09.11.2012, 10.31 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Rolf Löckmann: Ein Künstler mit Handwerker-Seele
Er ist Fotograf, Bildhauer und Maler, er ist „Häuser-Retter“, er schreibt Gedichte, hat Bildbände und Kalender herausgebracht und mischt sich als „engagierter Wuppertaler“ mitunter auch mit „frechen“ Leserbriefen ein – Rolf Löckmann ist ein Multitalent! Der Küllenhahner Künstler, bereits 1977 mit dem Von der Heydt-Förderpreis der Stadt Wuppertal geehrt sowie Erstpreisträger des Michael-Metschies-Preises für engagierten Denkmalschutz (2006), ist sicherlich einer der renommiertesten Kunstschaffenden der Stadt – am heutigen Freitag, 9. November 2012, wird Rolf Löckmann 70 Jahre alt.
„Ich wollte immer schon was Künstlerisches werden“, sagt Rolf Löckmann und holt aus einem der Zimmer seines Hauses zwei eigene Bilder aus der Schulzeit hervor: Die Ansicht eines Fachwerkstädtchens beziehungsweise die Hof-Szene bezeugen das zeichnerische Talent des Neuntklässlers Rolf Löckmann. Trotzdem: Als eines von sechs Geschwistern hatten die Eltern andere Vorstellungen. Kunst sei brotlos, befanden sie – ihr Rolf sollte etwas „Richtiges“ machen, und so wurde Löckmann Elektroingenieur. Nach Abschluss des Studiums hängte er zwar an der Folkwangschule Essen drei Semester Industriedesign dran, dann jedoch nahm Löckmann eine Anstellung als Elektroingenieur bei Glanzstoff auf – Ehefrau Friedel erwartete das erste von drei Kindern, statt der Kunst stand damit das Auskommen der Familie an erster Stelle.
Nachdem er schon während der Studienzeit Texte in der Studentenzeitung illustriert, Gedichte verfasst und fotografiert hatte, arbeitete Rolf Löckmann aber nach Feierabend weiter künstlerisch und baute zum Beispiel auch Möbel. 1972 rückte seine berufliche Tätigkeit dann näher an die künstlerische Neigung heran: Löckmann wurde Leiter des Ausbildungszentrums für Fotografie der Stadt, kurz „Stadtbildstelle“ genannt. Das blieb der kritische Geist, bis er die Leitung 1977 nach einer Auseinandersetzung mit einem Vorgesetzten an den Nagel hängte. Als Fotograf hatte sich da Löckmann längst einen Namen gemacht, bereits seit 1973 war Löckmann daher auch als Dozent an der Volkshochschule tätig.
Rolf Löckmann: Der Wiederentdecker des historischen Wuppertals
Sein Thema als Fotograf unterschied Löckmann von anderen: In einer Zeit, da in der durch den Weltkrieg ohnehin stark gezeichneten Stadt die Zeichen auf Abriss standen, um Wuppertal zu einer modernen, autogerechten Stadt umzubauen, wurde der Fotograf Rolf Löckmann mit seiner Kamera zu einem Anwalt des historischen Wuppertals – in Bildbänden wie „Wiederentdecktes Wuppertal“ oder „Gesichter einer Stadt“, längst Klassiker in der Stadt, sowie mit Kalendern setzte Löckmann dem alten Wuppertal „Denkmäler“. An seiner Seite stand Michael Metschies: „Er war der Impulsgeber, ich war der Pragmatiker“, blickt Rolf Löckmann auf die gemeinsame „Aufbauarbeit“ für das historische Wuppertal zurück: „Die wollten ja die halbe Stadt abreißen; ich habe gedacht: ,Wie kann man das nur tun‘.“
„Mit dem Fotoapparat die Bauten und Menschen des Bergischen Landes dokumentarisch und poetisch eingefangen…“
