25.10.2023, 19.51 Uhr | Marion Heidenreich | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Offene Abende: Nach Picasso/Beckmann-Schau nun Cancel Culture
Der letzte „Offene Abend“ der Evangelischen Kirchengemeinde Elberfeld-Südstadt stand ganz im Zeichen der „Celebración Picasso 1973-2023“, mit der weltweit anlässlich des 50. Todestages des Künstlers gedacht wird. Auch das Wuppertaler Von der Heydt-Museum beteiligt sich im Picasso-Jahr mit einer Ausstellung: Erstmals werden dabei Werke von Pablo Picasso (1881-1973) und Max Beckmann (1884-1950) auf breiter Basis vergleichend zugänglich gemacht. In der Johanneskirche stellte Museumsdirektor Dr. Roland Mönig auf Einladung von Birgit Schaffer die in Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover erstellte Ausstellung vor – trotz besten Wetters draußen hörten drinnen an der Altenberger Straße über 40 Interessierte zu.
Trotz Unterschieden überraschende Berührungen
Nach einem kurzen Einblick in Geschichte und Aufgabe des Von der Heydt-Museums vermittelte Mönig Vorab-Eindrücke zu der zwischenzeitlich eröffneten Schau. Wie auch Picasso zählt Beckmann zu den „Lichtgestalten der Moderne“. Ihre Werke spiegeln auch die Schatten ihrer Entstehungszeit und des Menschseins an sich. „Von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehend, gelangten sie eigenständig zu individuellen Lösungen großer Fragen der Kunst und kreisen mit ihrem Schaffen um Kernfragen der menschlichen Existenz“, erläuterte Roland Mönig, um anzufügen, dass sich ihre Positionen – trotz unterschiedlicher künstlerischer Auffassungen – immer wieder auf überraschende Weise berührten. Ob Picasso oder Beckmann – beide Künstler (zer-)brechen in ihren Werken die Form: Die dreidimensionale Wirklichkeit wird zersplittert zugunsten der zweidimensionalen Leinwand – „Raum wird zur Fläche“.
Figur und Abstraktion
Besonders deutlich wird das im Portrait: Merkmale des menschlichen Gesichts erscheinen zugleich im Profil wie in der Frontalansicht. Anhand von Beckmanns „Luftpiraten“ (1928) und Picassos „Famille au bord de la mer“ (1920) verdeutlichte Roland Mönig den Bruch der Form. Aber auch einen grundlegenden Unterschied zwischen Beckmann und Picasso zeigte Mönig anhand der zwei Gemälde auf: Beckmann erzähle in seinen Bildern eine Geschichte, die man verstehen möchte – „aber sie lässt sich nicht auflösen, sie ist voller Widersprüche“, erläuterte der Kunsthistoriker weiter, dass es bei Picasso um Momentaufnahmen gehe, die einfach ein Gefühl, eine Stimmung vermitteln sollen. Auch die unterschiedlichen Lebensbedingungen und Erfahrungen der Künstler spiegeln sich in ihren Bildern wider. So begegnete Beckmann, dessen Werke die Nazis als „Entartete Kunst“ „klassifizierten“, im 1. Weltkrieg den menschlichen Abgründen des Krieges, während Picasso diese erst im Zuge der Gräuel des Spanischen Bürgerkrieges in seinen Werken thematisiert – so 1937 in seinem „Anti-Kriegs-Gemälde“ „Guernica“. Dagegen zeigt das Selbstbildnis Beckmanns als Krankenpfleger bereits 1915 seine Erschütterung und Verzweiflung über den Krieg.
Picasso/Beckmann-Schau geht noch bis Januar
Auf Nachfrage zur Gewaltdarstellung bei Beckmann ging Mönig ins Detail. „Beckmann hat erkannt, dass Menschen untereinander zu allem fähig sind“, befand Museumschef Mönig: In seinem Werk „Messingstadt“ (1944) verbinde er den (märchenhaften) Mythos aus Tausendundeiner Nacht mit seinen Erfahrungen der Grausamkeiten der beiden Weltkriege… Der Offene Abend vermittelte interessante Eindrücke zu einer spannenden Ausstellung, welche noch bis 7. Januar am Turmhof 8 zu sehen ist. Weitere Infos unter von-der-heydt-museum.de.
Morgen: „Offener Abend“ zu „Cancle Culture“
Mehr zu den kommenden Veranstaltungen der Reihe „Offene Abende“ gibt es derweil hier: www.suedstadtweb.de. Zum Vormerken: In der Reihe „Offene Abende“ wird Prof. Dr. Peter Imbusch von der Bergischen Universität am morgigen Donnerstag, 26. Oktober (19.30 Uhr), zum Thema „Cancel Culture“ in der Johanneskirche berichten. Der Eintritt an der Altenberger Straße 25 ist frei.