24.10.2012, 15.35 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„…und plötzlich kam Leben in die Gesichter!“

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Der eine stand vor der Kamera, der andere stand dahinter: Therapieclown Michael Lippkau (li.) und Fotograf Jürgen Steinfeld mit ihren außergewöhnlichen Jahreskalender 2013.

Ob mit Bildern von Künstlern, von Landschaften, Tieren, Autos und, und, und – Wandkalender gibt es unzählige. Der Kalender 2013 des in Cronenberg ansässigen Vereins „COMMunikationsClowns e.V.“, der nun unter anderem in der Buchhandlung Nettesheim sowie bei der CW erhältlich ist, hebt sich schon allein dadurch davon ab, weil der Kalender (zunächst) nur in einer kleinen Auflage erschienen ist. Der Wegweiser durchs nächste Jahr unter der Überschrift „clownvisite“ ist aber zudem anders „anders“, denn er bietet außergewöhnliche Motive: Fotos von Begegnungen mit alten Menschen.

Die Fotografien stammen von Jürgen Steinfeld: Seitdem der Cronenberger in Ruhestand ist, widmet er sich verstärkt seiner Leidenschaft als Fotograf. Jürgen Steinfelds Thema sind Menschen; nachdem er mit Michael Lippkau und anderen den Cronenberger Eine-Welt-Laden begründete, kreuzten sich auch zu diesem Thema ihre Wege. Denn: Michael Lippkau ist einer von vier „Therapieclowns“. Als „Agapitus“ gehen er und seine Mitstreiterinnen „Barbarella“ (Barbara Potthoff), „Klärchen“ (Agathe Uhr) und „Rosine“ (Anja Sieper) als „COMMunicationsClowns“ in Senioreneinrichtungen, um den Bewohnern Abwechselung und Freude zu schenken.

„Wir nähern uns ihrer Realität an…“

„Mir geht’s auch um das Thema Menschen“, sagt Michael Lippkau: „Menschen mit Demenz können sich nicht unserer Realität anpassen“, erläutert der 59-Jährige das Leitmotiv der „Therapie-Clowns“: „Wir müssen uns ihrer Realität annähern.“ Ob in Monheim, in den Einrichtungen der Evangelischen Altenhilfe in Wuppertal oder dem Solinger Seniorenzentrum Bethanien, die Clowns verstehen sich nicht als Aufführende – immer zu zweit unterwegs, achten sie bei jeder Begegnung sorgsam darauf, in welcher Situation und Stimmung sich der Gegenüber befindet: „Wir schauen und kommunizieren, wie fit jemand ist und was möglich sein könnte“, erklärt Michael Lippkau: „Wir versuchen den Menschan da abzuholen, wo er gerade ist.“

„…die Alten dürfen alles!“

Ob bei demenziell erkrankten Menschen oder sogar bei Wachkoma-Patienten, ob mit Hilfe von komischen Utensilien wie der Streichelente, dem Kuschelhund Bello, bunten Seifenblasen oder alten Kinderliedern – „wir versuchen freudige Momente zu stiften“. Michael Lippkau betrachtet das Engegement auch als Ausgleich zu seinem Beruf als Verwaltungsangestellter: Wenn zu spüren sei, dass die Clownvisite den Menschen etwas gibt, wenn sie lachen, wenn sie näher kommen – „das gibt mir auch etwas“, sagt der Therapieclown; „Wenn jemand mich rausschmeißt, ist das aber auch o.k. – wir erwarten nichts, die Alten dürfen alles!“

Berührende Fotos: „Ich war danach fix und fertig!“

Ohne große Erwartung begleitete auch Fotograf Jürgen Steinfeld Michael Lippkau bei einer Clownvisite im Seniorenzentrum Bethanien; im Anschluss war er beeindruckt: „Es war toll, wie zuvor leblose Gesichter plötzlich lebten“, berichtet der Cronenberger Fotograf: „Das hat mich emotional sehr berührt – ich war danach fix und fertig!“ Waren Steinfelds Fotos zunächst „nur“ für die Hauszeitschrift des Solinger Einrichtung gedacht, so entstand ob der berührenden Schwarz-Weiß-Impressionen die Idee, einen Kalender daraus zu gestalten: „Ich freue mich, wenn sich durch meine Fotos etwas von dieser Faszination auf den Betrachter übeträgt“, sagt Jürgen Steinfeld.

In jedem Fall ist der Kalender nicht nur „was anderes“ als die üblichen Jahres-Wegweiser, sondern eine gute Idee! Der Kalender „clownvisite“ ist zum Preis von 10 Euro in der Buchhandlung Nettesheim, Hauptstraße 17, sowie in der CW-Geschäftsstelle, Kemmannstraße 6, erhältlich. Der Verein COMMunikationsClowns ist unter Telefon 0202-242 39 60 erreichbar.