26.07.2012, 09.18 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Medaillenflut für Danzeglocke-Schwimmer in Berlin
Wenn sich Jan Rauhaus (12) und Daniel Adamicki (15) aus Cronenberg sowie Hannes Schürmann (14) und Tanja Gröpper (36) in ihrem Element, dem Wasser, bewegen, merkt man ihnen ihre „Handicaps“ nicht an. Dass Trainer Horst Danzeglocke, in seiner aktiven Zeit selbst erfolgreicher deutscher Nationalschwimmer, erstklassige Leistungen aus seinen Schützlingen herauskitzelt, zeigte sich zuletzt auch wieder bei den Internationalen deutschen Schwimm-Meisterschaften der Behinderten: Aus Berlin kehrten die Danzeglocke-Asse mit reihenweise Titeln, Medaillen und Top-Platzierungen zurück.
Der erst zwölfjährige Cronenberger Jan Rauhaus, dem ein Teil des linken Armes fehlt, schwamm an der Spree die Vizemeisterschaft über 200 Meter Rücken in der Jugend C ein; über 50 Meter und 100 Meter Freistil schlug der Cronenberger als Fünfter beziehungsweise Sechster an. Daniel Adamicki, ebenso wie Jan Rauhaus vom SV Neuenhof (SVN), holte in der Jugend B über 50 Meter Brust den Vizetitel und errang über 100 Meter Brust Bronze. Über 200 Meter Brust hatte der spastisch gelähmte Top-Schwimmer Riesenpech: Zwar schlug der 15-Jährige hier als Erster an, sein Meistertitel wurde ihm aber wegen eines unglaublichen Missgeschicks aberkannt: Adamicki entglitt während des Rennens die Badehose – „der Schwimmer hat die Anstandsregeln verletzt“, lautete anschließend das Ausschlusssurteil des Kampfgerichts. Trainer Horst Danzeglocke, obwohl inzwischen 40 Jahre im Schwimmsport aktiv, zeigt sich zurück im Freibad Neuenhof noch immer fassungslos: „Sowas habe ich noch nicht erlebt – ich wusste gar nicht, dass es diese Regel überhaupt gibt!“
Alle Normen unterboten: Tanja Gröpper fährt zu den Paralympics!
Mit jeder Menge Edelmetall kehrte Danzeglocke-Schützling Hannes Schürmann aus der Hauptstadt ins Tal zurück: Der spastisch gelähmte Schwimmer ging über 50, 100, 200 und 400 Meter Freistil an den Start – jedes Mal stieg der 14-Jährige mit Gold aus dem Becken. Über 400 Meter Freistil packte Schürmann sogar die Norm für die kommenden Paralympics in London – an den Olympischen Spielen für Sportler mit Behinderung darf er dennoch nicht teilnehmen – er ist schlicht noch zu jung für einen Paralympics-Start. Das gilt nicht für Tanja Gröpper: Die 35-Jährige löste bei der Internationalen deutschen Meisterschaft endgültig das Ticket für London. Ob 50, 100, 200 oder 400 Meter Freistil – bei allen Starts unterbot die durch einen Unfall querschnittsgelähmte Schwimmerin die Olympia-Norm, über alle vier Distanzen wird Tanja Gröpper nun an der Themse für Deutschland ins Rennen gehen.
Über 200 Meter Freistil schwamm die 35-Jährige in Berlin den Meistertitel ein, olympische Gold-Hoffnungen darf sich Tanja Gröpper auch über 50 Freistil-Meter machen: Zwar belegte sie hier Platz 2 hinter ihrer ärgsten Rivalin aus Großbritannien, allerdings schlug Gröpper nur sieben Hundertstel hinter der Europameisterin von der Insel an. Ebenso Silber erkraulte Tanja Gröpper über 100 Meter, dabei verbesserte sie ihre bisherige Bestzeit um über drei Sekunden auf nunmehr 1.19,96 Minuten – die Formkurve für London scheint zu stimmen! „Es ist Wahnsinn, wie sie sich entwickelt hat“, bescheinigt Trainer Horst Danzeglocke der deutschen Paralympics-Hoffnung, die er seit einem Jahr unter anderem im Freibad Neuenhof und im Schwimmsport-Leistungszentrum auf die Spiele in London vorbereitet.
„Das gab’s noch nie!“: Nachwuchs-Trio schwimmt in den Nationalkader
Das Prädikat „wahnsinnig“ gibt Trainer Danzeglocke, der NRW-Landestrainer der Behinderten-Schwimmer ist, auch der Entwicklung seiner Nachwuchsschützlinge Jan Rauhaus, Hannes Schürmann und Daniel Adamicki: Alle drei Schwimmer knackten in Berlin,wo die Weltelite aus 40 Ländern am Start war, die jeweiligen Normen für den deutschen Nationalkader und werden nunmehr mit dem Adler auf der Badehose an den Start gehen: „Drei Schwimmer aus Wuppertal in der Nationalmannschaft, das hat es noch nie gegeben“, freut sich Horst Danzeglocke über die Erfolge. Ein besonderer Dank der drei Schwimm-Asse geht derweil auch an SV Neuenhof-Vorsitzenden Burkhard Orf und Bad-Obmann Werner Budt: „Sie haben im Freibad Neuenhof immer eine Bahn für unser Training frei“, lobt Betreuer Udo Rauhaus die Unterstützung des Neuenhofer Schwimmvereins.