11.12.2015, 13.47 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Mutige Küllenhahner: Stolpersteine für Rita und Richard Barmé
Zwei Neuerungen erlebte das CW-Land an diesem Dienstag: Die ersten sogenannten „Stolpersteine“ für jüdische Opfer des Nazi-Regimes wurden in Cronenberg gesetzt. Zudem wurde die Verlegung der Gedenksteine für Rita und Richard Barmé vor ihrem früheren Elternhaus an der Kaisereiche per Skype in die USA übertragen – am anderen Ende in Boston war ein Großcousin des ermordeten Geschwisterpaares live dabei.
Der Verein „Stolpersteine in Wuppertal“ unterstützt das Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der die Stolpersteine-Idee zum Gedenken an Nazi-Opfer ins Leben gerufen hat. Bisher waren 176 Gedenksteine in der Stadt gesetzt, am Dienstag kamen weitere 13 hinzu. Über die ersten Cronenberger Steine wird man wohl kaum „stolpern“ – das einstige Elternhaus von Rita und Richard Barmé liegt am Ende der Kaisereiche: „Das sind die wohl entlegensten Steine in Wuppertal“, befand Stefan Stracke in seiner Ansprache.
Aus der heilen Küllenhahner Welt vor den Nazis in die Niederlande geflüchtet
Rita und Richard Barmé wurden 1923 beziehungsweise 1924 in eine heile Welt geboren: Ihre Eltern Benno und Dina Barmé waren Unternehmer, ihr Küllenhahner Zuhause, die Villa Barmé, großbürgerlich: Neben dem Klinkerbau beherbergte das weitläufige Grundstück Häuser für die Bediensteten, für ein Spielzimmer und den Gärtner sowie Tennisplätze und Reitställe – die Kinder wuchsen wohlbehütet auf. Dass sie evangelisch waren, interessierte die Nazis wenig: Wegen ihrer jüdischen Herkunft wurden die Barmés 1938 gezwungen, ihre Geschäftsanteile unter Wert zu verkaufen.
Nach einer Geschäftsreise in den USA kehrten sie nicht mehr zum Küllenhahn zurück, sondern ließen sich in den Niederlanden nieder. Die Kinder Rita und Richard, die zuvor ein Schweizer Internat besuchten, stießen hinzu. Nach der Besetzung durch die Nazis engagierten sie sich im Widerstand: Rita Barmé wurde bei dem Versuch, einer jüdischen Familie zur Flucht zu verhelfen, verhaftet. Die 19-Jährige wurde nach Auschwitz deportiert, hier wurde sie am 15. Dezember 1942 ermordet.
Richard Barmé: In England und den Niederlanden als Widerstandskämpfer geehrt
Bruder Richard schlug sich nach England durch, wo er eine Ausbildung zum Fallschirmspringer und Funker absolvierte. Ende 1944 sprang er über den Niederlanden ab und schloss sich einer Kampfgruppe in Rotterdam an. Im Februar 1945 wurde er enttarnt, Richard Barmé wurde schließlich als Vergeltung für einen missglückten Anschlag auf einen SS-Polizeiführer mit 37 weiteren Widerstandskämpfern am 8. März 1945 erschossen. Nach dem Krieg wurde der gebürtige Küllenhahner posthum durch Engländer und Holländer geehrt.
Die Eltern Dina und Benno Barmé indes überlebten die Nazi-Verfolgung: Zwar wurden sie 1943 nach einer Anzeige verhaftet und schließlich nach Theresienstadt deportiert. 1945 wurden sie aber hier befreit. Nach Küllenhahn kehrten sie nicht mehr zurück, sondern ließen sich in Amsterdam nieder. Hier starb Benno Barmé bereits 1960, seine Witwe Dina ging in die Schweiz, wo sie schließlich im Jahre 2000 im Alter von 97 Jahren verstarb.