03.06.2016, 15.23 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Verblüffende Gemeinschaftsaktion“ im Freundenberger Wäldchen

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Denkmalschützer Hans-Joachim Camphausen (re.) mit Bürgervereins-Chef Ralph Hagemeyer (li.) und Elberfelds Bürgermeister Hans-Jürgen Vitenius.

Schüler aus ganz Elberfeld versammelten sich am 23. Mai 1925 und stimmten Chorlieder an, erinnerte Historiker Martin Hagemeyer: „Es war ein emotionales Ereignis.“ Damit sprach Martin Hagemeyer die Einweihung des Ehrenhains zur Erinnerung an die tausendjährige Zugehörigkeit des Rheinlandes zu Deutschland an: Am 23. Mai 1925 pflanzte die Elberfelder Jugend am Freudenberg im Rahmen der Jahrtausendfeier aber nicht nur jeweils 1.000 Eichen, Buchen und Tannen, sondern setzte auch einen drei Meter breiten und 1,5 Meter hohen Gedenkstein.

In den Nachkriegs-Jahrzehnten geriet der wuchtige Felsblock in Vergessenheit und die Natur nahm ihren Lauf – im Freudenberger Wald war der Findling in den letzten Jahrzehnten vor lauter Bäumen kaum noch zu sehen. Wer dennoch auf den Felsblock aufmerksam wurde, musste durch Matsch und Gestrüpp, um in Erfahrung zu bringen, was es denn mit dem Stein und den verwitterten Inschriften darauf auf sich hat.

Im Freudenberger Nieselregen geschunkelt

Auf den Tag genau 91 Jahre später war es nicht die Elberfelder Jugend, sondern waren es vornehmlich Vertreter der älteren Generation aus der Elberfelder Südstadt, die sich an dem Ehrenhain versammelten. Wie am 23. Mai 1925 wurde ein Lied angestimmt: Begleitet von einem Blechbläser-Quartett der Bergischen Universität sangen die Teilnehmer der fröhlichen Feier „Oh, du wunderschöner deutscher Rhein“ und schunkelten dazu im Nieselregen.

Der Bürgerverein der Elberfelder Südstadt hatte bei Blasmusik und Butterkuchen aber nicht ins verregnete Freudenberger Wäldchen geladen, um die 1.091-jährige Zugehörigkeit des Rheinlandes zu Deutschland zu begehen. Vielmehr war die Rettung der Gedenkstätte aus dem Dornröschenschlaf der Grund für die Feier. Hans-Jürgen Vitenius, der Elberfelder Bezirksbürgermeister, würdigte die Instandsetzung als ein tolles „Hand-in-Hand-Werk“, das ihn regelrecht verblüfft habe.

„Denkmal-Retter“ Camphausen gab den Anstoß

Den Anstoß zur Restaurierung gab ein „einschlägig“ Bekannter: Hans-Joachim Camphausen (88) ermöglichte in den letzten Jahren bereits die Rekonstruktionen des „Gerechtigkeitsbrunnens“ auf dem Platz der Republik, dreier Figuren an der Fassade des Rathauses am Neumarkt sowie des „Armenpflegedenkmals“ auf dem Kirchplatz. Nachdem er dafür Spenden in Höhe von fast einer Million Euro zusammentrug, wurde der 88-Jährige nun quasi vor seiner Haustür zum Retter.

Camphausen wurde auf den verwahrlosten Zustand des Gedenksteins aufmerksam, der nicht weit von seinem Haus am Freudenberg steht. Das Mitglied des Südstädter Bürgervereins sprach dessen Vorsitzenden Ralph Hagemeyer an – damit war das „Hand-in-Hand-Werk“ in Gang gesetzt, das Bezirksbürgermeister Vitenius verblüffte. Die Jäckstädt-Stiftung finanzierte die witterungsunabhängige Aufbereitung des Umfelds durch einen Schotterbelag sowie Bänke und Papierkörbe, die Stadt übernahm die Arbeit und schnitt den Gedenkstein frei, Hans-Joachim Camphausen schließlich übernahm die Kosten der Rekonstruktion der Inschriften auf dem Felsblock.

Gedenkstein bereits in Denkmalliste eingetragen

„Das, was wir heute sehen, hätte man vor Jahresfrist nicht erahnen können“, lobte Bürgermeister Vitenius das Gemeinschaftswerk, „da hätten wir noch im Schlamm gestanden“. Bürgervereinschef Ralph Hagemeyer indes betonte gegenüber der CW, dass die Restaurierung des Gedenksteins nichts mit Nationalismus zu tun habe: Der Gedenkstein verweise auf ein historisches Ereignis. Diesen Hinweis habe man auch erhalten wollen als Mahnung, dass das deutsch-französische Verhältnis nicht immer gutnachbarschaftlich war. „Wir sind heute Europäer, und Deutsche und Franzosen sind längst Freunde.“

Und diese Mahnung dürfte wohl kaum erneut in einen Dornröschenschlaf verfallen: Im Zuge des „verblüffenden Hand-in-Hand-Werks“ ist der Findling am Freudenberg nämlich seit letztem November auch unter der Nummer 4239 in der Denkmalliste der Stadt Wuppertal eingetragen…

Mehr Infos zum Südstädter Bürgerverein gibt’s hier: www.buergerverein-elberfelder-suedstadt.de