07.12.2020, 18.18 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Heile Welt ist nirgendwo, aber das Dorf hat ein bisschen was davon
Polizei-Hauptkommissar Jörg Heidelberg ist in dieser Woche letztmals in Uniform in Cronenberg unterwegs – dann geht’s nach 43 Jahren im Dienst in Pension
Nein, mit Wehmut gehe er nicht, blickt Polizei-Hauptkommissar Jörg Heidelberg auf seinen bevorstehenden Ruhestand: Er habe in den vergangenen Jahrzehnten viel gesehen und erlebt – „nach 43 Jahren reicht das auch einmal“, sagt der Dörper Polizist, der die Bezeichnung „Dorf-Sheriff“ nicht so gerne hört. Zumal er in seinen über vier Jahrzehnten in Uniform nicht einmal die Schusswaffe gebrauchen musste – das verbucht Heidelberg auf der Haben-Seite, und das ändert sich hoffentlich auch nicht mehr auf seinen letzten Metern…
Heidelberg, der aus einem Harz-Städtchen nahe Göttingen stammt, kam 1984 zur Polizei Wuppertal: Als Polizeimeister gehörte er zunächst einer Einsatz-Hundertschaft an, 1986 stieß er zum Polizei-Team der damaligen Zoo-Wache. Und damit nahm er auch die Dörper Sicherheit mit unter seine Fittiche: Denn die Cronenberger Wache zählte zum Beritt der Wache am Zoo, zum Beispiel der „eiserne Schutzmann“ am Rathausplatz, ein Notrufmelder in der Vor-Handy-Zeit, war direkt auf die Zoo-Woche geschaltet, weiß Jörg Heidelberg noch.
Viele Wuppertaler „Aufs und Abs“ in 43 Dienstjahren
Dann begann eine Zeit der „Auf- und Abstiege“ für den in der Südstadt lebenden Polizeibeamten. Zunächst gab es einen „Aufstieg“ nach Cronenberg: Ab 1987 wurde Heidelberg für zwei Jahre als Wachbeamter ins Dorf abgeordnet. Nach zwei Jahren auf Fußstreife durch den Stadtteil ging’s dann wieder bergab – und zwar zurück runter zur Zoo-Wache. Drei Jahre währte das „Comeback“ an der Hubertusallee, dann folgte ein erneuter „Aufstieg“: 1992 wurde Jörg Heidelberg fester Wachbeamter der Polizei Cronenberg.
Bis 2000 sorgte er für „Sicherheit und Ordnung“ auf der Dörper Höhe, dann folgte die nächste „Talfahrt“: Im Rahmen einer Neuorganisation der Wuppertaler Polizei wurde Jörg Heidelberg zum Team der Wache am Hofkamp beordert. Zwei Jahre später führte ihn der Polizeidienst einmal mehr bergauf, diesmal aber nicht nach Cronenberg, sondern zum Nützenberg: Acht Jahre lang betreute Heidelberg den Bereich mit dem Briller Viertel als Bezirksbeamter, zudem bleib er von da „obenauf“. Denn 2010 wechselte er vom einen Berg auf den anderen, vom Nützenberg zurück nach Cronenberg.
Als der Dörper Bezirksbeamte Hans Heimes, als singender Dorf-Sheriff noch manchem in Erinnerung, in den Ruhestand ging, lotste ihn der damalige Dienststellenleiter Manfred Hakenbeck 2010 wieder ins Dorf. Auch wenn er sich am Brill und im Hofkamp-Team wohl gefühlt habe („Ein super Bezirk“), seinen Wechsel zurück auf die Dörper Höhe hat Jörg Heidelberg nicht bereut. Cronenberg habe sich zwar verändert, findet der Hauptkommissar: Vieles sei schneller geworden, einige vertraute Gesichter (nicht polizeilich gesehen) seien verstorben, zahlreiche neue hinzugezogen, es sei viel gebaut worden und der Verkehr habe zugenommen.
Das „Cronenberg-Comeback“ nicht bereut
Dennoch: „Ja, auf jeden Fall“, bezeichnet Jörg Heidelberg seine Cronenberg-Rückkehr als richtige Entscheidung. Hier habe er in den vergangenen zehn Jahren eigenverantwortlich arbeiten können, im Dienstellen-Team am Rathausplatz herrsche ein Miteinander, „und für die Cronenberger sind wir hier nach wie vor die Wache, wo sie hingehen und sich gut aufgehoben fühlen“. Die heile Welt gibt’s für Jörg Heidelberg zwar nirgendwo, aber Cronenberg ist offenbar näher dran als mancher andere Stadtteil: „Es gibt Dinge, über die sich Cronenberger aufregen, für die anderswo kein Fenster aufgemacht wird.“
Jörg Heidelberg gefällt, dass man im Dorf noch aufeinander achtet, es freut ihn, dass das Verhältnis zur Polizei intensiv sei und die Sprechzeiten am Rathausplatz rege wahrgenommen werden. Auch die Ehrlichkeit der Dörper findet der scheidende Hauptkommissar „auffällig“: Viele Fundsachen würden abgegeben, selbst prall gefüllte Portemonnaies mit Tausenden Euros darin – und auf das obligatorische Fundgeld würde kaum jemand Anspruch erheben… „Den Zusammenhalt hier finde ich gut, aber wenn’s mal schnell gehen muss, sollte die 110 gewählt werden“, appelliert Jörg Heidelberg.
Diese Woche wird er noch im Dienst sein, dann gilt es angestaute Urlaubstage abzufeiern, Anfang 2021 wird Jörg Heidelberg offiziell pensioniert. Die nächsten zwei Jahre will er auch mal (ganz privat) im Dorf nach dem Rechten sehen, so zum Beispiel zur Werkzeugkiste 2021 („Da trifft man ja immer viele alte Bekannte“). Irgendwann aber, so die Planung, geht’s dann zurück. Nein, nicht bergab, sondern vielmehr in den heimatlichen Harz – schließlich lebt hier die Familie.
Motorradfahren oder auch Wandern lässt es sich im Schatten des Brocken sicher auch bestens – mindestens genauso gut wie im Bergischen…