann“, lobte Jung während der Feierstunde im Rathaus. Timmermann sei es schließlich auch mit zu verdanken, dass Wuppertal im Jahre 2010 erstmals als Fair-Trade-Town ausgezeichnet wurde: „In dieser Stadt bewegt sich was“, zollte Oberbürgermeister Peter Jung den Anstrengungen seine Anerkennung. Nicht zuletzt, dass sich die Gepa doch wieder zum Standort Wuppertal bekannt habe, sei nicht unwesentlich dem großen Engagement im Tal rund um den fairen Handel zuzuschreiben. „Sie sensibilisieren die Wuppertaler, dass fairer Handel etwas Wichtiges ist“, lobte Jung.
Nicht nur der „Wuppertaler“ ist für Dr. Birgit Timmermann Ansporn, mit der bisherigen ehrenamtlichen Arbeit weiter fortzufahren: „Ich werde mich nicht zurücksetzen, sondern weiter für faire Handelsbeziehungen kämpfen“, versprach die Ärztin. Ein Ziel habe sie noch deutlich vor Augen: „Ich träume von einem Wuppertaler Haushalt mit ökofairem Beschaffungssystem.“