12.03.2019, 12.36 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Bahnhof Küllenhahn: „Behindert – na und?“ plant Wohn-Anlage

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Investor Wolfgang Seidel mit dem Landtagsabgeordneten Josef Neumann (re.), Cronenbergs Bezirksbürgermeisterin Ursula Abé und Miteigentümer Rudolf Ernenputsch (2.v.re). Links im Bild Jenny Cox und Michael Ludwig. – Foto: Meinhard Koke

Im vergangenen Jahr war es 30 Jahre her, dass der letzte Zug auf der Sambastrecke fuhr. Während die frühere Gleis-Trasse seit 2006 ein beliebter Rad- und Wanderweg ist, steht der Bahnhof Küllenhahn auf dem Abstellgleis: Abgesehen vom ehemaligen Güterschuppen, den die Familie Cox für ihre Baumdienstfirma und ihren E-Bike-Service nutzt, verfällt der historische Bahnhof zusehends. Jahre schon ist das 122 Jahre alte Gebäude aus der Denkmalliste gestrichen – da eine Sanierung unwirtschaftlich wäre, hat der Eigentümer die Abrissgenehmigung in der Tasche.

15 bis 20 Wohneinheiten für Menschen mit und ohne Behinderung

Ebenfalls seit Jahren bemüht sich der Bürgerverein Küllenhahn um eine Nachfolge-Nutzung, die auch ein Plus für den Ortsteil und die Nutzer der Sambatrasse bedeuten würde. Vor rund zwei Jahren schaltete sich der Landtagsabgeordnete Josef Neumann (SPD) in die Bemühungen um eine Lösung für das Bahnhofsareal ein. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion versprach, sich „für eine solche sozial-nachhaltige“ Nachfolgenutzung des Bahnhofsgeländes einzusetzen. Nachdem sich zwischenzeitliche Verhandlungen zerschlugen, haben Neumanns Bemühungen hinter den Kulissen nun zum Erfolg geführt.

Der Wuppertaler Verein „Behindert – na und?“ will das Küllenhahner Areal übernehmen und entwickeln. Wie Vorstand Dr. Wolfgang Seidel bei einem Vor-Ort-Termin mit der CW erläuterte, soll auf dem rund 4.500 Quadratmeter großen Grundstück eine barrierefreie Wohn-Anlage entstehen. Diese soll 15 bis 20 Wohneinheiten umfassen, die Behinderten, aber auch Nicht-Behinderten ein neues Zuhause bieten sollen. Die sozial geförderte Wohn-Anlage wäre das erste derartige Projekt des 35 Jahre alten Vereins. Dass der Bedarf dafür da ist, davon ist Wolfgang Seidel überzeugt: Ein ähnliches Projekt eines Velberter Vereins sei ein voller Erfolg, berichtet Seidel: „Wenn die das können, können wir das auch…“

Der Kaufvertrag für die Gebäude des ehemaligen Samba-Bahnhofes ist nach Angaben von Mit-Eigentümer Rudolf Ernenputsch unterschriftsreif. Auch die Verhandlungen mit der Bahn über das Areal drumherum sind in trockenen Tüchern. „Behindert – na und?“ will daher nun in die konkreten Planungen einsteigen. Klar ist, dass der Bahnhof und der anliegende eingeschossige Warteraum-Anbau abgerissen werden müssen. Der Güterschuppen indes soll als eine Reminiszenz an frühere Eisenbahn-Zeiten ebenso erhalten bleiben wie einige Relikte des einstigen Bahnhofes. Zur Höhe der Küllenhahner Investition schweigt sich Vereinsvorstand Wolfgang Seidel aus.

„Was habt Ihr für Ideen?“ – Verein ist offen für Anregungen

Beim Ortstermin mit Bezirksbürgermeisterin Ursula Abé und Bürgervereinschef Michael Ludwig verriet der „Behindert – na und?“-Chef aber, dass im Güterschuppen beziehungsweise auf dem Schotterparkplatz an der Trasse etwas für die Trassennutzer und auch für den Ortsteil geschaffen werden soll. Auch hierzu sollen die Küllenhahner Anwohner und der Bürgerverein unter der Überschrift „Was habt Ihr für Ideen?“ mit einbezogen werden: „Dann schauen wir, was sich realisieren lässt“, stellt Wolfgang Seidel klar: „Wir müssen als Verein hier keinen Profit rausziehen, aber die Finanzierung muss auch machbar sein…“ „Das ist ein Glücksfall für den Standort“, zeigt sich SPD-Politiker Josef Neumann angetan von den Plänen: „Ich finde es gut, dass das Projekt nach jahrelangen Bemühungen jetzt aufs Gleis gerät – hier kann nun ein neues Potenzial für die Trasse und den Ortsteil entstehen.“

Dass am einstigen Küllenhahner Nabel zur Welt nun ein neues Miteinander entsteht, hofft auch Bezirksbürgermeisterin Ursula Abé: In der Bezirksvertretung Cronenberg sei die Resonanz bei Vorstellung der Pläne jedenfalls einhellig dafür gewesen. „Wir unterstützen das Vorhaben und freuen uns über den sozialen Zweck“, freut sich auch Michael Ludwig. Zugleich äußert der Vorsitzende des Küllenhahner Bürgervereins die Hoffnung, dass sich im Laufe der nun beginnenden Gespräche eine Lösung für die Firma Cox und zugleich eine Bereicherung für die Trasse zum Beispiel in Form einer „Mini-Restauration“ ergibt: „Das kann man nicht bestimmen, aber dann hätten wir eine richtig tolle Nutzung für die Trasse.“

Rudolf Ernenputsch, Miteigentümer des Bahnhof-Gebäudes, kündigte derweil an, dass er dem Baumdienst Cox ein früheres Fabrikgebäude etwas oberhalb in der Harzstraße zur Verfügung stellen würde: „Ich lasse die Firma Cox nicht fallen!“ Bis Baumdienst und Fahrrad-Service raus müssen, wird es aber ohnehin noch einige Zeit dauern: „Behindert – na und?“ will nun zunächst zügig den Kaufvertrag fixieren, um im Anschluss den Bauantrag zu formulieren – frühestens für 2022 rechnet Wolfgang Seidel daher erst mit der Realisierung der Wohn-Anlage.