27.09.2016, 15.51 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Bürgerbüros: Bürgermeister-„Brandbrief“ an den OB
Im Kampf um eine Stärkung der Bürgerbüros war Oliver Wagner bislang ein Einzelkämpfer: Rund 1.800 Unterschriften sammelte der Vorsitzende der SPD-Cronenberg rund um die Sommerferien für die Rückverlagerung der Passangelegenheiten in die städtischen Stellen in den Stadtbezirken (die CW berichtete mehrfach).
Nun bekommt der Dörper „Don Quichotte“ Unterstützung: Am Montag letzter Woche erhielt der Oberbürgermeister „Bürgerbüro-Post“ – die Absender: alle zehn Bezirksbürgermeister Wuppertals. Bei dem „Brandbrief“, den die Bürgermeister bewusst nicht an den zuständigen Dezernenten Panagiotis Paschalis, sondern den Oberbürgermeister als Verwaltungschef adressierten, geht es vordergründig um den Geschäftsführer-Pool der Bezirksvertretungen (BV).
Dabei wird deutlich: Alle Bezirksbürgermeister sind mit der Situation im Einwohnermeldeamt beziehungsweise den Bürgerbüros unzufrieden. In dem OB-Schreiben, das der CW vorliegt, reklamieren die Stadtteil-Chefs, dass die Reduzierung der Geschäftsführer-Stellen von fünf auf vier bis heute nicht rückgängig gemacht worden sei – obwohl das im Mai beziehungsweise im Juni von Dezernent Paschalis und von Bürgeramtsleiter Jochen Siegfried, der im übrigen Pate der BV Cronenberg ist, zugesagt worden sei.
„Wir lehnen die Zentralisierung im Interesse der Bürgernähe ab“
Siegfried habe sogar erklärt, dass die fünfte Stelle bis Jahresende besetzt sei – Fakt sei: Durch Ausscheiden sind aktuell sogar nur drei BV-Geschäftsführer im Dienst, die fünfte Stelle ist noch immer nicht ausgeschrieben. Das berichtet Hans-Hermann Lücke: Der Barmer Bezirksbürgermeister führte, gemeinsam mit Ronsdorfs Bürgermeister Harald Scheuermann-Giskes, im Auftrag der Bürgermeister-Konferenz die Gespräche mit der Stadt.
Und dabei ist offensichtlich ein tiefgreifender Vertrauensverlust zwischen dem Paschalis-Dezernat und den Bezirksbürgermeistern entstanden. Grund dafür ist ein vertrauliches Verwaltungspapier: Daraus geht hervor, dass die BV-Geschäftsführer weg aus den Bürgerbüros zentral im Rathaus angesiedelt werden sollen. „Die Zentralisierung würden wir nicht mittragen“, geben alle Bürgermeister der Stadt in ihrem OB-Schreiben contra: „Wir lehnen sie allein schon im Interesse der Bürgernähe ab.“
Und die Stadtteil-Vertreter gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie halten es „für dringlich geboten, die Leistungsumfänge der Bürgerbüros und der Geschäftsstellen auszuweiten“, schreiben sie an den OB. Gepaart mit ausreichend Stellen und bürgerfreundlicheren Öffnungszeiten „würde das zu einer gesteigerten Zufriedenheit der Bürger mit Politik und Verwaltung ihrer Stadt führen“, schreiben die Bürgermeister dem OB und seiner Verwaltung ins Gebetbuch.
Hans-Hermann Lücke (CDU): „Wir wollen die Dezentralisierung“
Im Gespräch mit der CW redet Hans-Hermann Lücke, der seit 2008 Barmer Bürgermeister ist, weiter Klartext: Die Situation im Einwohnermeldeamt am Steinweg sei nicht mehr zu verantworten, sagt der Barmen-Bürgermeister, die Zentralisierung der Passangelegenheiten müsse rückgängig gemacht werden, fordert er: „Das sind wir unseren Bürgern schuldig“, so Lücke. Am Rande bemerkt: Der Barmer Bürgermeister gehört der CDU an – in der Bürgerbüro-Frage steht er also mit Cronenbergs SPD-Chef Wagner, aber auch mit den Grünen in einer „Großen Opposition“ zur „Großen Kooperation“ von CDU/SPD im Rat.
Zumal sich Lücke auch gegen die Vision von einem neuen zentralen Bürgeramtes, in dem für fünf Millionen Euro auch die Zulassungstelle untergebracht werden soll, als „absoluter Gegner“ positioniert. „Wir wollen die Dezentralisierung im Interesse der Bürger haben“, stellt Lücke klar. Das sei keine Frage irgendeines parteipolitischen Interesses, „das ist eine Pflichtaufgabe der Stadt“, unterstreicht der Barmer Bürgermeister.