16.11.2023, 16.53 Uhr | Martin Hagemeyer | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
„Sister Act“: Ein „göttlicher“ Newcomer im TiC-Musicaldome

„Göttliche“ Unterhaltung: Das TiC-Ensemble begeistert mit dem Musical „Sister Act“ aktuell im Cronenberger Musicaldome Atelier Unterkirchen. | Foto: Martin Mazur
Vor etwas mehr als 30 Jahren hob sich der erste Vorhang für die Filmkomödie „Sister Act“: Der Film war für zwei Golden Globes und drei MTV-Music Awards nominiert und gewann sieben Auszeichnungen – Whoopi Goldberg wurde als Hauptdarstellerin endgültig zum Star. Ebenso wie der Film seinerzeit, so verdient auch die Musical-Adaption im TiC-Theater das Prädikat „wertvoll“: Mitte Oktober brachten Ralf Budde (Regie) und Stefan Hüfner (Musikalische Leitung) „Sister Act“ auf die Bühne im Atelier Unterkirchen des TiC-Theaters – das Premierenpublikum fand die Cronenberger Erstaufführung ziemlich „himmlisch“…!.
Das Musical, das über ein Jahr am Broadway lief, nachdem es zuvor 720 Aufführungen lang in Hamburg begeistert hatte, ist auch im Cronenberger „Musicaldome“ Unterkirchen ein großer Spaß: Die TiC-Adaption wartet mit dem richtigen Mix aus Soul, Religion und Humor auf, oder wie es an einer Stelle heißt: „Markus, Matthäus, Lukas und Johannes: Alle ha’m sie’s drauf und jeder kann es.“ Zwar meint Hauptfigur Deloris van Cartier, die sich als Zeugin eines Mordes vor Auftragskillern ins Kloster flüchtet, wo die mäßig erfolgreiche Loungesängerin dann in der Rolle der Schwester Mary Clarence zur erfolgreichen Chorchefin avanciert: „Mit meinen Schwestern hab‘ ich das beste Publikum“. Na ja, die TiC-Zuschauer waren auch nicht schlecht: Mit „Standing ovations“ feierten sie hör- und sichtbar begeistert die Premiere von „Sister Act“ im Atelier Unterkirchen: „Es war einfach wunderbar“ oder auch mit den Worten „Einfach super“ wurde das neue TiC-Musical auch in den sozialen Netzwerken gefeiert – die dunkle Jahreszeit verspricht also alles andere als düster, sondern vielmehr „göttlich-schwungvoll“ zu werden.
Im TiC-Atelier ist eine Version des vom Film mit Whoopi Goldberg berühmten Stoffs zu erleben, die so ist, wie sie sein soll: schwungvoll und mit witzigen, prägnanten Figuren. Die schrille, doch herzensgute Deloris lebt in der Halbwelt Philadelphias, erlebt zufällig einen Mord und flüchtet sich als Zeugin in ein Kloster. Im TiC stehen zwei scheinbar missratene „Gesänge“ am Anfang des Abends, und sie sagen schon einiges aus: Schrecklich-schief intonieren vier Nonnen ein fromm-freudloses Kirchenlied, als sie die Klosterkirche „Zur heiligen Jungfrau“ betreten. Ein Kontrast zur allerersten Szene direkt zuvor, wo drei Nachtclubsängerinnen um Deloris (Karolin Hummerich) Minuten zuvor einen schwungvollen Auftritt hingelegt haben.
Hoffnungslose „Heulbojen“ greifen zu den Sternen…
Zwar kommen auch dort „Misstöne“, aber weniger musikalisch als (zwischen-)menschlich: Curtis Jackson (Maximilian Leuchter), Clubchef und Gangsterboss, gibt den dreien zu verstehen, dass ihm die „Nummer“ missfällt. Doch fürs Publikum ist der Vergleich natürlich klar: Das Nachtclub-Trio kann singen und steckt voller Energie – und genau das ist es, was den tristen Ordensschwestern fehlt… Regelrecht rührend dann, das erste Resultat von Deloris‘ „Lehrstunden“ zu hören: „I will follow him / Follow him wherever he may go…“ erklang so harmonisch wie leicht aus den Mündern der tollen TiC-Sängerinnen, die doch kurz zuvor noch hoffnungslose „Heulbojen“ markiert hatten…
Überhaupt die Nonnen: Jede hatte ihren eigenen Charakter, die dann auch jede bis zum Schluss „durchhielt“ – ob Elisabeth Wahle mit dem konstant leicht „irren“ Blick ihrer „Schwester Mary Nirvana“, Leonie Hackländer als „Mary Lazarus“ mit sehr amüsanter Begeisterung im Gesicht. Ob Astrid Gottschalk als „Schwester Mary Patrick“ oder Hannah Dickel mit der komplexen Rolle als Mary Robert, die vom Start als verzagte Jung-Nonne durch Deloris‘ Vorbild die Freuden des Lebens entdeckt. Und natürlich Karolin Hummerich (alle Rollen sind übrigens doppelt besetzt, Deloris etwa wird auch von Miriam Kraft gespielt) meistert spielend die Herausforderung, Dreh- und Angelpunkt des Stücks zu sein, bei dem sicher nicht wenige Zuschauer die charismatische Whoopi Goldberg im Sinn hatten.
„Sister Act“ im TiC gegen „Winter-Depression“
Sofort einnehmend „entert“ sie Bühne wie Geschehen, gibt den Nonnen Halt – und den Gaunern Kontra. Sabine Henke ist zwar die strenge Mutter Oberin, doch schon mit ihrem frühen Solo („Draußen ist es schlecht, dort weiß man nicht, was sich gehört“) macht sie klar: Es sind echte Sorgen ums kleine Idyll, das sie im Kloster jahrelang pflegte und durch die schrille „Novizin“ nun in Gefahr sieht. Hans Willi Lukas ist als Monsignore O’Hara so sympathisch wie würdevoll. Timon Strick hat als Gangster TJ ein echtes Kabinettstückchen, als er mit unverschämtem Charme einige sichtlich verzückte Damen an den Ateliers-Tischen umsäuselt. Sein Plan: Deloris erst bezirzen, um die lästige Mitwisserin am Ende aus dem Weg zu räumen. Oder in den Worten des galanten Fieslings: „Ich verstau‘ die Frau im Wald, schon bald! Ich finde sie – und dann mach‘ ich sie kalt…“
Und Florian Siegmund entwickelt um seine Figur, den unauffälligen Polizisten Eddie, der für Deloris schwärmt, schön eine eigene kleine Geschichte: „Tief in mir bin ich hier der Boss, ein Geschoss, das noch raucht…“ Eines darf verraten werden: Auch im TiC-Atelier peppt Deloris den Nonnen-Chor ordentlich auf, auch in Unterkirchen gibt es für das rührend-getragene „I will follow him“ den verzückten „Segen“ des Monsignore – das mitreißend-mutige „Zeig mir den Himmel“ griff ebenfalls zu den Sternen…! Auch wenn die Gauner im Kloster auf Granit beißen, weil die Schwestern nicht nur singen, sondern auch „vermöbeln“ können, und auch wenn also etwas mehr „Drama“ hätte sein dürfen, dem Spaß-Musical im TiC-Atelier dürfte der Publikums-Beistand garantiert sein – „Sister Act“ hat die „himmlische Gabe“, eine Winter-Depression zu vertreiben…!
Eintrittskarten und Gutscheine für den Musical-Spaß gibt es unter Telefon (0202) 47 22 11, im TiC-Theaterbüro an der Hauptstraße 3 sowie online unter www.tic-theater.de.