Rolf Löckmanns Engagement wurde mit dem Von der Heydt-Förderpreis gewürdigt. „Er hat mit seinem Fotoapparat die Täler und Hügel, die Bauten und Menschen des Bergischen Landes bald dokumentarisch, bald poetisch eingefangen“, heißt es in der Begründung: „Auf eindringliche Weise hat er vielen Menschen Freude geschenkt und dafür gekämpft, dass der Bürger wieder ein differenziertes Verhältnis zu seiner historisch bestimmten Umwelt gewinnt.“ Und zwar nicht nur mit dem Fotoapparat, sondern auch mit Schaufel, Kelle & Co. in der Hand: Sieben historische Häuser hat Rolf Löckmann in den vergangenen Jahrzehnten vor dem Verfall gerettet und zwar, indem er sie selbst sanierte: „Da kam eins zum anderen – ich wurde immer angesprochen“, erklärt Löckmann wie er zum „Häuser-Retter“ wurde. Nur „Zufall“ war es indes nicht: „Man muss ja seinen Worten Taten folgen lassen – ich habe schlicht die praktischen Konsequenzen gezogen.“
In einer dieser „Konsequenzen“ ist der Künstler und „Handwerker“ seit 1989 auch zu Hause: Acht Jahre brauchte Rolf Löckmann, um den Gietenbruchschen Hof, der zuvor dem Bau des Hahnerberg-Tunnels weichen musste, nach der Translozierung im Spessartweg aufzubauen. Nicht ganz getreu dem Original, der Wiederaufbau und Innenausbau trägt Löckmanns Handschrift. Beispiel dafür, was einen Rundgang durch das Löckmann-Haus zu einem Erlebnis macht: Schlafzimmer oder auch Interims-Wohnzimmer der Löckmanns schmücken edle Holzkassettendecken. Edel? Rolf Löckmann hat sie aus alten Türen gefertigt, die er vom Sperrmüll rettete und aufarbeitete – wer durch das Küllenhahner Kleinod geht, kann auf Schritt und Tritt den Künstler und Retter Rolf Löckmann atmen, sogar im Keller und auf der Toilette!
Zwei Seelen in der Löckmann-Brust: Künstler und Handwerker
Auch in Rolf Löckmanns Kunst schlägt das Herz des (ehrlichen) Handwerkers: Ob Arbeiten aus Stein oder Holz, ob seine Bilder oder Fotografien – “ich habe immer auf eine handwerkliche Komponente Wert gelegt“, sagt der Künstler Löckmann: “Ich habe Respekt vor dem Material und was die Natur vorgegeben hat.“ Kritisch geht Löckmann mit manchen „Blüten“ des Kunstbetriebs ins Gericht. Er schüttelt den Kopf über „manieristische“ Tendenzen, staunt über manchen „Phantasiepreis“, frozzelt in einem Gedicht über eine Beuys-Arbeit und meint einen „hirnverkrampften“ Drang zum Tabubruch in der Kunst zu erkennen: „Nur Symbolik reicht nicht – Kunst kommt von Können, sonst ist es Wunst!“ Entsprechend „bodenständig“ beurteilt sich der Küllenhahner selbst: „Ich sage nicht, dass alles, was ich mache, ein Kunstwerk ist“, meint Löckmann und bekennt: „Wenn die Leute sagen, ich sei ein Künstler, dann freut es mich.“
Nach einem Herzinfarkt und ob seines stark geschädigten Rückens tritt der Häuser-Retter Löckmann bereits kürzer. Sohn Manuel Löckmann tritt in die Fußstapfen: Mit ihm hat Rolf Löckmann bereits ein Fachwerkhäuschen im Küllenhahner Garten fertig gestellt, ein weiteres Haus in der Irmgardstraße, in das Manuel Löckmann einziehen wird, soll der Schlusspunkt sein. Von künstlerischem Ruhestand ist Löckmann indes weit entfernt: Malerei, Bildhauerei – „ich mache das, was für mich realisierbar ist“, die Fotografie zählt auch dazu; „und ich schreibe Gedichte“, lacht Rolf Löckmann: Für Kinder, über Aktuelles, mal Amüsantes, mal was über Kunst und mal was über Wuppertal oder über die Zauneidechse – „jeden Tag eins„.
Und vielleicht macht Rolf Löckmann auch das Wohnzimmer fertig, das Ehefrau Friedel seit langem versprochen ist. Noch beherbergt es die Werkstatt ihres Mannes – es gibt halt immer was zu tun…